Montag, 22. Juli 2013

Der Untergang der Poesie

Vor 20 Jahren machten wir ne Handmade-Literatur-und Kunstzeitung. "3D-Silbig".
Aus der 0-Nummer ist dieses Gedicht von mir.
Erschreckenderweise hätte ich es heute (etwas anders formuliert) immer noch tippen können:



Der Untergang der Poesie

Was sind das für Zeiten
wo Nutten und Prostitution
mir zeigen                 dass es noch Leben gibt

Ich habe plötzlich Bock                    in Kneipen zu kotzen
und neben fremden Gesichtern aufzuwachen
wo ich mich erst langsam wieder an die Nacht erinnern muss

Jetzt wären Orgien angesagt
aber mit allem Drum und Dran      
bis zum Exzess

Prügeleien sind banal – in der Glotze wirken die realistischer
sauberer Heterosex wird bis zur Lustlosigkeit serviert
Also jetzt was Scharfes
Vielleicht ne neue Droge
Egal



Ich kann ja gar nicht klagen
das Leben wird im Fernsehen vorgelebt
und schlimmer als in der Lindenstraße
kann es auch mich nicht erwischen



Aber mal ein neuer Effekt
im wirklichen Leben
Irgendein Kick
Ist das            zu viel verlangt?



Wäre ich ein Dichter
hätte ich jetzt von Gefühlen und Blumen und
Erblühen der Natur               oder so                      geschrieben

Ich glaube
wir haben ne schlechte Zeit für Dichter


1992,
veröffentlicht in „3D-Silbig“, Nr.0

1 Kommentar:

  1. Über die Dichtkunst

    (philosophischer Gedankensplitter)


    (Eine) Rose ist eine Rose
    ist eine Rose ist ein
    Rosenkohlröschen
    ist ein Rosenkohl
    ist Koks

    Wer sagt, meine Gedichte seien Gedichte?/ Meine Gedichte sind nichts Erdichtetes./Wenn du wirklich verstehst, das meine Gedichte keine Gedichte sind,/dann können wir/gemeinsam/die wunschlose Freude/am Leben und an der Natur teilen.
    (Leider nicht von mir sondern von RUMI)

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