Mittwoch, 29. Juli 2015

Müde Gedankenschnipsel oder so



Diese beschissene Müdigkeit ist zum Kotzen.
Seit zwei Wochen könnte ich ununterbrochen schlafen, dabei mache ich nix besonders anstrengendes, habe seit sechs Wochen so gut wie keinen Alkohol getrunken und schlafe eigentlich nachts genug.
Und bin dauermüde.

Meine Knochen (nee, eigentlich sind das ja die Gelenke und Muskeln) fühlen sich an, als ob ich täglich einen Marathon laufen würde, dabei mache nur meine Hundegänge und sonst beinahe nichts.

Meine Gedanken flirren und ich schaffe es nicht länger als eine halbe Stunde mich auf irgendetwas zu konzentrieren.


Ich hatte noch nie das Verlangen
ein Haus zu bauen
Meine gepflanzten Bäume
sind nicht angegangen
und ich weiß von keinem Kind
das ich gezeugt habe

Aber meine Bücher
haben einigen Menschen was gegeben
und ich bin da stolz drauf

Ich vermisse nicht viel
und habe wenig ausgelassen
und die wichtigsten Sachen im Leben genossen
Soweit bisher


Meine Gitarren verstauben mittlerweile seit Jahren und die Saiten sind alt und stumpf und das ist Selbstschutz und tut nur selten weh – ich habe mich arrangiert
und singe auf der Tastatur meines Compis.


Wenn ich singe (=tippe), dann singe ich für mich.
Autotherapie nenne ich das.

Wenn ich singe, dann für alle Liebenden
und für alle Nichtliebenden,
die ich am liebsten mit Liebe überschütten würde
So in der Art

Und ich singe für die Getretenen
und für die, die in der Scheiße stecken und
für all den Abschaum,
all das Gesocks,

und natürlich für alle Freaks, alle Punks, alle Rocker
und alle anderen Krüppel

Mein Gesang ist nix für die Satten und Übersättigten
Mein Gesang ist stumm
und schreit in seiner Stille

Is nix mit Orpheus
is nur ein kleiner alter sabbernder Hermann

Sorry


Draußen regnet es. Immer wieder Gewitter, aber zum Wochenende soll es wieder schön werden.

Heute is nix los bei Facebook und im Netz.
Heute is nix los an meinem Schreibtisch in meinem Zimmer in Ottenstein – Ahaus.
Heute is nix los bei und mit mir.


Sollte ich demnächst mal abtreten, dann ist das völlig okay.
Eigentlich reicht es mir jetzt schon.
Andererseits finde ich bestimmt noch irgendeinen Schwachsinn,
den ich schreiben und verbreiten kann.
Und massig Musik zu hören.
Massig Liebe zu geben und zu nehmen.
Ne ganze Menge Leben.
Wie es halt kommt…

Ich habe da auf jeden Fall keinen Grund zu klagen.
Habe alles mitgenommen.
Und bereue (fast) nichts.
Vielleicht hätte ich etwas fleißiger und ehrgeiziger sein sollen.
Vielleicht.
Egal.


Kennt ihr auch diese allumfassende und lähmende Müdigkeit?
Muss ich mir Sorgen machen?
(Mache ich nicht – bin ich zu müde zu…)


Literweise Kaffee, in dem der Löffel steckenbleibt, scheint auch nicht zu nutzen.
Der Spaziergang mit dem Hund ist eher Qual.
Die Umarmung meiner Frau lindert Schmerzen, sorgt für Wohlgefühl, macht mich aber auch nicht wach.
Keine Ahnung.
Wie so oft.

Vielleicht hat mich ja auch meine depressive Phase umgehauen, mich körperlich ausgesaugt.
Vielleicht ist es Wetterfühligkeit.
Beides wäre okay: Dann wäre es ja bald wieder vorbei.
Auf Dauer macht das nämlich keinen Spaß…


Nostalgietrips
powern nur bedingt auf

Machen auch traurig
weil deutlich wird
wieviel Power da nicht mehr vorhanden ist

Um meine Energie anders zu nutzen
fehlt sie mir momentan

Hmm
Nicht einfach…


Wenn da nicht Claudia wäre
und unser Hund Aron
Wenn da nicht Thomas, Anne, Karen, Susanne,
und all die anderen Freunde wären
Und wenn da nicht die Familie wäre
Wenn da nicht die Musik wär
Wenn da nicht die Poesie wäre
Und wenn da nicht dieses Gefühl wäre
vielleicht doch noch was zu sagen zu haben
oder für irgendwas und irgendwen wichtig zu sein


Enough is enough

Ist nun mal so
und Weißkittel können mir gestohlen bleiben
Außer
sie lindern Schmerzen

Nix zu vererben zu haben
erspart zumindest die Mühe eines Testaments


Enough is enough

Ich sollte vielleicht erst dann weitersingen
wenn ich wieder wach bin

Gute Nacht!




(Foto von Ina Caspari)

Freitag, 24. Juli 2015

Über ein Buch, das es noch nicht gibt



Soundtrack zu dieser Empfehlung sind die „Nits“. 
Liegt nahe.
Ich wusste wohl, dass es diese Band gibt und kannte ihren Hit „Dutch mountain“, das war es aber auch. Und dann hatte ich ein Manuskript auf meinem Compi mit dem Titel „Wehe, du schreibst nichts über die Nits – Die neun Leben des King Bronkowitz“ von Stefan Gaffory.

Ob ihr dieses Buch irgendwann in den Fingern halten werdet liegt auch an euch:
Der gONZo-Verlag druckt erst, wenn 150 verbindliche Vorbestellungen eingegangen sind.
Meiner Meinung nach ein etwas unfaires Abkommen, wer bestellt schon ein Buch vor, von dem er nicht weiß, wann es wie erscheint?
So ist die Werbung und Überzeugungsarbeit für dieses Buch ein Höllenritt für Gaffory, dem ich da das Allerbeste für wünsche.

Stefan Gaffory ist ein Musik-Junkie.
Und schreibt für das „ox“.
In diesem Buch veröffentlicht er nun seine Kolumnen und Musikkommentare. Scheißegal, ob es sich um Mainstream, Pop, Punk oder Metal handelt, es geht ihm um Musik, die ihn berührt und bewegt. Sowohl positiv, als auch negativ.
Ich liege da nicht immer auf einer Wellenlänge mit ihm, das wäre aber auch langweilig und ich entdecke immer wieder Bands und Platten in dem Buch, wo ich mir sage, „Jau. Die könntest du auch mal (wieder) hören!“. Alleine das macht dieses Manuskript für mich lesenswert und hat mir schon einige Stunden musikalische Reisen beschert.
Manchmal schüttele ich beim Lesen meinen Kopf, öfters aber fange ich an zu grinsen, alleine wegen der wirklich klasse Formulierungen, die besonders bei den Verrissen richtig reinknallen.

Meine persönlichen Anmerkungen zu Gafforys Buch habe ich jetzt wieder rausgestrichen, es geht ja nicht darum, dieses Werk zu rezensieren.
Es geht darum, ob ich es erscheinungs- und kaufwürdig halte.

Und das tue ich:

Ein Musikbuch aus einer undergroundorientierten Richtung (mangels passender Formulierung) findet mit Sicherheit Leser und für musikbegeisterte Menschen wird massig Diskussionsstoff und Anregungen geliefert.
Liebe Miriam (lieber gONZo-Verlag):
Mach es!
Bring das Buch raus!
Zumindest die Ox-Leser werden es kaufen und es erweitert das Spektrum deiner Verlagserscheinungen (das ja eh schon fantastisch ist)!
Scheiß auf die Vorbestellungen!

Liebe LeserInnen:
Schickt eine Vorbestellungsmail an den gONZo-Verlag!
Es lohnt sich!

Nachtrag: Mein Drucker ist nicht mehr der beste.
Und da ich ungern am Compi lese habe ich jetzt einen sehr dünnen Ausdruck, der schwierig zu lesen ist. Alleine deshalb muss ich dieses Buch haben.
Haut rein!

Auf dem Bild: Simona Turini, Stefan Gaffory, kleiner alter Mann, Robert Richter.
Thanxs to gONZo-Verlag...

Donnerstag, 23. Juli 2015

Eine Selbstdiagnose



No fun

Ich nenne es jetzt mal „depressive Phasen“.
Von einer Depression zu schreiben wäre wohl zu hart.

Irgendwie ist das wie mit der Grippe und der Erkältung.
Ich habe meine psychische Erkältung, aber noch lange keine Grippe, die in diesem Beispiel der Depression entsprechen würde.
Also: Kein Grund zur Panik!
Oder so.

Schließlich – jeder Mensch ist mal schlecht drauf (das würde wohl einem einfachen Schnupfen entsprechen).
Ich habe halt Phasen, in denen ich antriebslos bin, ich keinen Sinn sehe, mir alle Menschen auf den Keks gehen, ich mir selber auf den Keks gehe, selbst Musik mich kaum begeistern kann und überhaupt ALLES scheiße ist.

Und ich finde das normal.
Und ich denke, ich darf mir das leisten. Jeder darf sich das leisten.
Hatschi.

Zum Beispiel der Sommer.
Ich mag den Sommer. Aber irgendwie macht er mich dieses Jahr müde, sorgt für Schmerzen und lässt mich nicht genießen.
Macht nicht so wirklich Spaß.
Zum Beispiel wie immer die Geldsorgen.
Zum Beispiel die politische und soziale Lage im Land und auf der Welt.
Zum Beispiel all diese Idioten um mich herum (damit meine ich jetzt hauptsächlich Facebook und frage mich, wann ich mein soziales Umfeld mal wieder auf Menschen umstelle…).
Hatschi.

Oder mal so:
Ich bin ein Krüppel.
Seit meiner Krebs-OP sabbere ich, artikuliere ich mich unklar, bin ich am Kopf und vor allem um den Mund optisch entstellt.
Seit meiner Krebs-OP habe ich ständig Schmerzen und das macht mürbe.
Seit meiner Krebserkrankung wiege ich nur noch um die 50 Kilo. Da ich jetzt seit 8 Jahren probiere, wieder zuzunehmen, gebe ich das langsam auf.
Ich habe keine Kraft und keine Ausdauer mehr und kann keiner ordentlichen Arbeit nachgehen.
Ich bin ein Krüppel. Und finde, dieses Wort trifft es besser, als beschönigend von Behinderung oder Mensch mit Handicap oder was auch immer zu schreiben.
Wir Krüppel sind benachteiligt.
Und nicht integriert.
Scheiß auf Inklusion und nette Worte: Die Wahrheit sieht anders aus.
Und ich finde es immer noch zum Kotzen, dass die „Aktion Sorgenkind“ in „Aktion Mensch“ umbenannt wurde.
„Sorgenkind“ ist ehrlicher.
Und irgendwie, auch wenn ich das nicht allgemein bewerten will, macht die Tatsache, dass ich erst in der Mitte meines Lebens zum Krüppel geworden bin, es nicht leichter.
Ich glorifiziere teilweise die Zeit vor meinen Behinderungen und weiß, wozu ich in der Lage war und nicht mehr bin.
Ich weiß, dass Essen mal richtig geschmeckt hat und nicht nur Nahrungsaufnahme war. Ich weiß, dass ich mal Energie hatte.
Und so weiter.
Ich weiß, dass das alles vorbei ist.
Ich weiß, dass ich euch mit diesem Thema langweile, weil ich es schon so oft erwähnt habe. Aber es ist halt eines meiner Hauptthemen.
Und ich werde es nie loswerden.
Soviel dazu.

Und dann ist da die Liebe.
Manchmal auch ein schwieriges Thema.
Deshalb lasse ich das jetzt.

Natürlich habe ich immer noch dieses trotzige NA UND?! und TROTZDEM! und WEITERMACHEN! in mir.
Natürlich kann diese Welt und dieses Leben trotzdem schön sein.
Aber eben nicht immer.
Jetzt gerade nicht.
Hatschi.

Lets work!






Es ist mal wieder Zeit
zu arbeiten
An meiner Schreibe, an meiner Liebe, an meinem Leben,
an mir

Natürlich
alles Knochenjobs
mit einer miesen Bezahlung
aber
was kann ein kleiner alter Mann schon tun

Da ist nichts
woran ich mich festhalten kann
bei meinem Tanz auf dem Hochseil
ohne Sicherheitsnetz

Da ist kein schützendes Geländer
& der Abgrund nur Zentimeter entfernt
Beim Verteilen der Schuss- & Schwimmwesten ging ich leer aus
& um mich herum tobt das Massaker auf dem Kreuzfahrtschiff

Es ist mal wieder Zeit
zu arbeiten




Samstag, 18. Juli 2015

Leseempfehlung: "Die Stunde der Flammen" von Hardy Crueger




Es wird mal wieder Zeit für eine Leseempfehlung!

In letzter Zeit habe ich wenig gelesen, kam entweder gesundheitlich nicht dazu, steckte im Chaos, genoss das Sommerwetter oder litt unter gewissen Wetterlagen (zu warm, zu feucht, zu kalt – wie auch immer…).
Und wenn ich gelesen habe, dann größtenteils Gedichte.
Und E.T.A. Hoffmann, den ich eigentlich adaptieren wollte, scheinbar aber daran scheitere.

Anyway:

Ein Thriller: „Die Stunde der Flammen“ von Hardy Crueger hat mich gefesselt und wie bei guten Thrillern und Romanen konnte ich das Buch nicht aus der Hand legen und las es in einem Rutsch durch.

Die Geschichte (eine verkohlte Frauenleiche am Gipfel des Brocken wird von Komissar  Carsten Sanders mit einer anderen Frauenleiche aus Braunschweig in Verbindung gesetzt, als eine dritte Leiche im Landkreis Börde gefunden wird tritt eine Sonderkommission zusammen und Sanders arbeitet mit der Kommissarin Kolwicz aus Sachsen-Anhalt daran, den Ritualmörder zu fassen. Dieser scheint der Polizei immer einen Schritt voraus zu sein und verfolgt einen irrsinnigen Plan. Aber Inhalte eines Thrillers in einer Rezension wiederzugeben ist immer eine undankbare Sache, ich will ja nicht zu viel verraten!) ist packend und verdammt gut komponiert. Man will einfach wissen, wie es weitergeht. Und ob der Ritualmörder sein Ziel erreicht, oder das ungleiche Ermittlerteam ihn stoppen kann.

Ebenso sind die Nebengeschehnisse intelligent und passend eingeordnet.
Kleine Seitenhiebe auf deutsche Ost-West-Konflikte sind einfach köstlich beschrieben.

Meine kleine Lieblingsszene (schließlich komme ich aus Castrop-Rauxel):

„ „War ja echt klasse. Wo haben Sie denn ihr Motivationstraining absolviert?“, fragte er.
„FDJ. Und Sie?“
„Oh, äh… Schulungszentrum Castrop-Rauxel. Hat aber nicht viel gebracht. …““

Das Buch ist toll geschrieben:
Klare Sätze, wenig Verschnörkelungen und Dialoge, die endlich mal flüssig zu lesen sind.
So macht es Spaß, ich muss mich nicht (wie zum Beispiel bei den meisten Stephen King Büchern, aber da kann es auch an schlechten Übersetzungen liegen) über idiotische Formulierungen ärgern und mein Lesefluss wird nicht unterbrochen, weil ich einen Satz nochmal nachlesen muss, da die Form den Inhalt überdeckt.

Genauso macht es Crueger mit den Protagonisten des Thrillers: Hier wird nicht zu tief psychologisiert, der Leser/die Leserin haben noch Freiraum, um die Personen mit ihren eigenen Vorstellungen zu füllen.
So machen auch die Nebendarsteller Spaß:
Ein Zeuge ist eitel und Obermacho und dabei einfach herrlich dumm, der Bruder des Kommissars ist behindert, die Tochter der Kommissarin am ganzen Körper tätowiert und gepierct, ein weiterer Zeuge ein Teenie in Metallica-Kutte, ein gefrusteter Pastor wird zum Verdächtigen und so weiter. Genial!

Die Beschreibung des Täters und des Ermittlungsteams lassen ebenfalls noch eigene Vorstellungen der LeserInnen zu und das ist gut so.
Keine Superhelden, keine Vollkommenheiten und – was mir besonders gefällt – kein belehrender pseudopädagogischer oder psychologischer Ansatz, der uns Lesenden das Denken verbietet.

„Die Stunde der Flammen“ ist spannend, gruselig und manchmal auch brutal. Crueger bedient allerdings keine Gewaltfantasien, sondern deutet oft nur an. Und macht den Gruseleffekt dadurch umso eindrücklicher.

Ein intelligenter Thriller auf höchstem Niveau.
Wie erwähnt: Ich habe ihn in einem Rutsch durchgelesen.
Und lege ihn euch wärmstens (HiHi, sogar richtig „heiß“) ans Herz!



Ja. Danke Hardy!
Den hatte ich!