Montag, 21. Juli 2014

Eins über Lyrik





Schweinehitze.
Und ich sitze am Schreibtisch und tippe vor mich hin.
Ab und zu der Griff zu einem Buch und heute muss es mal wieder der gute Buk sein. „Das weingetränkte Notizbuch“ (Fischer) ist nicht unbedingt das Highlight seiner Schreibe, ich liebe Hanks Gedichte mehr. Die Sprache erscheint mir manchmal etwas wirr, das mag aber auch an der Übersetzung liegen (es ist eben nicht Carl Weissner). Egal.
In mehreren Texten lässt sich Buk über das Schreiben, die Dichter und Lyrik aus. Und das kann ich (vielleicht) auch:

Dichter?
Ich fange mal bei Villon an. Und komme damit zwangsläufig zu Brecht.
Hölderlin! Heine! Tucholsky, Kästner, Mühsam! Dylan Thomas! Ginsberg! Cummings! Natürlich Bukowski!
Dann die Rock’n’Roller: Dylan! Morrison! Patty Smith! Nick Cave!
Die noch Lebenden: Wolf Wondratschek! Konstantin Wecker! Ludwig Fels!
Die Toten: Peter Paul Zahl! Fauser (der wird überschätzt…)! Die Bachmann!
Keine Liste, weil viel zu viele nicht erwähnt sind. Es würde einfach den Rahmen sprengen, all die Helden und Heldinnen zu erwähnen.
Die spontan genannten bestimmten und bestimmen mein Leben.
Am Schreibtisch. Beim Gedichte tippen.

Noch lieber sind mir die großartigen Dichter, die wie ich im Untergrund rumkrebsen (ich liebe dieses Wort!).
Sie leben.
„Nichts hassen die Toten so sehr wie den Anblick von etwas Lebendigem. Irgendwie wurden wir also an den ganz wenigen Stellen gedruckt, wo man uns zu drucken wagte. Und dann ging das Geschrei der Toten los:
UNRAT! BAH! DAS IST DOCH KEINE LYRIK! Wir werden Sie der Postbehörde melden.“
So der gute alte Charles Bukowski.
Ich nehme einen Schluck auf die Lebenden.

Einen Schluck auf Arnd Dünnebacke, der eine Schreibpause einlegt. Einen Schluck auf Ron Hard, der sich momentan eher der Prosa widmet. Beide fehlen mir.
Einen tiefen Schluck auf den großartigen Urs Böke und einen hinterher für den Berliner Helden Florian Günther. Nicht zu vergessen auf Jerk Götterwind – mein kongenialer Lesungspartner oder so. Dann Lütfiye Güzel und Susann Klossek – Nein: Nicht, weil sie die Frauenquote erfüllen, sondern weil sie unschlagbar gut sind! Einen Schluck auf Kersten Flenter, seine Lyrik ist toll! Robsie Richter, Roland Adelmann, Markus Hintzen, Marcus Mohr: Ich werde langsam besoffen…
Eric Ahrens, Pablo Haller: Wow! Ralf Preusker: Eine Neuentdeckung für mich. Und was für eine!
Ich liebe sie alle!
Prost!

All diese wunderbaren Dichter haben eines gemeinsam: Sie bekommen nicht die Anerkennung, die sie verdient hätten.
Wer liest denn schon Lyrik?

Nun, ich zum Beispiel. Ich lebe mit der Poesie. Und könnte nicht ohne.

„Wir, die wir die Lyrik des Lebens schreiben, viele von uns werden langsam müde und krank und geben fast auf (aber nicht ganz). Dennoch wissen wir, dass wir Gott nicht brauchen, um göttlich zu sein, dass wir keine Gartenpoesie brauchen, um erlöst zu sein, dass wir keinen Krieg brauchen, um frei zu sein, (…) dass wir vielleicht ein wenig weinen sollten um all die reizenden Mädchen, die alt geworden sind, um das verschüttete Bier, die Raufereien auf dem Rasen vorm Haus, bloß weil wir berauscht waren von trauriger Liebe. Ich verteidige entschieden unsere Lyrik, die Lyrik der Lebenden in dieser Generation der Waffenlagerer, ich verteidige unsere Lyrik und unser Recht, sie vorzutragen, unser Recht, sie zu schreiben. Ohne Schlips und Kragen.“
Charles Bukowski 1966.
Und ich unterschreibe heute noch jedes Wort.

Ich an meinem Schreibtisch.
Heutzutage tippe ich nicht mehr auf einer mechanischen Schreibmaschine, sondern direkt in einen Compi. Das macht es für mich leichter, aber eigentlich ist es egal.
Viele der besten Gedichte der besten Dichter entstanden zittrig geschrieben auf Klopapier, mit einem stumpfen Bleistift.
Gute Gedichte entstehen mit Herzblut. Fast immer.
Sommerhitze. Bier und/oder Kaffee. Zigaretten. Zum Beispiel so.

Und die Frage, warum wir schreiben, stellt sich nicht: Wir können gar nicht anders.
Scheiß auf die Kritiker! Scheiß auf die Verkaufszahlen und die Kohle! Es ist einfach unser Ding. Und wenn es gut werden soll, dann ist es das, was wir schreiben wollen und nicht zwangsläufig das, was andere lesen wollen.
Das macht wahre und ehrliche Lyrik aus.
„Ich zwinge die Hand nicht zur Lüge, bloß um ein neues Gedicht zu schreiben.“
Ja, Buk. Nur so geht es.

Ich habe (gerade in meinem Blog) schon viel belanglosen Scheiß geschrieben. Es gibt Gedichte von mir, die finde ich mittlerweile so schlecht, dass ich mich für sie schäme. Aber es gibt auch Perlen und Gedichte, die mich stolz machen. Anyway: Beide Seiten gehören zu mir. Ich stehe dazu.

Was soll‘s?
Ich zitiere mich mal selber:
„Manchmal ersetzt ein Gedicht einen Roman
manchmal eine Bananenflanke, manchmal
eine volle Rechte ans Glaskinn
Ein Gedicht
das ist Leben
Und davon kann ich nie genug kriegen“





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