HeyHo!
Es gibt noch ein paar Restexemplare von „Ausgehöhlt – Im Krebsstrudel“
(Roman, 187 Seiten, 14,95€ + 1,45€ Porto) bei mir zu kaufen.
N paar Stimmen dazu:
„Gestern dein Buch in einem Ritt durchgelesen
und kann nur sagen: ich verbeuge mich vor dir! Und das ist nicht nur so dahin
gesagt. Hier und da hat es mich an meine eigene Tumoroperation (mit deiner
nicht zu vergleichen) und deren Folgen erinnert. Ein in vielerlei Hinsicht tief
bewegendes Buch, und doch nicht ohne Humor – könnte ner Menge Leuten Mut machen
…“
Florian Günther
„Wie seine
Lyrik ist auch der Roman schonungslos offen. Hermann lässt die Hosen runter,
entblößt sich vor seinen Leser/-innen. Ob es nun seine Angst vor der OP ist,
das Entsetzen nach der OP, als er das erste Mal in Spiegel schaut und
visualisiert, was es heißt, alle Zähne und den Oberkiefer entfernt zu bekommen,
oder ob es seine Nachbehandlungen sind. Verbrennung im Mund nach der
Bestrahlung. Zusammenbrüche in seiner Wohnung, weil er zu schwach ist, aber
sich weigert sich eine Magensonde legen zulassen und lieber unter Schmerzen
Suppen und streng passierte Kost schluckt. Er magert runter von 80 auf 48 kg. Und
doch ist immer wieder spürbar, dass er nicht aufgeben will. Das Leben ist
lebenswert! Hermann lässt sich nicht unterkriegen, kämpft, denn schließlich hat
er mittlerweile sechs Abstiege des VfL Bochum überlebt. Was soll ihm der Krebs
da noch anhaben?
Er schreibt mit Gefühl, zeigt seine Gefühle und lässt uns daran teilhaben.“
Er schreibt mit Gefühl, zeigt seine Gefühle und lässt uns daran teilhaben.“
Jerk Götterwind
„Hermann Borgerding, gebürtig aus
Castrop-Rauxel und heute in Bochum beheimatet, hat nichts ausgelassen in seinem
Leben, nicht Sex, Drugs, Suff oder Rock`n`Roll. War Sänger und Gitarrist,
Underground-Poet, Rock-Fanatiker, Taxifahrer stets auf der Überholspur und bis
zum Ausbruch seiner Krankheit als Krankenpfleger tätig. Alles das kommt auch
vor und noch viel mehr: nämlich sein trotziger Willen zum Leben, zum Überleben,
und dass ihm die Musik Kraft gab, die Poesie und vor allem: seine Freunde, die
ihn unterstützen, aber nie vereinnahmten. Es steckt eine unglaubliche
Zuversicht in und zwischen den Zeilen dieser ungewöhnlichen Autobiografie, und
man wundert sich, dass Borgerding es trotz seiner Schmerzen, seiner
Einschränkungen und seiner Ängste schafft, nicht nur für sich selbst
lebensfreudig in die Zukunft zu schauen, sondern auch noch dem Leser jede Menge
positive Energie mit auf den Weg zu geben.
„Ich habe sechs Abstiege des VfL Bochum überlebt. Da lasse ich mich doch nicht vom Krebs besiegen!“, schreibt er an einer Stelle und zieht sein persönliches Fazit: „Trotz aller Scheiße, das Leben ist lebenswert und es lohnt sich.“
„Ich habe sechs Abstiege des VfL Bochum überlebt. Da lasse ich mich doch nicht vom Krebs besiegen!“, schreibt er an einer Stelle und zieht sein persönliches Fazit: „Trotz aller Scheiße, das Leben ist lebenswert und es lohnt sich.“
Uli Engelbrecht
Und hier ne
Leseprobe:
Der entscheidende
Morgen. OP-Hemd. OP-Haube. Die Scheißegal-Pillen. Klasse! Jetzt ist es mir
wirklich scheißegal. Ich lache und versuche Witze zu machen, aber irgendwie
funktioniert das nicht. Dann schieben sie mich durch den Nebel. Ich glaube, mir
ist kalt. Ich weiß, ich hab Angst. Dann weiß ich nichts mehr…
Ich habe eine Erektion.
Eine geile Blonde fummelt an meinem Penis, manipuliert, benutzt die Hände. Ja! Nimm ihn in den Mund! Schluckst du auch?
Sie führt mir etwas in meine Harnröhre, die Erektion schwindet, das ist nicht
meine Form von Sex.
Trompetensolo.
Eigentlich mag ich keine Trompeten. Es schaukelt. Bin ich auf einem Boot? Ich
bin auf einer Fähre auf dem Ozean. An der Reling steht Helga Feddersen und der
unvergleichliche Sven Regener singt. „Niemand ist gern allein, mitten im
Atlantik / diesmal, mein Herz, diesmal fährst du mit“.
Ich muss kotzen. Nee, muss ich gar nicht.
Überall Blut. Die Putzfrau wischt es auf – halt, das heißt ja jetzt
Reinigungsfachkraft. Aber deshalb bekommt sie auch nicht mehr Geld. Es wackelt.
Ich knutsche. Ein geiler Zungenkuss mit einer Unbekannten, unser Speichel
vermischt sich. Als wir den Kuss beenden greift sie meine Zunge mit den Fingern
und schneidet sie ab. Dann kratzt sie mit einem Löffel meinen Mund aus. Es
regnet, Gott segnet, die Erde wird nass. Ich habe keine Schmerzen, ich spüre
nichts. Ist das hier ein Traum? Träumt man in der Narkose? Ich sehe einen
Engel. Ich sehe mich auf dem OP-Tisch. Ach so. Ich habe einen Katheter. Is nix
mit Oralsex – war nur das Katheterlegen.
Blut, Schleim,
aufgesägte Knochen. Verbranntes Fleisch. Die Decke bröckelt über mir. Merken
das diese Idioten denn nicht? Der Putz rieselt auf mein Gesicht, ich habe einen
dicken Brocken in meinem Mund, verschlucke mich daran, ersticke. Nee. Jetzt ist
er runter gerutscht. Ich ersticke doch nicht. Muss scheißen. Kann es nicht
halten. Egal.
Rio singt von einer vergangenen Liebe.
Junimond im Januar. Ich zerfließe. Fühle Brüste, große Brüste. Versteifte
Brustwarzen. Ich nuckel immer gerne. Ich trete die Brüste – auf einmal haben
sie sich in Fußbälle verwandelt. Ein klasse Schuss von mir, aber der Torwart
fliegt und klatscht den Ball noch um den Pfosten. Der Torwart bin ich.
Verbranntes Fleisch, brennende Haare. Es stinkt erbärmlich aber meine Nase ist
zu, gefüllt mit irgendwas – was weiß denn ich. Ich will schlafen. Das ist
ekelhaft. Merken die denn nicht, dass die Narkose gar nicht anschlägt, ich den
Horror live erlebe?
Ich springe vom
3-Meter-Brett und tauche glatt in das kalte, perlende Wasser. Schön.
Ich tauche ab und bin
wieder weg…
Es stürmt.
Break.
Weiß. Alles weiß. Ich
tauche ein in weißes Licht, werde zu weißem Licht. Irgendwie so. Oder anders.
Nicht in Worte zu fassen. Ich bin weißes Licht.
Break.
Ich habe Angst vor der
Liebe.
Ich habe Bock auf
Zärtlichkeit, Bock auf Nähe, Bock auf Wärme und Bock auf Gemeinsamkeit. Aber
ich habe Angst vor der Liebe und bei mir kommt die Liebe schon oft bei nur
einer dieser Sachen angeschlichen. Und hat mich dann im Griff. Aber volle
Kanne.
Eines meiner Probleme: Ich
verliebe mich zu schnell. Und dann halte ich zu fest und dann will ich nicht
mehr loslassen und dann falle ich irgendwann auf die Schnauze und dann tut es
wieder höllisch weh. Und das tut es dann immer:
höllisch weh.
Break.
Wo bin ich? Bin ich noch
am Leben? Wer bin ich? Was bin ich? Warum bin ich? Bin ich?
Break.
Ich auf der Schulter
meines Vaters. Pferderennen in Castrop-Rauxel. Ich bin ca. 4 Jahre alt. Und
fühle mich unbesiegbar. Beschützt. Viel zu selten hat mein Vater mir dieses
Gefühl vermittelt.
Break.
Ich in einem
Krankenzimmer. Ich bin 5 Jahre alt und hatte einen Unfall. Die Kette meines
Fahrrads war gerissen, ungebremst fuhr ich ein Gefälle runter, knallte mit dem
Vorderrad an die Bordsteinkante, flog und überschlug mich, landete mit dem Kopf
an einer Mauer. Gehirnerschütterung, Armbruch, Nasenbeinbruch, Kieferbruch.
Meine Mutter füttert mich mit einer Schnabeltasse und frisch gekochter Suppe.
Meine Schwester und meine Freunde stehen unten vor dem Fenster und rufen nach
mir. Sie dürfen das Krankenzimmer nicht betreten. Eine riesige Zahnlücke wird
mich bis zu meinem achtzehnten Geburtstag begleiten. Ich bin fest überzeugt,
dass der Kieferbruch und die seit frühester Kindheit fehlenden Schneidezähne
und die ständige Zahnklammer mit Auslöser für den Krebs sind. Nicht nur das
Rauchen.
Break.
„Ich bin doch gerade
erst gewaschen worden!“
Ich weiß, dass das nicht
stimmt.
„Aua! Du tust mir weh!“
Ich habe sie noch gar
nicht berührt.
Die Dame im Bett ist
eine meiner Lieblingspatientinnen. Sie hat fürchterliche Angst, vor jeder
Bewegung und jeder Berührung.
Ich versuche, zügig und
vorsichtig nur das Nötigste zu machen. Eine Intimpflege und den alten Schweiß
entfernen. Das muss einfach sein, sonst geht mir diese Dame noch mehr auf, wird
zur liegenden Ganzkörperwunde. Und hat dann noch mehr Schmerzen.
Nach der Körperpflege
setze ich mich an die Bettkante, nehme ihre Hand. Sie wird ruhig, entspannt
sich. Grinst mich an:
„Ich habe dich lieb…“
Ich nicke: „Ich Sie
auch…“
Break.
All diese Bilder. Jedes
Bild erzählt eine Geschichte. Wie ein Stummfilm läuft das ab. Ist das mein
Leben, das sich vor meinem inneren Auge abspult?
Ich sehe Thomas,
Susanne, Karen, Anne. Ich sehe meine biologische Schwester, obwohl ich die vier
Freunde eher als meine wahren Geschwister bezeichnen würde. Blutsbrüderschaft
oder so. Aber von Blut will ich nichts wissen.
Ich sehe meine Mutter,
sie weint. Sie soll damit aufhören! Wenn, dann hätte ich einen Grund zu weinen!
Jetzt muss ich sie trösten.
Irgendwie weinen
plötzlich alle. Selbst Thomas. Da muss ich auch weinen. Meine Tränen vermischen
sich mit Blut.
Break.
Ich liege in einer
Pfütze. Das Wasser rinnt aus all meinen Poren und füllt das Krankenbett. Wenn
die das nicht bald wegmachen, werde ich ertrinken! Ich habe keine Beine und
Arme mehr. Was ist das auf meinem Hals? Das ist doch nicht mein Kopf! Was ist
das in meinem Hals? Das gehört da
nicht hin! Ich kriege keine Luft mehr! Hilfe!
Und dann kommt endlich
wieder diese milchige Nebelsuppe. Hüllt mich ein, wie in Watte. So möchte ich
bleiben.
Break.
In und um mir Musik.
Neben mir Thomas, der seine Riffs auf der Gitarre spielt und mich im Rhythmus
stützt. Anne gibt an den Drums einen tierischen Beat vor, treibt uns an. Klaus
hämmert das Bass-Grundgerüst. Ich dresche auf meine Gitarre ein, tanze zum
Mikro. Singe Jenseits von Eden. Plötzlich steht Rio Reiser neben mir, stimmt
ein:
„Heiß heiß kochend heiß
weiß weiß blühend weiß
Liebe was ist das
das ist das Leben in der Stadt
Was soll daran schlecht sein
Liebe kommt von Unten
Liebe hat schwache Worte
Ich will nicht, dass du in schwarz gehst
wenn ich tot bin
Ach ich bin so müde
Will zurück ins Leere
Heiß!“
Was soll das? Dieses
Lied können wir unmöglich covern! Rio ist viel zu gut! Da kann man sich doch
nur blamieren!
Merkwürdigerweise
schaffen wir es. Ich komme sogar mit der Atmung und dem Gesang klar. Und wir
stecken voller Energie, vereinigen diese, können sie in unsere Instrumente
packen und bringen es voll rüber! Dieses geile Gefühl ist unbeschreiblich. Ein
gemeinsamer Orgasmus. Ein Rausch, völlig ohne Drogen und deshalb klar und umso
intensiver. Heiß!!!
Break.
Ich glaube, langsam
tauche ich auf.
Wenn mich nicht alles
täuscht, dann höre ich einen fürchterlichen Sturm. Aber das muss draußen sein.
Irgendjemand wischt irgendwas auf. Bilde ich mir das ein, oder haben sich da
wirklich Fliesen von der Wand gelöst? Wo bin ich?
„Atmen sie! Sie müssen
atmen!“
Ich mache es. Werde von
der künstlichen Beatmung abgestöpselt. Versuche, zu sprechen.
„Nur ruhig. Sie liegen
auf der Intensivstation und haben die Operation überstanden. Gleich werden Sie
abgeholt und zurück auf ihr Zimmer gebracht.“
Eine Schwester und ein
Pfleger. Ich nehme sie kaum wahr. Bekomme aber mit, dass sie sich fürsorglich
und intensiv um mich kümmern.
Bin ich jetzt wirklich
wieder da? Oder ist das nur ein anderer, etwas freundlicher Traum?
Ich kann mich nicht
bewegen. Es kommt mir vor, als hätte ich überall Schläuche und künstliche Ein-
und Ausgänge. Dann kommt eine Krankenschwester, die ich zu kennen glaube.
„Hallo Herr Borgerding.
Wir bringen Sie wieder zurück.“
Keine Ahnung, wie oder
was. Aber ich habe es überstanden. Aus meinen Augen fließen Tränen. Ein
Sturzbach. Ich weine ungehemmt.
Ich lebe.
Der Tag meiner Operation
ist der Tag, an dem Kyrill über Nord-Rhein-Westfalen tobt.
Das wird mir später
erzählt. Ich bekomme vom Sturm nichts mit. 13 Stunden liege ich auf dem
OP-Tisch. Es ist verdammt knapp und der Professor erzählt mir später, dass er
meine Patientenverfügung „ein wenig auslegen“ musste. Es fließt viel Blut, eine
Halsschlagader muss geflickt werden. Mein Hals und fast der gesamte Oberkiefer
werden massiv leer geräumt.
Nach zwei Tagen komme
ich von der Intensivstation wieder auf mein Zimmer. Ich bin noch nicht ganz da.
Ich glaube, meine Schwester und meine Nichte zu sehen. Ich sehe Susanne und
hebe den Daumen hoch, als Zeichen, dass alles gut gegangen ist.
Ich weiß nicht genau, ob
alles gut gegangen ist. Aber ich lebe. Und weiß genau: ich will weiter leben.
Will kämpfen. Scheiß auf die nachfolgenden Behinderungen – im Spiel Krebs gegen
Hermann steht es 1 : 0 für mich. Das Tor ist ne geile Kombination des gesamten
Teams, welches aus meinen Freunden, dem Operationsteam und mir besteht.
Vollstreckt habe schließlich ich. Man könnte sagen, es ist eines meiner
seltenen Kopfballtore.
Auszug aus „Ausgehöhlt –
Im Krebsstrudel“, veröffentlicht bei
edition PaperONE, Leipzig 2011
vom Autor als Leseprobe zur
Veröffentlichung und Weiterverbreitung freigegeben. Jede weitere Nutzung oder
Verbreitung nur nach schriftlicher Genehmigung des Autors.
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Wenn ich Euch jetzt neugierig gemacht habe, dann könnt Ihr das Ding bei mir bestellen.
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