Schreiben über Bücher? Habe ich schon so oft gemacht, werde
ich noch ohne Ende machen. Jetzt mal nicht.
Filme.
Ich erinnere mich noch halb an einen Film meiner Kindheit.
Ein Ami-Schinken. Irgendwas mit einem Jungen und einem Reh. Und ich glaube, das
war der erste Farbfilm, den ich gesehen habe. Scheiße, ich habe keine Ahnung,
wer da mitgespielt hat, von wem der Film ist oder überhaupt wie er heißt.
Gehört trotzdem zu meiner Favoriten-Liste.
Dann natürlich die Pipi Langstrumpf Filme. Und die
Augsburger Puppenkiste in der Glotze. Pan Tau. So was.
Ich wurde älter, erwachsener.
Und entdeckte James Bond. Ich gestehe, ich wurde mit Roger
Moore „erwachsen“, Sean Connery entdeckte ich erst später. Ich liebte James
Bond. Lernte Ironie kennen. Chauvinismus, der niemals bösartig war, wurde von
mir kopiert, merkwürdigerweise schleppte ich die Frauen nicht sofort ab. Das
war egal. James Bond war geil: Politisch nie korrekt, aber darum ging es ja
auch nicht.
Action und Unterhaltung – und ironische Distanz. Das
reichte.
Und damit habe ich auch die neueren Bond-Filme kommentiert. Mehr ist da nicht nötig.
Indiana Jones war ähnlich. Einfach geil. Gehirn ausschalten
und genießen und dann funktioniert das.
Ich kann hier nicht die „Love Story“ verschweigen. Der Film
löste jedes Mal Tränen bei mir aus.
Und dann die Filme, die mich prägten, mich ein Leben lang
begleiten werden und einfach göttlich sind:
Casablanca
Harold and Maude
Zwölf Uhr Mittags
Einer flog übers Kuckucksnest
Betty Blue
Jenseits
von Eden
Philadelphia
Spiel mir das Lied vom Tod
Almoust famous
Fight Club
Ich könnte diese Liste endlos verlängern, habe mit
Sicherheit einige Filme vergessen, aber belasse es jetzt mal dabei.
Als ich meine erste Krebsdiagnose bekam und das Wochenende
für mich in meiner Bude rausholte, da musste ich unbedingt noch mal alle drei
Teile vom „Herr der Ringe“ sehen. Und das war grandios, auch wenn ich die Filme
nur halb wahrnahm!
„Star Wars“(alle Teile) und „Avatar“ und Batman.
Wenn ich Filme gucke, will ich abtauchen. In Bilder und
Stories. Die Realität ist grausam genug.
Und damit bin ich auch schon bei Tarrantino.
Ich liebe ihn!
Amüsiere mich köstlich und finde das Film-Blut nicht so
schlimm, wie das der Terroropfer oder Kriegsgeschädigten in der Wirklichkeit.
Es gibt noch tausend geile Filme. Aber irgendwann muss es
reichen.
Mittlerweile schwebe ich am Schreibtisch, „Tonight’s the
night“ von Neil. Einfach göttlich.
Maya, unsere Hündin, liegt zu meinen Füßen und Claudia,
meine Frau, schläft nebenan. Ich hoffe, sie kann schlafen.
Wir haben harte Tage hinter uns. Und morgen bekomme ich Bescheid,
ob ich erneut einen Tumor habe. Diesmal an der Zunge.
Ich kann nicht schlafen. Ich bin nicht bei mir und nicht bei
meiner Liebe. Wir haben drei Uhr in der Nacht und ich schreibe über Filme und
Neil Young.
„Trans“ von Neil Young (das Ding ist von 1982!) ist eine
abgefahrene Scheibe. Damals fanden sie fast alle Scheiße, ich auch. Jetzt läuft
sie gerade ziemlich laut und ich tanze grinsend durch meine Bude. Mann! Neil
Young war und ist genial! Und hat Humor und Mut. Und „Trans“ ist da der
absolute Beweis. Nur, dass diese Scheibe ihrer Zeit weit voraus war und
natürlich jeden Neil Young Puristen schockierte.
Neil Young macht auf Computer! Das war genauso schlimm, wie
der Wechsel zur E-Gitarre von Bob Dylan! Und auch der war genial.
Heute ist Neil Young Tag. Mal wieder. Und das ist immer
wieder geil.
Nach „Trans“ knalle ich mir „After the goldrush“ rein. Das
war eine meiner ersten Neil Young Scheiben. Und das Vinyl hatte ein
wunderschönes Innencover. Eigentlich müsste das irgendwo in meiner Wohnung
hängen, aber ich habe die Platte im Anfall von Wahnsinn verschenkt als ich auf
CDs umstieg. Ich liebe „After the goldrush“, auch wenn es objektiv keins der
Meisterwerke von Neil ist.
„Weld“ dagegen ist unbestritten ein Meisterwerk. Ich hatte
das Glück, diese Tour live zu sehen. Wow!
Willkommen in 2013: „Psychodelic Pill“! Ja! Neil ist
unschlagbar.
Über Neil Young, Peter Gabriel, New Model Army, Ton Steine
Scherben, Herman Brood, Tom Waits, Udo Lindenberg, dEus, Porcupine Tree … und
natürlich Keith Richards und die Rolling Stones könnte ich tausende Seiten
schreiben.
Das meiste wäre absolute Glorifizierung und Begeisterung
ohne Ende.
Über Musik reden ist wie zu Architektur tanzen. N Zitat von
but alive.
Und die hatten eh immer Recht.
Also stoppe ich das jetzt mal.
Zwei Tage später (anderthalb, in Anbetracht der nächtlichen
Zeit der vorherigen Zeilen).
Ich habe mittlerweile zwei Tage nur Neil Young gehört und
alle Platten durch. Jetzt therapiere ich mich mit Udo Lindenberg. Manchmal habe
ich komische Gelüste…
Die Sonne scheint heute so schön, als wüsste sie Bescheid
und würde mir was sagen.
Machtvoll sprießt es überall und das Grün bricht aus den
Zweigen. Mitte April haben wir endlich Frühling, auch wenn ich noch friere.
Gestern Mittag bekam ich Bescheid, dass die Veränderung am
Zungengrund gutartig wäre und ich mir keine weiteren Sorgen machen muss.
Hallelujah! Göttin sei Dank!
Seit dem Satz des Arztes „Sie haben da etwas, was mir nicht
gefällt“ ging ich zehn Tage völlig geplättet durch diese Welt. Der Schnitt in
der Zunge war ziemlich schmerzhaft und es macht keinen Spaß, eine Naht an der
Zunge zu haben. Die Warterei auf das Ergebnis war die Hölle – ich lief wie ein
Zombie rum.
Wie sehr ich angespannt war merkte ich erst so richtig, als
dann gestern die Anspannung von mir abfiel.
Und jetzt atmen wir durch. Und fallen uns seit gestern immer
wieder in die Arme. Und auch wenn ich noch Schmerzen im Mund habe und von der
letzten OP (die hatte ja bekanntlich dann doch nix mit Krebs zu tun…) etwas
geschwächt bin spüre ich einen Tatendrang und bastele in unserer Wohnung rum.
Ich höre Lindenberg, ich tanze durch die Bude und setze mich
immer wieder für eine Kippe an den Schreibtisch, um so ein Zeug wie das hier zu
tippen, mich bei Facebook rumzutreiben und n bisschen Werbung für meine Bücher
und die nächsten Lesungen zu machen.
Das Leben ist wunderbar.
Claudia musste eine Woche lang einen in sich gekehrten
Hermann ertragen, der völlig neben den Schuhen stand. Zu nix zu gebrauchen
starrte ich stundenlang auf den Bildschirm des Computers und war unzufrieden,
voller Ängste und eigentlich nicht richtig da.
Sie aber war da für mich, verstand meine Anspannungen und
gab mir ihre Liebe.
Keine Ahnung, wie ich das ohne sie überstanden hätte.
Wahrscheinlich hätte ich irgendeinen Blödsinn gemacht, so hielt sich das in
Grenzen.
Ich weiß nicht, wie ich das wieder gut machen kann.
Wahrscheinlich gar nicht. Aber darum geht es auch nicht.
Es geht um Liebe und um unser gemeinsames Leben.
Und ich glaube immer mehr daran, dass wir unschlagbar sind.
Auch wenn 2013 uns bisher immer wieder fickt und das
Gegenteil beweisen will.
Und noch zwei Tage später.
Ja. Und dazu stehe total:
Ich bin ein romantisches, treues und monogames Arschloch.
Aus tiefster Überzeugung. Und bis auf Jugendsünden eigentlich schon immer.
Ich stehe ja auch zu meinem Gefühlsanarchismus.
Eine frühere Liebe nannte mich „niedlicher Spinner“. Auch
dazu stehe ich.
Ich meine, Ihr dürft lieben wen, wie, was, wann und wo Ihr
wollt. Hauptsache, Ihr liebt. Und natürlich erst mal Euch selber.
Da habe ich Euch – da hat niemand Euch was reinzureden.
Ich liebe meine Frau, unsere Hündin, viele unserer
FreundInnen, die Poesie und die Musik.
Und als ich vor beinahe drei Jahren das Ja-Wort gesprochen
habe, da meinte ich das so groß, wie es klingt: Für immer.
Ich halte nichts davon, sich bei Krisen sofort zu trennen.
Ich denke, eine Liebe kann man nur zum Bleiben überreden, wenn man immer bereit
ist, für sie zu kämpfen und wenn man immer zu ihr steht. Dann verändert sich
die Liebe. Oft wird sie noch größer und wunderbarer und daran glaube ich. Kann
natürlich auch schief gehen, sollte aber einen Versuch wert sein.
Ich habe sehr viele alte Ehepaare erleben dürfen, die auch
im hohen Alter sich total geliebt haben und gemeinsam ihren Lebendabend
genossen. Das will ich auch.
Mit meiner Frau, die jetzt schon genug Scheiße und Ängste
mit mir zu ertragen hat.
All das soll kein Plädoyer für die Monogamie oder die Ehe
sein. Es ist mein Ding, mehr nicht.
Euer Eigenes müsst Ihr schon selber finden…
Uupps. Tausendvierhundert Worte. Das Ganze fing als
therapeutische Ablenkung von dem Biopsie-Ergebnis an, die habe ich ja nun Göttin
Sei Dank nicht mehr nötig.
Vielleicht dann die nächsten Blogs wieder Gedichte.
Oder ne Abrechnung mit dem ehemaligen Saubermann des
Fußballs…
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