Mittwoch, 10. April 2013

"Sie haben da etwas, was mir nicht gefällt."



Erinnert Ihr Euch an meine Neujahrswünsche? Und an den Satz „Es kann nur besser werden!“?
Bisher will mir 2013 wohl das Gegenteil beweisen. Und lässt mich Achterbahn fahren.
Eigentlich mag ich Achterbahnen, aber jetzt wird es mir dann doch zu viel.

Dieses Jahr begann mit der bescheuerten Reha und einer Woche Verlängerung. Ich hatte mich gerade erholt, da packte mich die Magen- und Darmscheiße, die ich erst ignorierte, auf einen Infekt reduzierte. Das funktionierte nicht und ich wurde mit erneuten Tumorverdacht ins Krankenhaus eingewiesen, wo sich dann herausstellte, dass ein Zahnstocher sich in meine Darmwand gebohrt hatte.
So was von dämlich (aber erklärbar, da ich Schluckstörungen habe und im Mund beinahe gelähmt und gefühllos bin…)!
Ich habe die OP überstanden und bin beinahe wieder hergestellt und fit.
Noch n bisschen müde, noch n bisschen abgemagerter, als es gut ist. Aber es ist alles okay.
Und dann heute Morgen die Tumornachsorge.

„Sie haben da etwas, was mir nicht gefällt. Wir müssen eine Biopsie machen.“
Seit sechs Jahren habe ich diesen Satz befürchtet, heute erwischte er mich völlig unerwartet.
Ich hatte mit dem Routinescheiß gerechnet, schließlich hatte ich alle möglichen und unmöglichen Untersuchungen in Reha und Krankenhaus schon hinter mich gebracht. Und dann das.
Morgen wollten sie ran, ich habe es um eine Woche verschoben, da ich noch eine Lesung in Darmstadt habe und da unbedingt hin will.
Und jetzt therapiere ich mich an meinem Schreibtisch.

„Sie haben da etwas, was mir nicht gefällt.“
Ja. Habe ich.
Mein Kopf und vor allem mein Kiefer und mein Gaumen und meine Zunge gefallen mir auch nicht. Mein Untergewicht und meine Müdigkeit finde ich nervig. Und meine unsaubere und sabbernde Artikulation finde ich zum kotzen. Apropos kotzen: Ja. Muss ich eh oft. Und die Aspirationsgefahr ist riesig.
Was der Arzt meinte ist allerdings noch beschissener für mich.
Es sei denn, er macht auf Panik, wo eigentlich nichts ist.
Was weiß denn ich.

Ich hatte den Krebs für mich abgeschlossen. Klar, meine Behinderungen. Aber ich habe sechs Jahre überlebt, drei Bücher veröffentlicht und einige Lesungen durchgezogen. Und ich habe eine Hündin, die auch jetzt zu meinen Füßen liegt und eine Frau, die ich über alles liebe und wahrhaftig geheiratet habe – und vor sieben Jahren wäre das unmöglich gewesen.
Es war eine Illusion: Krebs ist nie abgeschlossen. Er wird mich mein Leben lang begleiten. In meinen postoperativen Behinderungen und in meiner Angst.
Und Angst habe ich momentan.
Mehr, als mir lieb ist.

„Sie haben da etwas, was mir nicht gefällt.“
Mir gefällt der Arzt nicht. Ich weiß nicht, wie er heißt, er hat sich nicht vorgestellt.
Ich frage ihn nicht. Ich frage auch nicht nach der Biopsie und den möglichen Befunden. Ich bin nicht doof, ich weiß, was das bedeuten kann.
Gar nichts oder alles. Leben oder Todesurteil.
Fuck.
Ich weiß, dass ich chirurgisch in den besten Händen bin. Menschlich sind das Arschlöcher, aber dafür habe ich meine Frau, meine Freunde und meine Leser, die ich teilhaben lasse und die auch dadurch müssen (Anmerkung: diese Schreibweise zeigt mir mein Rechtschreibprogramm an. Ich zweifele…).

Und das ist es erst mal für heute.
Prost!

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