Was für ein Jahreswechsel!
Wie seid ihr reingekommen? Ich hoffe gut und zuversichtlich.
Zwei Sprüche kann ich nicht mehr hören: „Ich wünsche ein gesundes neues Jahr!“ und „Das neue Jahr
kann nur besser werden…“ Ich wünsche mir das auch. Aber so was ist ja kein
Selbstläufer.
Hier in der Reha gab es verdammt leckeres Essen. Ein super Silvestermenu,
ein leckerer und umfangreicher Neujahrsbrunch – wirklich nett.
Das Feuerwerk soll toll gewesen sein. Ich habe es verpasst,
denn das schönste Geschenk zum Jahreswechsel kam am Nachmittag:
Claudia kam vorbei, brachte Maya mit und wir flohen aus dem
Reha-Altersheim für einen wunderschönen Abend.
Ein Spaziergang zu dritt, eine kleine Pension in der näheren
Umgebung, ein bisschen Sekt und Champagner. Am Neujahrstag dann ein
Mittagsschlaf auf meinem Zimmer und ein Ausflug nach Schmalkalden.
Wir brauchten kein Feuerwerk, wir hatten Wunderkerzen dabei,
die wir dann aber doch nicht abbrannten. Feuer brannte in unseren Herzen, so
schmalzig das klingt, es ist wahr.
Meine Frau auf der Autobahn, vier Stunden unterwegs, wieder
Richtung Essen. Auf dem Rücksitz die Hündin, die überhaupt nix kapiert. Ich in
einem kleinen Zimmer mit Glotze, Stuhl, Tisch und Sehnsucht, die sofort wieder
hochkommt.
Ich höre „Am Fenster“ von City. Passt irgendwie zu
Thüringen. Ich weiß aus nem Telefonat, dass meine Frau dieses Lied auf der
Rückfahrt im Radio gehört hat.
Unsere gemeinsamen Lieder: „Knocked up“ von Kings of Leon.
„Glück“ von Grönemeyer. Alles von Placebo und vieles von New Model Army.
Auch wenn sie wie fast alle Frauen keine Ahnung von Musik
hat, wir können uns oft einigen.
Der nächste Tag.
Ich bin selber krank
und alt. Da brauche ich nicht noch mehr Alter und Krankheit um mich herum. Das
deprimiert mich nur.
Ich weiß, das klingt unfair und überheblich. Trotzdem.
Die Logopädin ist sehr nett.
„Wunder können wir nicht bewirken.“
Ich nicke. Ich weiß. Aber ich bin auch nicht freiwillig hier
und so probieren wir, das Beste aus der Situation rauszuholen. Manuelle
Logopädie, ich bin gespannt. Vielleicht bringt das ja wirklich noch n bisschen
was.
Hier ist alles klein. Mir zu klein.
Den See habe ich in ner viertel Stunde umrundet. Der Ort hat
für mich wenig Charme. N paar nette und wirklich schöne Häuser, das tolle
Gradierwerk und n bisschen historische Stadtmauer – das war es auch schon.
Ich sehne mich nach den Ruhrpott.
Und gleich dann Abendbrot. Und danach die Glotze. Heute ist
Johnny Depp – Abend auf arte. Das hat doch was!
Und wenn ich ins Internet komme, dann schicke ich das morgen
früh in die wirkliche Welt.
Ich weiß, die gibt es.
Irgendwo da draußen.
Bei meiner Liebe.
Bei Euch.
…
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