Donnerstag, 25. Juli 2013

Every picture tells a story - Grenzgänger



Es ist schön und witzig, sich durch seinen alten Kram zu wühlen.

Ich entdecke ein 200seitiges Manuskript, schüttele den Kopf und bin froh, dass dieses Ding außer mir niemand gelesen hat: Ne unfertige und schlechte Kopie von Buk und Djian. Gewollt erotisch, in Wirklichkeit eher peinlich. Meine Feuchtgebiete, lange bevor Charlotte ihre aufgeschrieben hat (und längst nicht so witzig).
Ich packe es wieder zur Seite. Wegwerfen bringe ich nicht übers Herz. Aber ich befürchte, es ist selbst als Anregung oder zum Überarbeiten nicht zu gebrauchen.

Ich entdecke Kurzgeschichten und stelle fest, dass ich da ne Zeitlang gar nicht so schlecht drin war. Obwohl Kurzgeschichten nicht mein Ding ist.

Ich entdecke fürchterliche Gedichte.
Ich entdecke aber auch schöne Gedichte.
Und ich stelle fest, dass sich in der deutschen Empfindlichkeit und Politik in den letzten 25 Jahren sehr wenig geändert hat.
Es eher noch ne Nummer schlimmer geworden ist.

Ich entdecke Fotos und tauche in meine Vergangenheiten ein. Jedes Bild erzählt eine Geschichte (und ich häng jetzt einfach mal n paar hier rein):





















Und dann noch dieser Text von 1994:

Grenzgänger

Ich überschreite sie nicht. Diese Grenze zum Wahnsinn.
Ich bleibe in meinen Grenzen, gesteckt per Konventionen, Erziehung, Hang zur Romantik und Sentimentalität.
Liebe zum Bier und Liebe zum Leben.

Ich habe meine Grenze gesehen, trat mit einem Fuß vorsichtig hinüber und zog ihn schnell wieder zurück. Ich habe es geschafft.
Nach dem Schritt über meine Grenze wachte ich schweißgebadet auf.
Niemand hielt mich fest.
Ich stand auf, trank einen Schluck Wasser und legte mich wieder hin.

Kein Schlagbaum, kein Stacheldraht, kein vermimter Streifen und keine Zollbeamten, die mir den Arsch aufgerissen hätten bei der Suche nach Drogen.
Hätte ich die Grenze überschritten und dort Asyl beantragt, mit freudigen Armen wäre ich empfangen worden.
Die Grenze war offen.
Nur: Hätte es ein Zurück gegeben?

Ich werde diese Grenze noch nicht überschreiten.
Da gibt es noch so viel zu erleben und erledigen.
So viel Liebe und Hass. Hier.
So viel Leben.
Vor der Grenze.

Ich werde noch ein bisschen auf dem Grenzstreifen balancieren und dann auf der sogenannten normalen Seite bleiben.
Immerhin weiß ich, dass ich jederzeit rüber kann.
Das ist viel wert.

Heutzutage muss es Fluchtwege geben.


Diesen Text würde ich heute genau so schreiben.

Dienstag, 23. Juli 2013

Jede Flasche eine Kugel (1994)

 Ein Gedicht von 1994, wunderbar illustriert von Gisel Muders. Veröffentlicht in:

Das Cover ist von Heike Bruner und sieht im Original noch wesentlich besser aus!

Montag, 22. Juli 2013

Der Untergang der Poesie

Vor 20 Jahren machten wir ne Handmade-Literatur-und Kunstzeitung. "3D-Silbig".
Aus der 0-Nummer ist dieses Gedicht von mir.
Erschreckenderweise hätte ich es heute (etwas anders formuliert) immer noch tippen können:



Der Untergang der Poesie

Was sind das für Zeiten
wo Nutten und Prostitution
mir zeigen                 dass es noch Leben gibt

Ich habe plötzlich Bock                    in Kneipen zu kotzen
und neben fremden Gesichtern aufzuwachen
wo ich mich erst langsam wieder an die Nacht erinnern muss

Jetzt wären Orgien angesagt
aber mit allem Drum und Dran      
bis zum Exzess

Prügeleien sind banal – in der Glotze wirken die realistischer
sauberer Heterosex wird bis zur Lustlosigkeit serviert
Also jetzt was Scharfes
Vielleicht ne neue Droge
Egal



Ich kann ja gar nicht klagen
das Leben wird im Fernsehen vorgelebt
und schlimmer als in der Lindenstraße
kann es auch mich nicht erwischen



Aber mal ein neuer Effekt
im wirklichen Leben
Irgendein Kick
Ist das            zu viel verlangt?



Wäre ich ein Dichter
hätte ich jetzt von Gefühlen und Blumen und
Erblühen der Natur               oder so                      geschrieben

Ich glaube
wir haben ne schlechte Zeit für Dichter


1992,
veröffentlicht in „3D-Silbig“, Nr.0

Wenn sich das Sonntagsgeschreibsel am Montag schon wieder relativiert:



Sonntagsgeschreibsel:

N schönen Sonntag wünsch ich!

Es ist schon vormittags schweineheiß aber nach ca. 300 Metern erreiche beim Hundespaziergang den Wald und da ist es angenehm.
Maya trottet hinter mir her und hat ebenfalls Wetterfühligkeiten, Claudia macht sich fertig, um mit einer Freundin schwimmen zu gehen. Ich drehe die Musik auf und setze mich an den Schreibtisch.

Noch vier Stunden, dann ist die Fußballsommerpause schon vorbei und der VfL Bochum spielt in Berlin. Keine Ahnung, warum, aber ich freue mich auf die neue Saison. Kann das noch n paar Stunden genießen, bis der normale Frust über das Gekicke wieder beginnt.

Und sonst?
Mein Hals schmerzt. Von Innen (Ozon? Sommererkältung?) und heftigst die Muskulatur. Nacken- und Halsverspannungen führen zu Kopfschmerzen und Schwindel. Morgen muss ich mir neue Novalgintropfen verschreiben lassen…
Schlapp und Müde bin ich eh fast immer.
Sommer-Depressionen haben mich im Griff, lähmen meine Tätigkeiten, lassen mich genervt sein – auf alles und jeden.
Dabei habe ich Glück, ich kann die Ursachen meiner Depris genau benennen.
Die vordergründigen Ursachen benenne ich mal als „Postkarzinom“: Körperliche Einschränkung, Schmerzen, Fatigue und kaum Aussicht auf weitere Besserung.
Dabei immer die Angst vor einem neuen Tumor.
Dazu kommt der Dauerfrust (fast) aller Schreiberlinge: Die ständige Sinnfrage, Zweifel an der eigenen Qualität, Schreibblockaden, all so was.
Ich weiß Bescheid. Da helfen keine Pillen.
Und eigentlich weiß ich auch, dass ich da wieder rauskomme. Mich selbst von meinen Depris befreien kann.
Im Vergleich zu ernsthaft depressiv erkrankten Menschen habe ich nur einen kleinen Schnupfen, während sie sich mit einer ernsthaften Grippe rumplagen müssen.
Trotzdem.
Mir geht es nicht gut.
Und auch das muss ich mal schreiben dürfen (habe ich ja auch schon oft getan…).

Mich nerven die Probleme und das Verhalten von vielen bekannten Menschen. Gefrustet benehmen die sich wie Arschlöcher und lassen mir einfach nicht meine verdiente Ruhe. Ich werde jetzt mal nicht deutlicher.

Der Bierdurst wird mit Kaffee und Mineralwasser bekämpft. Das ist okay so.
Von den Zigaretten komme ich momentan nicht los. Und auch das nervt und frustet.
Ansonsten muss ich immer wieder essen und habe keinerlei Appetit und Lust dazu.

Natürlich hilft mir beim Über-Leben im momentanen Frust meine Liebe.
Natürlich bleibt die Liebe davon nicht unberührt.
Alles nicht so einfach. Ich habe eine Frau, die voller Liebe und Herzlichkeit ist. Die mich meistens versteht und versucht, mir aus dem Loch zu helfen.
Ich kann ihr nicht genug danken, zumal mein Verhalten momentan nicht immer das liebevollste ist.
Trotzdem: Selbst ihre Liebe und Gegenwart nerven mich in solchen Phasen.
Alles nicht so einfach, wie gesagt.
Ich will nur noch die Bettdecke über meinem Kopf.
Aber das ist zu warm und schlafen kann ich eh nicht.
Außerdem kommt gleich Fußball.

Ja.
Selbst dieser Blogeintrag frustet und nervt.
Schreiben als Autotherapie funktioniert halt auch nicht immer und ich frage mich wie so oft, was das hier soll und ob das überhaupt jemand lesen will, beziehungsweise ob ich diese Jammerei öffentlich machen will.
Ich will, ich tue es. Scheißegal.


Nachtrag: Der VfL hat wahrhaftig in Berlin gewonnen. Und es war ein klasse Fußballspiel.
Ron Hard rang mir danach das Versprechen ab, heute nicht mehr zu jammern.
Also mach ich jetzt Schluss hiermit, speichere diesen Post ab und jammere erst Morgen weiter…


Einen wunderschönen Montagmorgen!

Ich poste mal das Geschreibsel von Gestern, obwohl ich heute schon wieder optimistischer bin (es ist lächerlich, aber der VfL Bochum spielt da wirklich ne Rolle…).

Ich habe jetzt diese Woche zur HERMANN IST TOLL-Woche erklärt. Vielleicht schaffe ich ja, mir das selber einzureden. Das wäre n großer Schritt für mich.

Die Wärme ist noch heftiger als gestern. Obwohl mich das umhaut mag ich es.
Claudia kocht einen Pudding und eine Kaltschale, warm werden wir erst abends essen wenn es kälter wird. Und da freue ich mich schon morgens drauf.

Heute scheint auch wieder die Musik zu funktionieren. Sie lässt mich innerlich mitsingen, tanzen und schweben.
Mit ihr ist das wie mit jeder Medizin: wenn du ganz unten bist, dann merkst du die heilsame Wirkung erst später. Bist du auf dem Weg der Besserung, dann knallt sie sofort rein.

Und damit wünsche ich euch jetzt ne tolle Woche:

Kopf hoch – tanzen!

Herbert hat da völlig Recht…

Freitag, 19. Juli 2013

Werbung im Sommerloch

Nee.
Natürlich werde ich damit nicht reich.
Und mein Verleger malocht auf Baustellen, um die Bücher und sein Leben zu finanzieren.
Der Blog und das Internet: Da verdiene ich gar nix, nur manchmal nette Kommentare und immer mehr Zugriffe auf meine Seiten und das pinselt mein Ego und ist dann schön.

Ich könnte ja auch n bisschen Kohle gebrauchen, deshalb hier noch mal der Hinweis auf meine Bücher.
Die könnt Ihr bei mir bestellen:
hermann.borgerding@gmail.com

Okay. Und das habe ich zu bieten:

Mein Mittelfinger dem Krebs: Gedichte 2011. 95 Seiten, 8,95€

Ausgehöhlt: Roman 2011. 190 Seiten, 14,95€ (wenige Restexemplare)

Extraball: Gedichte 2013. 110 Seiten, 9,90€

Wenn Ihr bei mir bestellt, dann schicke ich Euch die Bücher mit Rechnung zu. Porto muss ich zusätzlich kassieren. Falls gewünscht, bekommt Ihr eine Widmung.
Den Extraball könnt Ihr auch beim Acheron Verlag bestellen:
www.acheron-verlag.de
Und Ausgehöhlt und den Mittelfinger gibt es auch als e-Book bei amazon, aber da stehe ich nicht so drauf.


Ich schreibe jetzt mal nicht mehr über die einzelnen Bücher, guckt auf meine Homepage oder blättert hier im Blog. Eigentlich habe ich das alles schon erwähnt.
Ich finde, jedes einzelne Teil steht für sich und lohnt sich und zusammen ergeben sie ein schönes Bild meiner Schreibereien.

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Musste ich einfach mal wieder erwähnen...


Donnerstag, 18. Juli 2013

Plattenkritik

noch ein älteres Gedicht, ich glaube es ist von 2008:



Plattenkritik

Durch Poesie tauchen
sich von den Dingen des Alltags blenden lassen
Rhythmen und Melodien
die einen über den Sumpf der alltäglichen Scheiße gleiten lassen
Begleitmusik für den
Tanz auf dem Vulkan

Poesie in den Dingen des All
-tags
Im Lächeln, in den Tränen, in Mimik und Gestik
Bei der Kassiererin im Supermarkt
Die Melodie der Autos im Straßenverkehr
die sanfte Melodie des Nieselregens
Der Rhythmus meiner Finger auf diesen Tasten
am Samstagmorgen
(während der notwendigen Putzübungen immer mal wieder
eine Zeile tippen, eine Kippe rauchen, einen Kaffee trinken)
Rhythmus in den Anstrengungen und Schmerzwahrnehmung
auch da
Natürlich sind ihre strahlenden Augen ein Gedicht
das brauch ich nicht zu erwähnen
Und wenn wir miteinander schlafen –
manche Sachen sind unbeschreiblich
- wollen auch gar nicht beschrieben werden -
und wenn wir streiten
habe ich trotzdem noch eine Melodie in meinem Schädel
und mein Schlaf
weckt die Poesie meiner Träume
Selbst die Wut über die täglichen Nachrichten
steckt voll hämmernden Trommelschlägen

Poesie, Rhythmus, Melodien
Überall

Schade nur
dass dies auf vielen CDs  kaum zu finden ist