Um 6.30 Uhr
klingelt unser Wecker: Um 10.00 Uhr müssen wir in Bochum im KrankMachendenHaus
sein und wir haben ca. anderthalb Stunden Fahrt vor uns, bei unsicherem Wetter.
Eindeutig nicht
meine Uhrzeit…
Egal. Hundegang,
Auto frei kratzen. Auf die Autobahn.
Wir schaffen es, 20 Minuten vor dem Termin da zu sein.
Wir schaffen es, 20 Minuten vor dem Termin da zu sein.
Die Frau an der
Anmeldung der Mund-, Gesichts und Kieferchirurgieambulanz grüßt mich freundlich.
Sie kennt mich nach 9 Jahren.
„Dieses Jahr
werden wir uns wohl wieder öfters sehen…“
„Haben Sie denn
einen Termin, Herr Borgerding?“
Sie findet ihn
nicht. Wirkt generell gestresst.
„Dann setzen Sie sich mal in den Wartebereich…“
„Dann setzen Sie sich mal in den Wartebereich…“
Claudia (meine
Frau wollte unbedingt mit und diesmal konnte ich ihr das nicht verwehren…) und
ich warten eine dreiviertel Stunde. Die türkische Frau und ihr Sohn neben uns
warten schon zwei Stunden.
„Das kann hier
passieren…“, lächele ich sie an.
Mittlerweile sind
alle Stühle im Wartebereich besetzt. Die PatientInnen müssen halt stehen.
Claudia merkt an:
„Keine Garderobe, kein Wasserspender, nichts zu spielen, um die Kinder abzulenken – ich habe selten einen schlimmeren Wartebereich gesehen!“
Ich gebe ihr Recht:
„ So etwas spielt hier keine Rolle.“
„Keine Garderobe, kein Wasserspender, nichts zu spielen, um die Kinder abzulenken – ich habe selten einen schlimmeren Wartebereich gesehen!“
Ich gebe ihr Recht:
„ So etwas spielt hier keine Rolle.“
Ich habe hier
schon einigen Scheiß erlebt. Und vor dem Umbau gab es noch keine automatischen
Türen zu den Behandlungsräumen, was damals zur Folge hatte, dass die Türe immer
offen standen, jeder Wartende die Behandlung eines anderen armen Schweines
hören konnte. Immerhin – das ist besser geworden (dafür fehlen die
Hinweisschilder und jeder Neuhinzukommende muss sich durchfragen…).
Dann werden wir
aufgerufen.
Ich habe schon
einige Ärzte in der Mund- und Kieferchirurgie erlebt. Einige waren klasse,
einige waren aber auch unter aller Sau und bei einem habe ich vor Jahren mal
die Weiterbehandlung verweigert. Nach einer viertel Minute weiß ich, dass
dieser Arzt zumindest menschlich nichts taugt:
Er sitzt vor dem
Computer, studiert meine Daten, begrüßt uns nicht und stellt sich nicht vor.
Meiner Frau wird kein Platz angeboten und die Krankenschwester rollt mit den Augen (nicht wegen uns – ich kenne sie…) und bittet mich auf den Behandlungsstuhl.
Meiner Frau wird kein Platz angeboten und die Krankenschwester rollt mit den Augen (nicht wegen uns – ich kenne sie…) und bittet mich auf den Behandlungsstuhl.
Ich winke mit dem
Arm ab, gestikuliere zu Claudia, dass das nichts bringen wird und sie ruhig
bleiben soll. Ich atme tief durch, will nur noch raus.
Ich kenne so was. Nach neun Jahren weiß ich in diesem KrankMachendenHaus Bescheid, rege mich trotzdem immer noch auf.
Ich kenne so was. Nach neun Jahren weiß ich in diesem KrankMachendenHaus Bescheid, rege mich trotzdem immer noch auf.
Heute werde ich
nicht untersucht. Der Arzt stellt mir Fragen, geht auf meine Fragen nicht ein
und scheint mich nicht zu verstehen. Dabei ist meine Aussprache momentan gar
nicht so schlecht. Die Übersetzungshilfen meiner Frau bringen aber auch nichts.
Claudia wird
sauer, ich will nur noch weg.
Immerhin: Ich
erfahre, dass ich am 15.02. stationär aufgenommen werde, mir meine Implantate
(ob alle oder unter Umständen welche, wusste er nicht genau) entfernt werden
und ich mich auf einen fünftägigen Aufenthalt und eine dreiwöchige nasale Magensondenernährung
gefasst machen sollte.
Drei Monate später
wird mir dann Knochen aus der Hüfte entnommen und zum Knochenaufbau in den
Kiefer eingesetzt.
Scheiße, ich hatte
gehofft, diese beiden OPs in einem Abwasch zu erledigen.
Sechs Monate
später kommen dann die neuen Implantate und (das sagte der Arzt nicht, weiß ich
aber) nach weiteren Monaten kann mein Zahnarzt und sein Techniker mir ein neues
Gebiss verpassen oder das alte anpassen …
Die Patientenaufklärung
zu Risiken war dann ein Witz. Dieser Arzt sagte uns ohne Pause und Erklärung:
„Normale
OP-Risiken, Schmerzen, Infektionen, Entzündungen (er nannte wirklich beides!),
Knochenbruch und weitere Risiken.“
Dann: „Hier müssen
Sie unterschreiben. Das zweite Formular ist für eine Blutuntersuchung.“
Ich unterschrieb beide Formulare, wobei das zweite Formular um meine Einwilligung zu einer HIV-Untersuchung war. Mir egal. Ich habe da mittlerweile nix zu befürchten und habe früher eh immer freiwillig den „Aids-Test“ gemacht.
Bloß sagen sollen – das hätte dieser „Doktor“ schon machen müssen…
Ich unterschrieb beide Formulare, wobei das zweite Formular um meine Einwilligung zu einer HIV-Untersuchung war. Mir egal. Ich habe da mittlerweile nix zu befürchten und habe früher eh immer freiwillig den „Aids-Test“ gemacht.
Bloß sagen sollen – das hätte dieser „Doktor“ schon machen müssen…
Dann nur noch
raus.
Claudia blickte
mich ungläubig an:
„Was war das denn! Da willst du dich operieren lassen? Das war doch unter aller Sau!“
„Was war das denn! Da willst du dich operieren lassen? Das war doch unter aller Sau!“
Ich antwortete
genervt:
„Dieser Wichser wird mich nicht operieren. Ich will nur weg. Und vor neun Jahren haben die Chirurgen mein Leben gerettet und insgesamt einen Superjob gemacht. Die Kieferchirurgie in Bochum-Langendreer hat einen sehr guten Ruf und den Kieferaufbau übernimmt der Chefarzt persönlich. Und dem vertraue ich.“
„Dieser Wichser wird mich nicht operieren. Ich will nur weg. Und vor neun Jahren haben die Chirurgen mein Leben gerettet und insgesamt einen Superjob gemacht. Die Kieferchirurgie in Bochum-Langendreer hat einen sehr guten Ruf und den Kieferaufbau übernimmt der Chefarzt persönlich. Und dem vertraue ich.“
Auf dem Rückweg
fuhren wir noch bei meiner Mutter vorbei.
Und meine Sorgen
wurden nicht kleiner.
Und wieder zuhause
machte uns dann Claudias Mutter Sorgen.
Aber jetzt liegt
Aron zu meinen Füßen und ich höre Dylan und momentan ist alles okay.
Eigentlich
passiert nix Schlimmes.
Nix Lebensbedrohendes.
Nur etwas, was die Lebensqualität dieses Jahr zerstört.
Nur etwas, was die Lebensqualität dieses Jahr zerstört.
Nee:
Spaß macht das nicht.
Spaß macht das nicht.
Aber kaputtmachen
lasse ich mich
davon auch nicht!
Und:
Ab 15.02. (besser,
ab 22. 02., wenn ich dann wieder zuhause bin…) werde ich nur noch über
Textnachrichten (Mails, Facebook, SMS) erreichbar sein. Ohne Zähne spricht es
sich beschissen. Und das muss ich erst wieder lernen…
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