Samstag, 30. April 2016

Zum 1. Mai:



Sorry Udo:
Ab jetzt beende ich mal bis morgen Abend die Dauerschleife deiner neuen Scheibe.
Es ist Walpurgisnacht.
Und damit morgen Kampftag der Arbeiter.
Klingt veraltet, ist es auch.
Trotzdem.
Der 1. Mai bleibt wichtig und symbolisch für mich.
Und mein 1. Mai – Soundtrack besteht seit Urzeiten bei mir hauptsächlich aus Liedern einer Band:

Ton Steine Scherben


Ich packe da noch n bisschen Cochise dazu, Slime, Heiter bis Wolkig, Dritte Wahl, Früchte des Zorns, Rotes Haus, Konstantin Wecker und wenn ich ganz hart drauf komme Hannes Wader.
Aber eben hauptsächlich die Scherben.

Der 1. Mai ist n Nostalgietag. Ich werde ihn zu Hause verbringen.
Friedlich, ohne Widerstand und ohne Visionen.
Vom Revolutionstraum bleibt die Musik.

Früher habe ich in den Mai getanzt.
Oder in den Mai gesoffen.
Ich habe halt keine Feier ausgelassen.
Der 1. Mai fand dann oft auf den Wiesen der Ruhrfestspiele in Recklinghausen statt. Damals waren geile Bands am Start.
Aber ich glaube, seit mindestens zehn Jahren ist das nur noch Nostalgie. Und die Ruhrfestspiele eine lahme Familienfeier.
Dortmund oder die Zeche Carl in Essen waren dann mein Programm.
Immer irgendwas mit nem kleinen Hauch vom Kampftag.
Für das Cowboy und Indianerspiel in Berlin oder Hamburg war ich nie zu haben:
Randale von den Linken und den Bullen.
Muskelspiele. Wer hat den größten Schwanz?
Den größten Schwanz hatten immer die Bullen. Schlagstockverlängert.
Und ich habe nie den Sinn der Randale verstanden, obwohl ich sie schon teilweise aufpowernd fand.

Jetzt lebe ich ja im tiefsten WestMünsterland.
Der Revolutionäre 1. Mai ist hier unbekannt.
Stattdessen ziehen die Ureinwohner einen Bollerwagen voller Bier hinter sich her und machen in kleinen Gruppen ne Wanderparty.
Wie am Vatertag. Und dieses Jahr kommen noch die Feiereien und Besäufnisse der Erstkommunion dazu.
Mir egal:
Ich ziehe die Bettdecke über meinen Kopf.
Und höre ansonsten TonSteineScherben.
Und dann kommt auch noch unsere Trauzeugin zu Besuch.
Der Tag ist ausgebucht, auch ohne Bollerwagen.

In Bochum hätte ich die Wahl zwischen einem Casting zu einem Film (kann man ja mal probieren…) und den AntiFa-Aktionen, die mir am Herzen liegen.
Aber unser Auto schafft das nicht mehr.
Außerdem hätte ich zwei wichtigere Ruhrpott-Termine:
Meine Mutter liegt im Krankenhaus (by the way: ein fürchterlicher Pflegefehler des ambulanten Pflegedienstes!).
Und es ist der Todestag meines Vaters.
Mein Vater war Zeit seines Lebens CDUler. Wir kriegten uns oft an die Köpfe. Sein Tod am 1. Mai war sein letzter Witz.
Danach konnte ich diesen Tag einfach nicht mehr wie früher feiern.

Anyway.
Morgen soll wahrhaftig sowas wie Frühlingswetter kommen.
Genießt es.
Und feiert eure Visionen!
Und tanzt!

Freitag, 29. April 2016

Udo haut mich um:



Stärker als die Zeit

der schwarze Abgrund
nur noch einen Schritt entfernt
Und du springst
damit du fliegen lernst

es geht nicht immer geradeaus
manchmal geht es auch nach unten

und ich werde mich nicht aendern
werd kein anderer mehr sein

Ich würd alles so lassen
und gar nix dran tun
denn so n blaues Auge
gehört ja irgendwie dazu

Wir wollten doch die Welt verändern
Irgendwann

Wenn du gehst
kracht der Himmel ein
und meine Sonne
sie hört auf zu scheinen
und die Nächte werden endlos sein

Wir gehen dahin
wohin sich sonst kein anderer traut
Wir sind der Joker in der Tasche
der gewinnt

Alles Zeilen, die nur Udo Lindenberg singen kann, ohne das sie peinlich wirken.
Vielleicht kann das noch Neil Young. Auf Englisch ist es für mich eh nicht so wild, da ertrage ich Pathos.
Auf Deutsch kann Lindenberg Pathos. Und von Unsterblichkeit, Niederlagen, Aufstehen und immer weiter machen singen.
Ihm nehme ich das ab.
und ich werde mich nicht aendern
werd kein anderer mehr sein
Und das ist gut so.
Ich war schon immer so n rollender Stein
mehr so n Anarcho
Dafür liebe ich ihn.

Mit „Stärker als die Zeit“ legt Lindenberg sein Meisterwerk vor unsere Füße.
Zitiert sich selber, nimmt sich nicht zu ernst, erwähnt den Wahnsinn in der Welt und seine Zweifel, ob er was ändern kann / ob man was ändern kann.
Eldorado und ich schwör
dass ich für immer
unsrem Rock n Roll
und euch gehör
In zweieinhalb Wochen wird der Mann siebzig Jahre alt.
Er begleitet mich seit meiner Jugend.
Sein Album „Stark wie zwei“ hat mich umgehauen, ähnlich wie ganz früher „Galaxo Gang“ und die genialen Live-Alben
„livehaftig“ und „Intensivstation“.
Das hat er jetzt sogar noch getoppt.
Musst da durch
schickt das Leben dich mal auf die Bretter drauf
Ey, so n Fighter der steht immer wieder auf
Und dann wirst du deine Sonne wieder sehn
und wie ein Phönix auferstehn
Musst da durch
Udo: Ich liebe dich!

Das Lied „Muss da durch“ ist meine momentane Hymne. Und „Göttin sei Dank“ spiele ich täglich für Claudia, auch wenn mir Göttin nicht von den Lippen kommt, ich sie eher Engel nenne.

Udo Lindenberg hat mit dieser Platte seine Unsterblichkeit zementiert. Und Zitate aus all seinen Schaffensphasen eingebaut und ironisch auf sein Ende hingewiesen und angesichts der Weltlage ganz leise in ein, zwei Zeilen sogar seine Resignation geäußert.

Was soll danach noch kommen?
Immerhin: Die Stadion-Tournee.

Udo: Ich kann dieses Jahr nicht.
Und ich brauche dich noch weiter!
(Angstzeile nach Lemmy und Bowie und Prince:)
Geh du nicht auch noch vor mir!

Wir gehen dahin
wohin kein anderer sich traut














Mittwoch, 27. April 2016

Weltuntergangswetter





Weltuntergangswetter
bedrohlich graublauschwarz
der Himmel
und die ersten Blitze

Gleich geht es los und
ich finde es geil:
In meinen sicheren vier Wänden
bei einer Zigarette, einem Schluck Bier
und Lindenberg aus den Boxen

Unser Hund dreht am Rad
und Claudia auch
Ich nicht

Ich probiere Schriftarten aus
da mir nix besonderes einfällt
und ich so
Kreativität zumindest vortäuschen kann

Das Weltuntergangswetter
brachte dann doch nur n Gewitter
Schade eigentlich


Montag, 25. April 2016

Manchmal schneit es im April



Ein weiterer Stern hat aufgehört zu strahlen.
Mit dem Mann, der früher als Prince bekannt war, seinen Namen gegen ein Symbol tauschte, sich als Sklave bezeichnete und wieder zu Prince wurde, verlieren wir einen der genialsten Musiker überhaupt.
Sein Gesang war nicht mein Stil, nervte manchmal.
Ich stehe auch nicht so auf Funk.
Aber sein Gitarrenspiel war einzigartig. Explosiv.
Und er schrieb unsterbliche Songs:
- Sometimes it snows in April
- Sign O the Time
- Manic Monday
- Nothing compares 2 you
- When doves cry
- What if god is one of us
- Girls & Boys
- Kiss
- Sexy Motherfucker
- Purple Rain
1,58 Meter klein – auf der Bühne ein Riese.
Was interessiert mich sein Lebensstil – er lebte durch seine Töne!



Noch drei Musikthemen:

- Im Oktober kommen NewModelArmy auf Tour.
Unter anderem in die Fabrik nach Coesfeld.
Das ist bei mir um die Ecke.
Aber es ist unsicher, wie fit ich im Oktober bin, gerade da ich mit meiner nächsten OP im August/September rechne.
Ansonsten wäre das ein Pflichttermin gewesen.

- Patti Smith gibt ein Konzert in der wunderbaren Lichtburg in Essen.
Kommt für mich (siehe oben) nicht in Frage. Fuck.

- In der Nachbarschaft:
Gronau erklärt Udo Lindenberg zum Ehrenbürger.
Ja. Klar.
Ich dachte, das wäre er schon lange gewesen…



Ansonsten hänge ich durch. Gerade jetzt im April.
Der VfL hat seine Aufstiegshoffnungen verspielt – trotzdem die beste Saison seit Jahren abgeliefert, die Warterei auf meine nächste OP nervt, mein Gebissloses Dasein nervt, es ist mir grundsätzlich viel zu kalt.
Alles egal.
Das Leben geht weiter, ich hoffe erst mal auf den Mai. Und dann weiter.
Immer weiter.
Oder so.



Manchmal schneit es halt im April. Ist so.
Und haut mich jedes Mal um.
Langsam geht es mir psychisch besser. Und dann werde ich halt physisch runtergezogen.
Ne Erkältung oder so. Und ne Magenverstimmung.
Und Stress mit dem Computer und unserem koreanischen Schachtschiff (KIA Picanto mit 150.000 Kilometern), das gerade seine letzten Atemzüge bei uns abliefert.




Ich habe Aron. Ich habe Claudia, vor allem Claudia.
Ich habe meine Freunde und meine Familie, auch wenn ich da momentan etwas entfernt bin.
Ich habe meine Schreiberei.
Auch wenn da die Aprilflaute vorherrschend war.
Es wird irgendwann richtig Frühling werden. Bald.
Wenn auch nur für ein paar Tage.



Kaum ein Künstler hat so intensiv dafür gesorgt, dass seine Kunst bei YouTube oder sonst wo nicht einfach und nebenbei konsumiert werden kann wie Prince.
Das sollten wir respektieren.
Seine offiziellen Veröffentlichungen lassen uns an seiner Kunst teilhaben.
Trotzdem: Sein Cover von „Creep“ und sein Gitarrensolo bei „While my Guitar gentle wheeps“ sind geniale Dokumente eines Genies.
Wenn ihr im Netz unterwegs seid, dann kennt ihr das wahrscheinlich, wenn nicht, dann solltet ihr suchen.



Ich habe im Moment wenig Muße, um zu lesen.
Und beim Schreiben herrscht Ebbe.
Eigentlich will ich ja wieder Gitarre spielen, aber irgendwie fehlt der letzte Kick.

Manchmal schneit es im April…
(nur noch eine Woche, dann kann ich im Mairegen wachsen…)