Dienstag, 6. März 2012

Over the rainbow - down with Wulff


„Das Lied "Over the Rainbow" stammt aus der Verfilmung des "Zauberers von Oz" in den 1930er Jahren und wurde damals von Judy Garland gesungen. Das Stück erzählt von einem Paradies irgendwo jenseits des Regenbogens, wo wie in den Schlafliedern kleiner Kinder "der Himmel blau ist und die Träume, die du zu träumen wagst, tatsächlich wahr werden". Weiter heißt es im Text: "Irgendwann werde ich die Wolken weit hinter mir lassen und an einem Ort aufwachen, wo der Ärger wie Zitronenbonbons schmilzt." Am Ende wünscht sich der Sänger, wie ein kleiner Vogel auf die andere Seite des Regenbogens fliegen zu können.“
Süddeutsche Zeitung, 06.03. 2012. Aus einem Artikel zur Liederwahl zum Großen Zapfenstreich von Wulff.
Ich gönne Wulff seinen Ehrensold (nicht wirklich, aber von dem Geld kann man gerade mal n Panzer tanken und es tut niemanden weh…), ich gönne eigentlich jedem Bürger (und vor allem mir) einen Ehrensold. Ich gönne Wulff auch seinen Großen Zapfenstreich. Soll er haben, mit Fackeln und Tätää. Ist mir egal.
Aber ich gönne Wulff nicht dieses wunderbare Lied!
Da könnte ich kotzen! Jetzt hat er es doch geschafft, dass ich mich wirklich aufrege! Dieses Lied begleitet mich seit meiner Kindheit und hüllte mich sanft ein, das lasse ich mir nicht von so einem Grinsekater kaputt machen! Und so eine wunderbare Melodie möchte ich NIEMALS von einer Militärkapelle hören!

Bald zwanzig Jahre ist es her, da habe ich ein Gedicht zu diesem Lied geschrieben (ich weiß, ich bin furchtbar alt…). Dieses Gedicht widme ich hier und heute allen Menschen mit Herz, allen Kindern und mit Sicherheit vielen Menschen, aber keinem Politiker und schon gar nicht solchen, wie Wulff:


Irgendwo hinterm Regenbogen

Irgendwo hinterm Regenbogen
gibt es ein Land
von dem habe ich gehört
in einem Wiegenlied

Unfähig
unsere Träume zu leben
unsere Phantasien als greifbar zu erfassen
Unfähig
den Regenbogen zu erklimmen
unsere Wünsche zu leben
Wir – Hier

Glühwürmchen verzaubern die Nacht
auch sie
werden gefangen in Spinnennetzen
keine Chance
auszuglühen
bei Licht betrachtet wären sie eh belanglos

Irgendwo hinterm Regenbogen
gibt es ein Land von dem ich geträumt habe

Hier zerplatzen Träume
wie Seifenblasen
bloß nicht so schön
Andere Träume werden ertränkt
durch Nadeln in die Haut gestoßen

Okay
das ist
nicht romantisch

Irgendwo
vielleicht hinterm Regenbogen

Eine an der Tischkante zerschlagene Bierflasche
wird in mein Gesicht gestoßen
die Scherben drehen sich von einer Hand getrieben in meine Haut
Blut
Tritte in die Nieren
in den Unterleib
an den Kopf
schwere Stiefel Schmerzen       Blut spucken
das ist vor dem Regenbogen
                                               das ist hier


Brennende Menschen, verhungernde Menschen,
selbstmordende und mordende Menschen
vor dem Regenbogen
Im Namen irgendwelcher Herren

Hinter dem Regenbogen sehe ich
Blumen
liebende Menschen
lachende Kinder
all so n Scheiß
aber schön

Plötzlich habe ich Lust
Purzelbäume zu schlagen
und Kinder und Omas anzugrinsen
selbst über das Wetter und "Früher war alles besser…" könnte ich mitreden
Irgendwas. Egal. Irgendwas…

Klar:
hinterm Regenbogen



Jetzt
Vor dem Regenbogen.
Unfähig
ihn zu erklimmen
sitze ich in meiner Bude
Schreiben
Leben
Lieben
Leiden
Vor dem Regenbogen

Irgendwo hinterm Regenbogen
Judy Garland, Rio Reiser, John Martyn
und unzählige andere besangen diesen Traum
Irgendwo
gibt es ein Land von dem ich gehört habe
in einem Wiegenlied

Komm mit mir
und komm zurück
vielleicht
können wir ja
was rüberbringen
in diese Welt
vor dem Regenbogen
Wie die Zeit vergeht… Eines der Ersten, 1993,
jetzt nur ein bisschen geändert.
Ich liebe dieses Lied, ich liebe dieses Gedicht…

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