Warum ich all das schreibe ist einfach zu beantworten. Weil
ich das schon seit über zwanzig Jahren mache. Weil es mir Spaß macht. Weil es
meine Gedanken sortiert und ich mich so ordne. Weil schreiben zu meinem Leben
gehört. Genau wie lieben, Musik, Lesen und viele andere Sachen. Weil ich es
kann (?).
Über die Reha zu schreiben gehört dazu. Schließlich gehört
sie momentan zu meinem Leben. Und vielleicht packe ich diese Blogeinträge dann
irgendwie in meinen nächsten Roman.
Warum ich das hier veröffentliche ist schwieriger zu
beantworten. Vielleicht weil jeder Schreiberling irgendwann gelesen werden
will. Vielleicht weil dies meiner Fingerübung dann doch einen gewissen Ansporn
und eine gewisse Qualitätsanforderung verpasst.
Weil ich denke, dass es den oder die ein oder andere/n
interessiert. Weil ich so bei euch bin. Und ihr bei mir. Oder so.
Ich schreibe ja schon immer privat und möglichst ehrlich. So
bekommt ihr meine Gedanken und Leiden mit. Ich veröffentliche mein Leben.
Natürlich mache ich das nicht grenzenlos, über meine Frau, meine Familie und
meine Freunde versuche ich wenig zu veröffentlichen und schon gar nicht zu
tratschen. Naja, meine Grenzen sind weit gesteckt…
Guten Morgen!
Eine unruhige Nacht. Dementsprechend bin ich platt, da aber
Samstag ist habe ich keine Anwendungen, gehe nur in dieses Gradierwerk und
inhaliere dort die Sole.
Und ich gehe ins Schwimmbad und in die Sauna. Einfach mal
alles antesten.
Irgendwie macht das nicht wirklich Spaß.
Ich habe meinen „Therapieplan“ für nächste Woche. Wenig
sinnvolles. Ergometer brauch ich nicht, progressive Muskelentspannung hasse ich
– die führt bei mir zu Verspannungen, Logopädie bringt nichts mehr (wo nicht
mehr ist, kann man auch nicht mehr rausholen…) aber die Gruppen, die
Arzttermine, die Inhalationen und die Lymphdrainagen sind okay.
Nur noch 19 Tage…
Das Gradierwerk:
Gradieren hat was mit Salzkonzentration und Salzgewinnung zu
tun. Die Gradierwerke haben dabei eine hundertjährige Geschichte, allerdings
keinerlei wirtschaftlichen Nutzen mehr. Der Nutzen besteht im gesundheitlichen
Bereich. Das Einatmen der Solepartikel ist nämlich äußerst förderlich bei der
Minderung oder Genesung von Atemwegserkrankungen. Asthma, chronische Bronchitis
und all so ein Scheiß, da hilft die Sole und das ist auch für einen
Kettenraucher wirkliche Medizin.
Im Gradierwerk ist es feucht und kalt. Aber bei meinen
Runden meine ich direkt eine wohltuende Wirkung bei meinen Atemwegen zu spüren.
Wahrscheinlich Einbildung, aber auf alle Fälle nicht schlecht.
Das Schwimmbad ist klein, gemütlich und ruhig. Das Wasser
ziemlich warm. Ist nix mit Rundenziehen, aber so ist das schon in Ordnung.
Ich kann eh nicht mehr so schwimmen, wie ich es liebe. Da
ist nix mehr mit Kopf unter Wasser beim Brustzug, da ich meinen Mund nicht
vernünftig zubekomme würde das Wasser direkt in meinen Schlund laufen. Da ist
auch nix mehr mit Kraulen. Aua Schulter. Da ist eher plantschen angesagt…
Den Samstag habe ich überlebt. Nur noch 18 Tage.
Jetzt haben wir Sonntagmorgen. Ich bin platt. Von gar nichts.
Der Tagesplan richtet sich nach den Mahlzeiten (in der Woche
auch nach den Anwendungen) und die Mahlzeiten sind für mich der Horror.
Ein Speisesaal, der einfach nur laut und ungemütlich ist.
Und dazwischen ein sabbernder Hermann, der angestrengt kaut und
schluckt und sich dabei verschluckt und mit 5 anderen Menschen an einem Tisch
sitzt und dem es peinlich ist, diese Menschen zu belästigen mit seiner
unästhetischen Nahrungsaufnahme.
Da hat sich seit meiner ersten Reha vor fünf Jahren nichts
geändert: Ich hasse es, öffentlich zu essen.
Ich hasse auch Raucherpavillons.
Ungemütliche Eckensteherei um Aschenbecher, draußen in der
Kälte. Ein Ort, der bewusst klar machen soll, dass Raucher mittlerweile
Ausgestoßene sind. Ein Ort für den unvernünftigen Abschaum.
Mittlerweile (oder vielleicht liegt das auch am
Altersdurchschnitt und an den Erkrankungen der PatientInnen, sowie am
nasskalten Vorfrühlingswetter zum Jahreswechsel) auch nicht mehr der gesellige
Treffpunkt, an dem gelacht wird und Gespräche entstehen.
Trotzdem, ich respektiere das Rauchverbot in der Klinik und
finde es okay. Schließlich werden hier hauptsächlich Atemwegserkrankungen
therapiert, da ist ein Rauchverbot mehr als okay.
Ich versuche so oft wie möglich und bei akzeptablem Wetter
das Klinikgelände zu verlassen und am See zu rauchen.
Ist natürlich beim Schreiben äußerst hinderlich. Dafür
rauche ich aber dann definitiv weniger…
Jetzt werde ich mich ins Café setzen und dies hier
abschicken.
Sonntags ist hier nichts los. Alles noch verschlafener als
sonst. Und verschlafen wirken die Klinik und die Umgebung. Den Ort und den See
habe ich in zwanzig Minuten umrundet, die Cafés sind spießig aber von weitem
habe ich eine kleine Kneipe entdeckt, die ich im Laufe der nächsten Woche
vielleicht mal antesten werde.
Ansonsten das Café hier im Altersheim, also der Reha-Klinik.
Ich denke, ich werde mich so alle zwei, drei Tage hier hin
begeben. Und ansonsten offline schreiben.
Habt euch lieb! Ich euch auch! Und so…
Wie ähnlich doch Schicksale sind, und wie ähnlich auch die Kämpfe, die man auszustehen hat.
AntwortenLöschenErstaunlich wie man es immer wieder schafft Kräfte zu mobilisieren.
Weil man es muß! Weil es nicht anders geht! Weil man auch in Zukunft dabei sein will!
Darum darf man nie locker lassen! Nie!
Aloha Hermann, danke, dass Du uns hier teilhaben lässt. Die Tristesse Deines Reha-Alltags kann ich gut nachvollziehen. Wenn ich jetzt hier zum Fenster hinaussehe, blicke ich auf einen solchen Gradierbau, auf Reha-Klinik usw. Oft treffe ich Menschen, die dort ihre Reha machen und unterhalte mich mit ihnen. Schade, dass Du nicht hierher gekommen bist ...
AntwortenLöschenJa, und wegen Deiner Schreibe - weil Du es kannst! Das ist so!
Ich wünsche Dir alle Gute für die nächsten 17 Tage - halt die Füße gerade!
Herzliche Grüße, Ron
Und nochmal: Danke!
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