Montag, 22. April 2013

Über Filme, "Trans" und Young und ganz viel Liebe:



Schreiben über Bücher? Habe ich schon so oft gemacht, werde ich noch ohne Ende machen. Jetzt mal nicht.

Filme.
Ich erinnere mich noch halb an einen Film meiner Kindheit. Ein Ami-Schinken. Irgendwas mit einem Jungen und einem Reh. Und ich glaube, das war der erste Farbfilm, den ich gesehen habe. Scheiße, ich habe keine Ahnung, wer da mitgespielt hat, von wem der Film ist oder überhaupt wie er heißt. Gehört trotzdem zu meiner Favoriten-Liste.
Dann natürlich die Pipi Langstrumpf Filme. Und die Augsburger Puppenkiste in der Glotze. Pan Tau. So was.

Ich wurde älter, erwachsener.
Und entdeckte James Bond. Ich gestehe, ich wurde mit Roger Moore „erwachsen“, Sean Connery entdeckte ich erst später. Ich liebte James Bond. Lernte Ironie kennen. Chauvinismus, der niemals bösartig war, wurde von mir kopiert, merkwürdigerweise schleppte ich die Frauen nicht sofort ab. Das war egal. James Bond war geil: Politisch nie korrekt, aber darum ging es ja auch nicht.
Action und Unterhaltung – und ironische Distanz. Das reichte.
Und damit habe ich auch die neueren Bond-Filme  kommentiert. Mehr ist da nicht nötig.

Indiana Jones war ähnlich. Einfach geil. Gehirn ausschalten und genießen und dann funktioniert das.
Ich kann hier nicht die „Love Story“ verschweigen. Der Film löste jedes Mal Tränen bei mir aus.
Und dann die Filme, die mich prägten, mich ein Leben lang begleiten werden und einfach göttlich sind:
Casablanca
Harold and Maude
Zwölf Uhr Mittags
Einer flog übers Kuckucksnest
Betty Blue
Jenseits von Eden
Philadelphia
Spiel mir das Lied vom Tod
Almoust famous
Fight Club
Ich könnte diese Liste endlos verlängern, habe mit Sicherheit einige Filme vergessen, aber belasse es jetzt mal dabei.

Als ich meine erste Krebsdiagnose bekam und das Wochenende für mich in meiner Bude rausholte, da musste ich unbedingt noch mal alle drei Teile vom „Herr der Ringe“ sehen. Und das war grandios, auch wenn ich die Filme nur halb wahrnahm!
„Star Wars“(alle Teile) und „Avatar“ und Batman.
Wenn ich Filme gucke, will ich abtauchen. In Bilder und Stories. Die Realität ist grausam genug.
Und damit bin ich auch schon bei Tarrantino.
Ich liebe ihn!
Amüsiere mich köstlich und finde das Film-Blut nicht so schlimm, wie das der Terroropfer oder Kriegsgeschädigten in der Wirklichkeit. 

Es gibt noch tausend geile Filme. Aber irgendwann muss es reichen.

Mittlerweile schwebe ich am Schreibtisch, „Tonight’s the night“ von Neil. Einfach göttlich.
Maya, unsere Hündin, liegt zu meinen Füßen und Claudia, meine Frau, schläft nebenan. Ich hoffe, sie kann schlafen.
Wir haben harte Tage hinter uns. Und morgen bekomme ich Bescheid, ob ich erneut einen Tumor habe. Diesmal an der Zunge.
Ich kann nicht schlafen. Ich bin nicht bei mir und nicht bei meiner Liebe. Wir haben drei Uhr in der Nacht und ich schreibe über Filme und Neil Young.


„Trans“ von Neil Young (das Ding ist von 1982!) ist eine abgefahrene Scheibe. Damals fanden sie fast alle Scheiße, ich auch. Jetzt läuft sie gerade ziemlich laut und ich tanze grinsend durch meine Bude. Mann! Neil Young war und ist genial! Und hat Humor und Mut. Und „Trans“ ist da der absolute Beweis. Nur, dass diese Scheibe ihrer Zeit weit voraus war und natürlich jeden Neil Young Puristen schockierte.
Neil Young macht auf Computer! Das war genauso schlimm, wie der Wechsel zur E-Gitarre von Bob Dylan! Und auch der war genial.
Heute ist Neil Young Tag. Mal wieder. Und das ist immer wieder geil.
Nach „Trans“ knalle ich mir „After the goldrush“ rein. Das war eine meiner ersten Neil Young Scheiben. Und das Vinyl hatte ein wunderschönes Innencover. Eigentlich müsste das irgendwo in meiner Wohnung hängen, aber ich habe die Platte im Anfall von Wahnsinn verschenkt als ich auf CDs umstieg. Ich liebe „After the goldrush“, auch wenn es objektiv keins der Meisterwerke von Neil ist.
„Weld“ dagegen ist unbestritten ein Meisterwerk. Ich hatte das Glück, diese Tour live zu sehen. Wow!
Willkommen in 2013: „Psychodelic Pill“! Ja! Neil ist unschlagbar.

Über Neil Young, Peter Gabriel, New Model Army, Ton Steine Scherben, Herman Brood, Tom Waits, Udo Lindenberg, dEus, Porcupine Tree … und natürlich Keith Richards und die Rolling Stones könnte ich tausende Seiten schreiben.
Das meiste wäre absolute Glorifizierung und Begeisterung ohne Ende.
Über Musik reden ist wie zu Architektur tanzen. N Zitat von but alive.
Und die hatten eh immer Recht.
Also stoppe ich das jetzt mal.


Zwei Tage später (anderthalb, in Anbetracht der nächtlichen Zeit der vorherigen Zeilen).

Ich habe mittlerweile zwei Tage nur Neil Young gehört und alle Platten durch. Jetzt therapiere ich mich mit Udo Lindenberg. Manchmal habe ich komische Gelüste…

Die Sonne scheint heute so schön, als wüsste sie Bescheid und würde mir was sagen.
Machtvoll sprießt es überall und das Grün bricht aus den Zweigen. Mitte April haben wir endlich Frühling, auch wenn ich noch friere.

Gestern Mittag bekam ich Bescheid, dass die Veränderung am Zungengrund gutartig wäre und ich mir keine weiteren Sorgen machen muss.
Hallelujah! Göttin sei Dank!

Seit dem Satz des Arztes „Sie haben da etwas, was mir nicht gefällt“ ging ich zehn Tage völlig geplättet durch diese Welt. Der Schnitt in der Zunge war ziemlich schmerzhaft und es macht keinen Spaß, eine Naht an der Zunge zu haben. Die Warterei auf das Ergebnis war die Hölle – ich lief wie ein Zombie rum.
Wie sehr ich angespannt war merkte ich erst so richtig, als dann gestern die Anspannung von mir abfiel.

Und jetzt atmen wir durch. Und fallen uns seit gestern immer wieder in die Arme. Und auch wenn ich noch Schmerzen im Mund habe und von der letzten OP (die hatte ja bekanntlich dann doch nix mit Krebs zu tun…) etwas geschwächt bin spüre ich einen Tatendrang und bastele in unserer Wohnung rum.

Ich höre Lindenberg, ich tanze durch die Bude und setze mich immer wieder für eine Kippe an den Schreibtisch, um so ein Zeug wie das hier zu tippen, mich bei Facebook rumzutreiben und n bisschen Werbung für meine Bücher und die nächsten Lesungen zu machen.

Das Leben ist wunderbar.


Claudia musste eine Woche lang einen in sich gekehrten Hermann ertragen, der völlig neben den Schuhen stand. Zu nix zu gebrauchen starrte ich stundenlang auf den Bildschirm des Computers und war unzufrieden, voller Ängste und eigentlich nicht richtig da.
Sie aber war da für mich, verstand meine Anspannungen und gab mir ihre Liebe.
Keine Ahnung, wie ich das ohne sie überstanden hätte. Wahrscheinlich hätte ich irgendeinen Blödsinn gemacht, so hielt sich das in Grenzen.
Ich weiß nicht, wie ich das wieder gut machen kann. Wahrscheinlich gar nicht. Aber darum geht es auch nicht.
Es geht um Liebe und um unser gemeinsames Leben.
Und ich glaube immer mehr daran, dass wir unschlagbar sind.
Auch wenn 2013 uns bisher immer wieder fickt und das Gegenteil beweisen will.


Und noch zwei Tage später.
Ja. Und dazu stehe total:
Ich bin ein romantisches, treues und monogames Arschloch. Aus tiefster Überzeugung. Und bis auf Jugendsünden eigentlich schon immer.
Ich stehe ja auch zu meinem Gefühlsanarchismus.
Eine frühere Liebe nannte mich „niedlicher Spinner“. Auch dazu stehe ich.

Ich meine, Ihr dürft lieben wen, wie, was, wann und wo Ihr wollt. Hauptsache, Ihr liebt. Und natürlich erst mal Euch selber.
Da habe ich Euch – da hat niemand Euch was reinzureden.

Ich liebe meine Frau, unsere Hündin, viele unserer FreundInnen, die Poesie und die Musik.
Und als ich vor beinahe drei Jahren das Ja-Wort gesprochen habe, da meinte ich das so groß, wie es klingt: Für immer.
Ich halte nichts davon, sich bei Krisen sofort zu trennen. Ich denke, eine Liebe kann man nur zum Bleiben überreden, wenn man immer bereit ist, für sie zu kämpfen und wenn man immer zu ihr steht. Dann verändert sich die Liebe. Oft wird sie noch größer und wunderbarer und daran glaube ich. Kann natürlich auch schief gehen, sollte aber einen Versuch wert sein.
Ich habe sehr viele alte Ehepaare erleben dürfen, die auch im hohen Alter sich total geliebt haben und gemeinsam ihren Lebendabend genossen. Das will ich auch.
Mit meiner Frau, die jetzt schon genug Scheiße und Ängste mit mir zu ertragen hat.

All das soll kein Plädoyer für die Monogamie oder die Ehe sein. Es ist mein Ding, mehr nicht.
Euer Eigenes müsst Ihr schon selber finden…


Uupps. Tausendvierhundert Worte. Das Ganze fing als therapeutische Ablenkung von dem Biopsie-Ergebnis an, die habe ich ja nun Göttin Sei Dank nicht mehr nötig.
Vielleicht dann die nächsten Blogs wieder Gedichte.
Oder ne Abrechnung mit dem ehemaligen Saubermann des Fußballs…

  








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