Donnerstag, 15. Dezember 2016

Zigarette statt Zähne






Während ich beginne zu tippen
rauche ich mir eine Zigarette
Und das
obwohl ich meiner Frau versprochen habe
ab heute aufzuhören.

Ein scheiß Start
für einen Text
Genauso beschissen wie dieses ganze abgefuckte Jahr
und genauso beschissen
wie ich mich momentan fühle.

Nervös und voller Skepsis, aber trotzdem zuversichtlich fuhren wir heute nach Essen um ein weiteres Vorgehen bezüglich meines Kiefer und Gebissaufbaus mit der Klinik zu planen. Das Ergebnis hat uns umgehauen und fast jegliche Hoffnung zerstört: Da ist nix mehr aufzubauen. Die Minimallösung ist weniger, als wir in unseren schlimmen Träumen geträumt haben und ich bleibe ein zahn- und kieferloses Wrack. Kauen kann ich mir abschminken, ne bessere Artikulation auch. Die nötigen Operationen wären lebensgefährlich bei meiner Konstitution und die Erfolgsaussichten äußerst gering.
Die Ärzte waren sehr nett, haben sich Zeit gelassen und Claudia und mir alles geduldig erklärt. Und ich muss das akzeptieren. Und habe wenigstens zum ersten Mal in diesem beschissenen Jahr gerafft, dass ich froh sein kann, noch zu leben und die Ärzte in Langendreer das Beste gegeben haben und mehr nicht möglich ist. Positiv also: Ich weiß jetzt Bescheid. Verstehe und werde versuchen, damit zu leben.
Der Rest ist negativ.

Ich öffne mir ein Bier
während Claudia im Wohnzimmer ihre Geburtstagsglückwünsche abtelefoniert
und ich mich beschissen fühle
und ihr Geburtstag versaut ist.

Ein geiler Vollmond.
Unser Hund kuschelt und ist nervös.
Die Schwiegermutter versteht wohl irgendwas (Demenz hin und her)
und umarmt mich
und wünscht uns eine Gute Nacht.

Natürlich funktioniert
die unschlagbare Musik
jetzt nicht.

Claudias Tränen in diesem Behandlungszimmer wirken:
sie geben mir Leben.
Wer, wenn nicht ich
soll in Zukunft die Dosen öffnen, kaputte Glühbirnen wechseln,
ihr zum xten Mal die Fernbedienung und das Handy erklären?
Ich werde noch gebraucht.

Plötzlich macht der Zigarettenverzicht noch weniger Sinn
aber ich werde nach dem Wochenende trotzdem neustarten.
Diesmal nicht wegen der Aussicht auf ein neues Gebiss
sondern für meine Frau
und weil ich festgestellt habe
dass morgendliches Dauerhusten abstellbar ist,
meine angeschlagene Gesundheit ohne Kippen besser zu händeln ist
und die Kippen mir eigentlich auch keinen Spaß mehr machen.
Okay:
Das Leben macht momentan auch keinen Spaß
aber
das ist kein Argument.

Ich lebe
und ich kämpfe weiter
vor allem
weil ich liebe.

Diesen Rückfall verzeihe ich mir
und ich denke
er ist nachvollziehbar.

Es ist noch nicht vorbei.
Auch wenn es Kacke ist.

Abputzen
bis das letzte Blättchen weiß bleibt.
Das habe ich schon als Kind gelernt.

2 Kommentare:

  1. Mutig und hoffnungsvoll und mit Humor! Humor ist immer gut.

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  2. Ich weiß, willste nicht hören, trotzdem mein Tip:
    Steig auf E-Zigarette um!
    Ich war 45 Jahre Raucher, selbstgedrehte Bantams, 30+ am Tag, nie versucht aufzuhören. Konnte nicht mehr richtig durchatmen, permanenter Raucherhusten in Verbindung mit permanenten Kopfschmerzen die Hölle, kurzatmig, schlapp, Bronchien pfiffen im wahrsten Sinne aus dem letzten Loch. Ärztin: sofort Lunge röntgen. Die Schmach wollte ich mir aber nicht antun, also erstmal e-zigarette.
    Raucherhusten war nach einer (!) Woche weg, Kopfschmerzen weg, kein Pfeifen mehr in den Bronchien, kann wieder durchatmen, kein Geräusch mehr in der Lunge.
    Das alles ohne Stress. Ist jetzt ein halbes Jahr her. Hab den Nikotingehalt schon halbiert. Kann mir nicht vorstellen, jemals wieder zu rauchen, ist mir viel zu heftig. E-Dampf stinkt übrigends auch nicht, setzt sich auch nicht in den Klamotten oder auf der Tapete fest.
    Investition: ca. 60 euro. Laufende Kosten: wenn man selber mischt, unter 10 euro/Monat, ansonsten ca. 20 - 30 euro.
    Gruss
    G.

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