Sonntag, 20. September 2015

Ende September und massig Musik. Und weiterer Kram




Ich brauche mehr Musik. Ich drehe lauter.
Ich brauche mehr Literatur und Poesie. Will darin eintauchen.
Ich brauche die Fußballbegeisterung.
Ich brauche Seifenblasen und Pusteblumen und meinetwegen n bisschen Lametta.

Ich brauche das wilde und schöne Leben. Es reicht mir schon, wenn ich bei den wilden Sachen am Rand stehe – Ich bin ja zu schlapp für Pogo.

Gerade jetzt, wo die ganze Welt den Arsch auf hat.
Gerade jetzt, weil die ganze Welt den Arsch auf hat.




Der goldene Oktober. Brachte musikalisch ja immer einiges. Zum Beispiel dieses Mal:

- Glen Hansard – Didn’t he ramble
- Robert Forster – Songs to play
- David Gilmour – Rattle that lock
- Lana Del Rey – Honeymoon
- Beatsteaks – 23 Singles
- Farin Urlaub – Danger Live
- Keith Richards – Crosseyed heart

Liest sich doch erst mal gut, oder?
Hört sich auch größtenteils gut an!

- Glen Hansard (Ja. Der Songwriter aus dem Film „Once“.) hat ja eine wahnsinnig tolle Stimme. Und beherrscht das Songwriting wirklich klasse. So auch auf der neuen Platte, die zum Glück nicht überproduziert ist und die Stärken hervorhebt: Eben Gesang und schöne Lieder.
Langsam, tiefgängig und passend zum Herbst. Schön!
- Robert Forster. Klar. The Go-Betweens. The Evangelist.
Und nun ein beinahe fröhliches Album. Songs to play beinhaltet genau das: Songs, die es verdienen, immer wieder gespielt zu werden. Ich weiß schon nach dem ersten Hören, dass diese Platte oft laufen und beständig wachsen wird. Und ich bin ziemlich angetan.
- David Gilmour legt nun ein Solo-Album hin. Schlechter als das letzte Pink Floyd-Teil konnte es ja nicht werden. Und es ist besser: Da wäre die Gitarre von Gilmour, die man natürlich sofort erkennt. Uns sein Gesang.
Ich konnte die Platte nur einmal nebenher hören, ich befürchte, allzu oft wird die auch nicht laufen. Ich war noch nie der größte Fan von Pink Floyd und David Gilmour. Und das ist eben eine Gilmour Platte. Und weinende Gitarrenklänge sind schön, reichen aber nicht aus. Beim zweiten Hören wächst die Platte allerdings, vielleicht sollte ich ihr doch eine Chance geben…
 - Lana Del Rey wird ja fast überall hoch gelobt. Ich probiere es immer wieder, kann damit aber nix anfangen…
- Die Beatsteaks mag ich einfach. Gute Laune Mucke, die gut abgeht. Und bei dieser Collection reit sich Hit an Hit. Das macht Spaß (muss aber nicht sein, da die Fans eh schon alles haben).
- Farin Urlaub ist so ne Sache. Warum muss es Solo-Platten eines Arztes geben, die nach den Ärzten klingen? Und warum ein Live-Album, dass die Wahnsinnsstimmung der Farin Urlaub-Konzerte zwangsläufig nur ungenügend wiedergibt? Ich höre mir das Ding an, habe Spaß und wechsel wieder auf meine Lieblingsplatte der Woche.
Und da gibt es ja diese  eine Scheibe, die in Endlosschleife Motörhead und Slayer abgelöst hat:
- KEITH RICHARDS – CROSSEYED HEART !!!
Diese Stimme! Diese Riffs! Diese Songs!
Einfach nur superklasse!
Natürlich ist auf dieser Platte nichts wirklich Neues zu finden. Kennt man alles irgendwie von den Stones und den (spärlichen) Solo-Projekten.
Trotzdem – oder vielleicht auch deshalb – bin ich hin und weg.
Blues, Rock, Reggae und Balladen. Und gerade die langsamen Lieder mit der Stimme von Keith und seiner unverwechselbaren Gitarre liebe ich.
Das ganze Zeug klingt so, als ob der Gitarrengott Langeweile gehabt hat und gesagt hat, „okay, wenn die Stones noch nicht wollen, dann mache ich halt ein Solo-Album“. So packt er Material von mindestens vier Jahren mal zusammen, traf sich mit den X-Pensive-Winos und machte das Ding fertig. Ohne großes Brimborium wird da ein Meisterwerk rausgehauen.
Waddy Wachtel (Gitarre) und Steve Jordan (Drums und Songwriting) passen zu Keith mindestens so gut wie Mick Jagger, Ron Wood und Charlie Watts. Bobby Keys ist auch noch zu hören. Und das macht dann etwas traurig.
„Blues in the morning“ haut mich um, genau wie das Eröffnungsstück „Crosseyed heart“. „Goodnight Irene“ ist allerdings überflüssig: Gibt es in unzähligen besseren Versionen.
Die Platte läuft in Endlosschleife (hab ich schon erwähnt…) und ich frage mich, ob das nur daran liegt, dass ich eh Keith Richards- und Rolling Stones- Fan bin.

Leute! Knallt euch diese Platte rein! Und sagt mir Bescheid, wenn ich mit meiner Euphorie daneben liege. Ich glaube, sie ist berechtigt…





Okay.
Ich komme mal zu geschriebenen Worten.

Hardy Crueger ist ja (bekanntlich?) ein von mir sehr hoch geschätzter Autor. Innerhalb eines Jahres hat er nun nach „Der Herzog, der Räuber & die Tochter des Goldschmieds“ (Edition Narrenflug) und „Die Stunde der Flammen“ (KBV) seinen dritten Roman veröffentlicht:
„Der andere Krieg – Die Odyssee des Victor Rosenfels“.
Ersterer ein historischer Roman, zweiter ein Thriller (und was für einer!) und jetzt –tja, irgendwo ein historischer Roman (Zeit ist hauptsächlich das sogenannte Dritte Reich), aber vielleicht eher ein klassischer Bildungsroman, wie es Gabriele Haefs in ihrem Vorwort schreibt. Keine Ahnung. Aber auch egal:

Crueger beschreibt das Leben von Victor Rosenfels.
1925 in Hamburg geboren, 1935 mit seiner Mutter nach Amerika geflohen,  1947 nach Deutschland zurückgekehrt, 2011 gestorben.
Ein Leben auf der Flucht. Ein Leben auf der Suche.
Kann man so ein Leben in zweihundert Seiten fassen?
Crueger kann das.
Und macht es exzellent.
Trotzdem wünsche ich mir beim Lesen und vor allem, nachdem ich das Buch durchgelesen habe, es hätte mindestens den doppelten Umfang.

Die Figur des Victor Rosenfels erinnert mich an „Little big man“, ebenso der Erzählungsaufbau und der Humor.
Schon alleine das machte dieses Buch zu einem großen Vergnügen für mich. Die erzählten Szenen sind witzig, traurig und mitfühlend beschrieben. Ich habe dieses Buch verschlungen.
Stilistisch ist Crueger zu einem Meister gereift: Egal, welches Genre er wählt, er trifft die passenden Wörter.
Langweilt nicht, kopiert nicht, überzeugt mit seinem klaren und – für mich – einfach überzeugenden Stil.

Oft überspringe ich bei einem Roman beim ersten Lesen Seiten, die mir langweilig erscheinen. Hier hatte ich den umgekehrten Effekt: Ich wollte einfach mehr!

Deshalb mein Punktabzug: Das Buch ist zu kurz.
Kann es eine freundlichere negative Kritik geben?


Bücher, über die ich auch noch schreiben möchte:


So. Eigentlich wollte ich ja nix mehr zu Fußball und vor allem nix über den VfL Bochum schreiben. Jetzt doch.
Ich habe vor zwei Wochen endgültig Abschied von meinem Wohnzimmerplatz im Block P, rechts genommen: Körperlich ist das nicht mehr drin.
Nach über 35 Jahren ist Schluss mit Stadion-Besuchen.
Letztes Jahr wäre mir das theoretisch noch leichter gefallen: Scheiß Spiele, keine Perspektive nach oben und eigentlich war ich nur noch Bochum-Fan, weil ich es halt immer war.
Und ging zwar frustriert, aber mit einem Achselzucken nach Hause.
Jetzt ist da wieder Hoffnung.
Eine Mannschaft, die kämpft. Ein Trainer, der sichtbar einen Plan in die Köpfe der Spieler einbringt. Und gerade jetzt eine Außendarstellung, die mich wieder stolz auf meinen Verein sein lässt (nicht zuletzt die Solidarität mit Pauli und die klare Absage gegen die BILD-Zeitung).
Und ich sitze im tiefsten Münsterland und meine Frau lächelt, weil ich an Spieltagen im VfL-Trikot rumrenne.
Und nach dem tollen Tor von Hoogland brach ich vor meinem Compi zusammen, weil ich zu heftig gejubelt habe.
Und ein intensives Kampfspiel hat mich neunzig Minuten gefesselt.
Und dann merke ich, dass ich noch lebe – und das liebe.
Und den VfL eh.

Warum gibt es eigentlich keine SKY-Ermäßigung für Menschen, die es nicht mehr ins Stadion schaffen?




Sonntagmittag.
Die beste Frau der Welt zaubert in der Küche einen Sauerbraten.
Der beste Rüpelrüde der Hund liegt gelangweilt zu meinen Füßen und bekommt Streicheleinheiten.
Der größte Jammerkopf der Welt sitzt am Schreibtisch und friert.
Und tippt Kram.

Und tschüss




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