Schon wieder eine Woche vorbei.
Und wenig von dem geschnallt, was ich machen wollte.
Und das ist mir sowas von egal!
Meine zwei Mädchen, Claudia und Leila, halten mich auf Trab.
Und das ist total schön, aber auch füllend und anstrengend.
Da war der Sturm und die behindernden Folgen, der Beginn der
Fußball-WM und zu viele Fußballspiele in der Glotze, die ich fast alle gucke
(seit 74 kann ich nicht anders…) und einige nette Besuche und Freunde und
Familie und mehr kann ein alter, schwacher Mann wie ich eben nicht.
Leila kommt immer mehr wirklich bei uns an. Sie wird ruhiger
und hört auf uns und bei den Spaziergängen klappt es besser. Besuch bei uns und
Besuche bei Freunden und Familie funktionieren (mit einer Ausnahme). Klar:
etwas Nerverei und Zickerei ist noch dabei. Aber es wird.
Manchmal knurrt und bellt sie noch Hunde und Menschen an,
aber es wird weniger. Völlig nervig ist es an Ampeln bei Autofahrten: sobald
wir fahren, ist sie entspannt. Aber wenn wir stehen wird jeder andere
Verkehrsteilnehmer fürchterlich angemacht.
Dann war da noch meine Bewerbung als Verteiler eines
Anzeigenblattes. Zweimal die Woche n paar Stunden, das schaffe ich. Und das
Auto ist ja am Start. Natürlich ist das ein Hungerlohn, aber als
Erwerbsminderungsrentner kann ich ja eh nur ein Taschengeld dazu verdienen,
also habe ich mich da spontan beworben.
Und bin jetzt gefrustet:
Nichts ist für einen Behinderten entwürdigender, als wenn er
wie ein Behinderter behandelt wird. Und die körperliche Einschränkung sofort
mit geistigen Einschränkungen gleichgesetzt werden.
Man wird wie ein Krüppel behandelt, vielleicht spielt da
auch (überhebliches) Mitleid eine Rolle, vielleicht auch einfach Unsicherheit
der „gesunden“ Menschen, aber generell machen mich solche Umgangsweisen
aggressiv und sauer.
Ich zum Beispiel sehe im Gesicht etwas anders aus und wirke
vielleicht etwas zerbrechlich. Außerdem artikuliere ich unklar und sabbere ein
bisschen. Aber dennoch bin ich ein erwachsener Mensch mit einigen Erfahrungen
und Wissen und Selbstverantwortung.
Es ist kein Problem, wenn mein Gegenüber mich nicht direkt
versteht und nachfragt. Aber es ist einfach Scheiße, wenn ich nicht verstanden
werde, mein Gegenüber aber einfach so tut, als wenn nix wäre und was völlig
anderes antwortet. Dann kann ich doch sofort mein Maul halten, weil es eh nicht
interessiert, was ich zu sagen habe!
Bei meiner Bewerbung als Zusteller traf ich dann auf ein
besonders unangenehmes Exemplar dieser Spezies.
Es fing ja schon in dem Gebäude und an der Türschließanlage
an. Keine Hinweisschilder und keine Informationen, trotzdem fand ich dann nach
kurzer Suche das richtige Büro. Ich wurde nicht begrüßt, sondern nur nach
meinem Namen und meinen Begehr gefragt, mir wurde zwar ein Platz angeboten,
aber mein Gegenüber telefonierte kommentarlos und tippte danach in seinen
Computer. Ich saß da und konnte nach n paar Minuten dann endlich anfangen. Sein
erster Satz: „Das schaffen sie nicht!“. Mein erster Satz: „Wenn ich mir da
nicht sicher wäre, dann wäre ich nicht hier.“
Dann: „Sie dürfen (!) kommenden Samstag einmal zur Probe
mitarbeiten, danach rufen Sie mich Montag an. Ich nehme schon mal Ihre
Personalien auf.“ Er schmiss mir ein Formular hin, das ich ausfüllen sollte
(zum Glück hatte ich einen Kugelschreiber dabei, der wurde mir nämlich nicht
gegeben).
Formell benahm sich dieser Typ danach korrekt, behandelte
mich aber von oben herab und eben so, als würde ich weit unter ihm stehen und
dumm sein.
Ich atmete tief durch, wurde extra noch freundlicher und gab
ihm bei der Verabschiedung die Hand (was ihm peinlich war) und betonte nochmal,
dass man zum Verteilen einer Werbezeitung nicht unbedingt klar artikulieren
müsse.
Dann rauchte ich mir draußen eine Zigarette und fluchte erst
mal.
Einsatz des Privat-PKWs (unbezahlt!), Verlässlichkeit
(völlig okay!) und an zwei Tagen ca. 3 Stunden Aufwand macht ungefähr einen
Stundenlohn von 5,-€ bei ca. 120,-€ im Monat. Zwar scheiße, aber okay, weil
machbar und eben ein zusätzliches Taschengeld.
Aber muss ich mich dafür wie ein behinderter Sklave
behandeln lassen?
Ich hadere, ob ich das wirklich machen soll, habe aber noch
n paar Tage Zeit…
Die Wut und der Frust sitzen tief bei mir.
Da kann der Typ nur halb was für, die andere Hälfte entsteht
dadurch, dass mir die Würdelosigkeit meiner Behinderung wieder deutlich wurde.
Dann gibt es ja noch die Paketzustelldienste.
Sehnsüchtig und voller Neugier erwarte ich ein Paket von
einem Freund. Gestern kam ein Brief, dass dieses Paket nicht zustellbar wäre,
da meine Adresse nicht stimmen würde. Die Hausnummer wurde vom Zusteller
fälschlicherweise als 0 anstatt als 6 entziffert.
N bisschen überlegen und vielleicht mal gucken hätte da
nicht schaden können.
Und ich frage mich, wie hohl man sein kann!
So.
Und jetzt die obligatorische Musiklaberei.
Und jetzt die obligatorische Musiklaberei.
Kurz bevor die überarbeiteten Aufnahmen der 74er Tour von
Crosby, Stills, Nash & Young veröffentlicht werden habe ich mir die alten
CDs dazu besorgt. Und auch noch mal „4Way Streets“ gehört.
Ich glaube, ich brauche diese Aufnahmen nicht. Klar: ein
zeitgeschichtliches und für die Rockmusik wichtiges Dokument. Aber eben kein
zeitloses Werk und für mich momentan nicht passend.
Man muss ja nicht alles haben (und so was von mir!)!
Mit Lana Del Ray tue ich mich schwer.
Nicht schlecht, aber ich höre dann doch lieber die neue Tori
Amos oder die wunderbare Andrea Schroeder. Auch wenn solche Vergleiche nicht
unbedingt fair sind.
Bob Mould ist wieder da. Weg war er eigentlich nie.
Mit „Beauty and Ruin“ hat er eine wahnsinnig geile Scheibe
hingelegt. Wieder härter und rockiger, erinnert an sein Meisterwerk „Workbook“
und an die erste Sugar-CD. Ja. Erinnert sogar teilweise an Hüsker Dü.
Und ist damit für mich natürlich ein absolutes Muss!
Klasse!
Und Linkin Park haben mit „The Hunting Party“ die Jagd neu
eröffnet.
Und wie!
Abwechslungsreich, bretthart, melodiös und ganz anders, als
erwartet (ist aber bei Linkin Park kein Wunder…).
Geht geil ab!
Muss man „Quadrophenia“
von The Who haben?
Aber sicher!
Bei jeglicher Liste der 10 oder 100 besten Alben oder Scheiben,
die ich mit auf eine Insel nehmen würde taucht bei mir Quadrophenia auf. Meist
auf Platz 1.
Ich liebe dieses Album!
John Entwhistle und Keith Moon sind leider nicht mehr unter
uns. Trotzdem haben Daltrey und Townshend (Die "Ersatzmusiker" Pino
Palladino am Bass und Scott Devours am Schlagzeug vertreten die verstorbenen
Bandmitglieder wirklich sehr gut!) letztes Jahr eine große Tour hingelegt und Quadrophenia
zum vierzigjährigen Jubiläum live eingespielt. Und das Ergebnis jetzt auf CD
(und Blue Ray und so) gepresst. Und es ist toll geworden.
Daltrey versucht endlich nicht mehr, so wie früher zu
klingen und akzeptiert, dass seine Stimme gealtert ist. Und das macht es
authentisch und gut.
Fans von The Who werden sich das Album anschaffen müssen,
für alle anderen empfehle ich aber doch lieber das Original.
So.
Brandneu
ist das neue Mastodon-Album: „Once more round the sun“.
Mastodon mochte ich schon, als ich mit Heavy Metal wenig
anfangen konnte. Und sie befriedigen mich auch mit ihrem neuen Album. Geht geil
ab!
Und Claudia freut sich, dass ich auch mal härtere Sachen und
„nicht nur diesen ausgefallenen Depri-Scheiß“ höre.
Gerade kam ein Paket mit einem Buch über Jazz-Giganten.
Ja. Da Claudia unterwegs ist kann ich mich auch mal wieder
damit beschäftigen. Das Buch lesen und die wunderbaren Mix-CDs von Ralf hören.
Damit genug über Musik…
Ich bin ein Sturm-Opfer:
Als wir gestern mit Leila versuchten durch den Bochumer
Stadtpark zu gehen knickte ich auf einem Ast um.
Und habe jetzt Aua-Knöchel. Wahrscheinlich n Band gedehnt.
Heute falle ich für Gassigänge aus und humpele zum
Schreibtisch und zum Fernsehsessel.
Aber es ist nix schlimmes.
Vielleicht will ich auch nur so tun, als ob ich irgendwas
mit diesen Fußballspielern gemeinsam habe…
Und die ersten Glühwürmchen flirrten auch schon durch die Nacht
und erfreuten mich.
Es wird Sommer (Ab Samstag offiziell).
Und es wird eh alles gut.
Irgendwann.
Vielleicht schon jetzt.
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