Mittwoch, 11. Juli 2012

Hermann labert über Facebook, Ron Hard, Arnd Dünnebacke, Urs Böke, die Maulhure. Vielleicht nimmt er Abschied vom Abschied, mit Sicherheit lässt er euch an Jörg Herbigs Eindrücken einer Lesung teilhaben...


Facebook ist doof.
Facebook nimmt es mit dem Datenschutz nicht genau, Facebook spioniert seine Nutzer aus, Facebook schmeißt dich mit Werbung zu. Facebook ist eine Macht und das macht was und das wissen die Mächtigen genau.
Facebook ist doof.
Immer öfter ertappe ich mich, wie ich durch die Facebookseiten surfe, anstatt ernsthaft zu schreiben oder etwas Sinnvolles am Compi zu machen.
Facebook klaut Zeit, macht beinahe süchtig, ist doof.

Und meine Facebookfreundschaften? Ich kenne höchstens ein Drittel der Leute. Bin vielleicht wirklich mit einem Zehntel befreundet. Viele gehen mir am Arsch vorbei.

Facebook ist klasse. Ich habe ein paar wirklich interessante Menschen und Schreiber über Facebook kennengelernt, bekomme von interessanten Menschen interessante Texte, Fotos oder Videos verlinkt, so etwas.
Mit wenigen Tasten kann ich für mich wichtige, witzige oder belanglose Meldungen veröffentlichen und erreiche ziemlich viele Menschen.
Ganz zu schweigen von der Mund zu Mund Propaganda, der Möglichkeit, Werbung für meine Bücher und meinen Blog zu machen. Für Nüsse.
Facebook ist klasse.

Facebook ist doof, Facebook ist klasse, Facebook ist alternativlos.
Nirgendwo sonst hast du die Möglichkeit, so viele Menschen zu erreichen. Als kleiner Schreiber, Musiker oder Künstler ist so eine Plattform unverzichtbar.
Spätestens nachdem sich MySpace platt gemacht hat ist Facebook alternativlos.

Und so werde ich weiter rumsurfen, meinen Kram verlinken und Belanglosigkeiten neben gehaltvollen Sachen posten und verlinken. Und täglich auf mein Facebookprofil  gucken. Und zu viel Zeit damit verbringen.


Ron Hard (oldmannotes.wordpress.com) und Arnd Dünnebacke (arndduennebacke.wordpress.com)  zum Beispiel.
Zwei Schreiber, die für Bukowski-Feeling stehen. Zwei Dichter mit ehrlichen und teilweise auch drastischen Worten, die mich oft genug bereichern.
Beinahe so was wie zwei Freunde, obwohl wir uns bisher nur über Facebook kennen.
Guckt euch ihre Seiten an, lest deren Texte und macht euch selber ein Bild…
Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich diese beiden Schreiber noch dieses Jahr kennenlerne, vielleicht mal mit ihnen auf einer Bühne stehen werde.
Und das könnte abgehen…
Ein Zitat von Ron als Appetithappen (mich stört nur das Wort „Poeme“):  
„Ich schreibe nicht, um irgendwelche verstaubten Regeln aufrecht zu erhalten oder ein „lyrisches Versmaß“ zu erfüllen. Wer das von einem Schreiber erwartet, wird sich bei mir nicht wohl fühlen. Ich schreibe meine Poeme für Menschen. That´s it!“

Ich hätte da noch weitere Beispiele, demnächst  vielleicht.
Ich kenne natürlich auch die Kehrseite der Medaille, Leute, die dich mit dem letzten Dreck zuposten. Im Internet hat jeder die Möglichkeit, seine Texte, Gedichte und Gedanken zu veröffentlichen. Ich mag das. Ich mache das ja auch. Aber Mann, da ist manchmal ganz schöner Mist dabei!


Manch einer von euch hat ja schon mitbekommen, dass ich meinen Essener Kollegen URS BÖKE äußerst schätze! Ein harter und ehrlicher Dichter, kompromisslos in seiner Schreibe, einfach klasse!
Seitdem ich wieder in Literatur mache versuche ich immer wieder, ihn zu überreden, seine Texte auch mal auf einer Lesung zu präsentieren. Er weigert sich da beharrlich und ich habe keine Chance. Scheiße, aber sein gutes Recht. Und noch immer liegt seine Gedichtsammlung zum Lektorat auf meinem Schreibtisch.
Jetzt gibt es ein neues Werk von ihm. „Eine Hinrichtung irgendwo“ ist ein auf 50 Exemplare streng limitiertes Kunstwerk, dass ohne ISBN auskommt. Äußerst liebevoll handgesetzt . Wunderschön. Und dabei habe ich noch kein Wort über die Gedichte verloren!
Also ich habe die Nummer Vier der fünfzig Kunstwerke. Und freue mich tierisch.
Ihn findet ihr unter www.ratriot.jimdo.com .

Zusammen mit Urs und anderen Veteranen der Underground-Szene (HiHi) werde ich als Herausgeber und redaktioneller Mitarbeiter der MAULhURE aufgeführt.
Mann, bin ich da stolz drauf!
Auch wenn ich diesmal die endgültige Verantwortung für Druck- und Tippfehler übernehme und mich meinetwegen dafür steinigen lasse.
Die Maulhure ist einfach klasse! Ich finde dort Texte von Menschen, mit denen ich schon vor zwanzig Jahren gelesen und gefeiert habe, ich finde dort Texte, von Helden und Heldinnen der Underground-Literatur, die mich einfach umhauen. Über 100 Seiten für 9,95 €. Zu beziehen über www.EditionPaperONE.de. Natürlich auch über mich…
Glaubt es mir: Ich kenne keinen besseren Einstieg in den literarischen Untergrund!
(Dabei möchte ich aber all die Fanszines und Zeitschriften keineswegs abwerten und nenne jetzt mal stellvertretend den „Drecksack“, „ElVau“ und den „Superbastard“)


Abschied vom Abschied?
Bleibt alles anders?
Ich habe keine Ahnung. Irgendwie ist alles in der Schwebe.
Momentan deutet es daraufhin, dass ich weiterhin im Ruhrpott rumnerve.
Ich finde das auch gut so, allerdings mit einem weinenden Auge.
Keine Einzelheiten. Außer, dass es momentan alles andere als spaßig und freudig ist.

„Ich bin zu alt für diesen Scheiß!“ (Na, aus welchem Film zitiere ich?)

Aber auch:
„Noch habe ich genug Nerven, um weiter zu machen!“  (N Zitat aus n Song…)
Anyway.

People are strange.

Und live is hard.

Aber mit den Worten von Frank Zappa: „What’s the fuck!“

Gerade kam ein heftiges Gewitter runter.
Der Boden dampft danach. Die Luft ist klar und frisch. Ich mag das.
Lee Clayton aus meiner Anlage.
Meine geliebte Frau kündigt sich an und wir gehen gleich zusammen spazieren. Unsere Hündin entspannt sich auch wieder.
Schön.



Ich zitiere mal wieder. Der große Jörg HerBIG. Seine Eindrücke vor einer Lesung mit mir. Und ich gestehe: ich habe mir die Unsitte angewöhnt, nicht pünktlich zu starten. Aber es gibt auch wenig Schlimmeres, als laute Nachzügler bei einer Lesung…


Jörg Herbig
Coffee & Cigarettes


„Der offizielle Beginn ist seit einer halben Stunde überschritten. Hermann Borgerding nimmt an einem kleinen Tisch Platz und bereitet sich auf seinen Auftritt vor. Die mäßig besetzten Stuhlreihen sind ihm zugewandt. Ein Pärchen mit Dreadlocks sitzt in der dritten Reihe und holt sich zwei Bier aus dem Rucksack. Beide strahlen übers ganze Gesicht.

Ein Mädchen von achtzehn oder neunzehn Jahren streift in schwarzem Minirock und zerrissenen Nylonstrumpfhosen durch den beinahe quadratischen Raum des „Zucker“. Ihre Eisaugen verschießen Salven von Rasierklingen.

Eine Stimme dringt aus dem Off: „Hey, kannst du fünf Minuten, bevor du anfängst, Bescheid sagen? Ich will vorher noch eine rauchen gehen.“

Hermann Borgerding unterbricht das Sortieren seiner Leseutensilien und blickt auf. Er lächelt, als wäre er einem Gleichgesinnten begegnet.

„Du wirst mich dann auch draußen antreffen“, antwortet er.

Hermann Borgerding wirkt für einen Moment wie ein Rebell aus einer Zigarettenwerbung: Auf dem Tisch liegen seine aktuellen Bücher „Mein Mittelfinger dem Krebs“ und „Ausgehöhlt – Im Krebsstrudel“, in denen er von seiner überwundenen Mundhöhlenkrebserkrankung berichtet, nichtsdestotrotz verabredet er sich tollkühn auf eine Zigarette. Ungeachtet der Risiken, der möglichen Vorwürfe, der Vergangenheit.

Es ist nicht seine erste Zigarette an diesem Abend, nicht die erste Zigarette nach dem Krebs. Er liebt das Rauchen. Gäbe es eine Fortsetzung von „Coffee & Cigarettes“, er wäre prädestiniert, darin aufzutreten.

Hermann Borgerding bittet um ein Glas. Seine Stimme ist leise. Er wiederholt seine Frage. Das zerknüllte Stofftaschentuch in seiner Faust geht zum Mund. Er tupft Mundwinkel und Kinn trocken. Jemand hinter der Theke erwidert: „Wozu denn ein Glas?“

Ein Anschwellen der Unterhaltungen verschluckt Hermann Borgerdings Antwort, aber er bekommt ein Wasserglas gebracht.

Das Publikum hat es nicht eilig. Ausgelassene Gespräche sind im Gange. Kleine Gruppen vor und im Laden. Nachzügler trudeln unter viel Trara ein. Das große Schaufenster bietet optimalen Blick auf den Gehweg.

Markus Hintzen und Jerk Götterwind lachen über etwas. Sie stehen seitlich des Tresens an der Wand. Das Mädchen mit den Eisaugen taucht auf und bleibt bei ihnen stehen. Sie kennen sich. Iris, Jerks Frau, tritt ebenfalls hinzu. Sie reden angeregt, unterhalten sich.

Eine Stunde nach offiziellem Anfang beginnt die Lesung. Vorne am Tisch sitzen Hermann Borgerding und Markus Hintzen. Ihre Versuche, Jerk Götterwind zu überreden, auch zu lesen, fruchten nicht.

Am Abend zuvor ist er gemeinsam mit ihnen in St. Ingbert aufgetreten, aber in Darmstadt möchte er ausschließlich Zuschauer sein. Grinsend winkt er ab, als sie es erneut probieren.



Weiter Platzregen und Gewitter.
Unerfreuliches Telefonat mit der Rentenversicherungsanstalt.
Wohnungsputz.

Zwischendurch mal immer ein Blick auf den Compi.

Facebook ist doof…




3 Kommentare:

  1. Habe ich dich richtig verstanden, dass es von Urs Böke in nächster Zeit noch eine weitere Gedichtsammlung geben wird? Du erwähntest, dass du gerade Texte für ihn lektorierst.

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    1. Könnte gut sein... Aber Verlagsmühlem mahlen manchmal langsam... Der Begriff "nächste Zeit" ist äußerst dehnbar... Abwarten ist also angesagt...

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  2. Hey Hermann, ich hoffe sehr und glaube auch daran, dass wir das dieses Jahr noch auf die Reihe kriegen! Auch wenn wir Marvin dabei ins Gesicht schießen sollten ;)

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