Sonntag, 1. Juni 2014

Ein unpopuläres Statement: Ich freue mich auf die Fußball-WM in Brasilien!



In 12 Tagen geht es los.
Und ich freue mich drauf und werde wahrscheinlich wieder die meisten Spiele gucken (und dabei die Nacht zum Tag machen, aber ich kann es mir leisten…).
Alle vier Jahre gucke ich ne Masse Fußballländerspiele, verliebe mich in die Underdogs, die plötzlich geilen Fußball zeigen, fiebere manchmal sogar heimlich mit der deutschen Mannschaft mit.
Nein: Nicht aus einem platten Patriotismus heraus, auch nicht, weil ich „Schland“ liebe.
Ich werde auf gar keinen Fall irgendetwas schwarzrotgoldenes in meiner Wohnung, an meinem Auto oder gar an mir dulden!
Aber das ist halt die Mannschaft, zu der ich den größten Bezug habe, weil ich die meisten Spieler aus der Bundesliga kenne. Und mich über die Bayern ärgere, mich über die Doofmunder freue und Christoph Kramer absolut geil finde (irgendwie immer noch n Bochumer…).

Fußball-WM in Brasilien?
Geil. Da gehört sie hin!
Das Mutterland des Fußballs (Sorry, England…). Party. Samba. Oder so.
Oder vielleicht auch ganz anders?

Mir ist durchaus bewusst, dass es in Brasilien extreme Armut gibt. Soweit ich weiß findet in diesem Land ein langsamer Demokratisierungsprozess statt. Und ein ziemlich starker wirtschaftlicher Aufschwung, der aber wieder einmal nicht der Bevölkerung zugute kommt.
Brasilien ist bekannt für enorme Korruption, für eine starke Drogenmafia, die beinahe alleine in den Favelas herrscht. Brasilien ist bekannt für paramilitärische Mörderschwadronen und eine äußerst brutale und zutiefst verlogene Polizeigewalt.
Brasilien ist Sinnbild für Kapitalismus in seiner menschenfeindlichsten Form.
Brasilien hat ein katastrophales Bildungs- und Gesundheitssystem.
Da is nix mit Samba und Viva Brazil!

Die FIFA ist mindestens so korrupt wie das brasilianische System, da brauche ich nicht mal Katar als Beispiel nennen. Zwei haben sich gesucht und gefunden.
Für die Fußball-WM wurden Stadien gebaut, die niemand braucht. Unsummen Geld wurden ausgegeben, das in anderen Bereichen – vor allem im Sozialwesen – nötig gewesen wäre. Favelas wurden geräumt und gesäubert. Mit brutaler Gewalt der Polizei und Todesschwadronen. Die Straßenkinder wurden deportiert und ermordet (auch wenn die Belege für Massenerschießungen fraglich sind – jedes Opfer ist eines zu viel!).

All das vergesse ich nicht wenn der Ball rollt!
All das darf nie in den Hintergrund geraten!

Ich freue mich auf die Fußball-WM. Die Brasilianer freuen sich nicht.

Statt Fußballfieber ist das Straßenfieber in Brasilien ausgebrochen.
Die Ungerechtigkeiten und die sozialen Missstände führen nun zu Protesten, die gewaltsam niedergeprügelt werden.
Nein: Da nutzen nicht irgendwelche Krawallmacher die WM, um auf sich aufmerksam zu machen.
Ja: Da wird die korrupte und unsagbar ungerechte brasilianische Wirklichkeit durch die Praktiken der WM-Vorbereitung noch verstärkt. Und das führt zu Krawall.
Ja: Ich finde den Straßenkampf gut und unausweichlich und die Demonstranten haben meine vollste Solidarität!

Die Brasilianer sind fußballverrückt. Sie freuen sich nicht auf die WM, weil ihnen die Scheiße bis zum Hals steht.
Brot und Spiele funktioniert hier endlich mal nicht mehr.

Trotz all dem freue ich mich auf die Balltreterei.
Weil ich Fußball liebe.
Das heißt ja nicht, dass ich die ganze Scheiße ignoriere.



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