Donnerstag, 26. April 2018

Cleaning Windows





Ähnlich wie Van Morrison war ich mal mit Fensterputzen beschäftigt.

Mit 21 Jahren musste ich Zivildienst machen (für die Jüngeren: Es gab in der BRD für gesunde junge Männer ne Wehrpflicht. Und wer den Kriegsdienst verweigerte musste eine schriftliche Begründung abliefern und eine „Gewissensüberprüfung“ bestehen, um als Kriegsdienstverweigerer anerkannt zu werden. Danach kamen dann 16 Monate „Zivildienst“.). Ich verpflichtete mich beim MSHD der AWO in Castrop-Rauxel.

MSHD war (ist?) die Bezeichnung für „Mobiler sozialer Hilfsdienst“. Der MSHD in Cas beschäftigte ca. 20 Zivildienstleistende. Und wir mussten im Haushalt helfen, leichte pflegerische Tätigkeiten (oft an der Grenze der Legalität, aber das sollte mir erst später klar werden) durchführen und behinderte Menschen betreuen.
Unser Team war Spitze (klar, lauter Gleichgesinnte), es gab durchaus interessante Einsätze und ich lernte interessante Menschen und für mich neue Facetten des Lebens kennen.
Wahrscheinlich war mein Zivildienst ausschlaggebend dafür, dass ich mich dann später für eine Arbeit in der mobilen Krankenpflege entschloss.

Aber es gab auch Horror-Einsätze.
Viele Witwen (es waren fast immer Witwen, selten Witwer. Und ich dachte mir oft: Kein Wunder, dass diese Ungeheuer ihre Männer überleben!) buchten uns, um den Hausflur oder die Fenster putzen zu lassen, den Großeinkauf zu erledigen und halt solchen Kram.
Wir waren billiger als private Haushaltshilfen und ich wurde den Verdacht nicht los, dass sie uns nahmen, weil sie uns auch mehr schikanieren konnten.
Bei den Fenstern hatte jede dieser Witwen ihre persönliche Art des Putzens. Und akzeptierte keine andere Art und Weise.
Glasreinigungssprays, die gut funktionieren, waren Tabu.
Ein (zugegebenermaßen extremes) Beispiel:
„Erstmal die Rahmen. Dafür dieses Wasser mit Allzweckreiniger und dieser Lappen. Trocken wischst du (wir wurden fast immer geduzt, ich fand das okay) das mit Papier von der Haushaltsrolle.
Den Dreck wischst du mit warmen Wasser aus diesem Eimer ab. Nimm den grünen Lappen dafür und wringe ihn nachher gut aus.
Danach musst du mit warmen Wasser und Spülmittel aus diesem Eimer das Fenster sauberputzen, dafür dieser Schwamm.
Dann kommt der Eimer mit dem kalten Wasser, um das Spülmittel abzuwaschen und anschließend nutze diesen Lappen, der in Essigwasser eingetunkt war.
Jetzt mit Zeitungspapier polieren.
Und zum Abschluss noch mal mit einem Trockentuch überall gründlich drübergehen.
Nach jedem Fenster bitte das Wasser wechseln!“
Okay. Vier verschiedene Wassereimer, vier Putzlappen, Haushaltsrolle, Zeitungspapier, Trockentuch. Wasserwechsel für jedes Fenster. Sechs Fenster insgesamt. Zwei Stunden Zeit und eine Witwe, die argwöhnisch die ganze Zeit hinter mir stand und jeden Handgriff beobachte. Und Scheiße laberte.
Ich hasste diesen Einsatz!
Zum Glück musste ich ihn nicht oft machen, fast alle Kollegen hassten ihn, aber einer meldete sich freiwillig dafür. Und verriet mir, wie er das schaffte:
„Bevor ich zu ihr reingehe rauche ich mir einen Joint. Dann ist die unsinnige und blöde Putzerei beinahe Kontemplation. Und ihr Gelaber wie Wellenrauschen. Und beim Fensterputzen habe ich zumindest keine Verantwortung.“

Seit meinem Zivildienst kann ich Fenster putzen. Und hasse es.
Ich kann auch Flur putzen. Und hervorragend dabei pfuschen. Aber das hasse ich auch.

Für sieben Lebensmittel in vier unterschiedlichen Supermärkten einzukaufen fand ich auch nicht toll. Aber die Dame hatte die Prospekte gelesen und sparte dadurch 2,- DM, da sie alle Angebote wollte. Das ich dadurch aber eine halbe Stunde länger brauchte, die sie 5,-DM kostete, verstand sie irgendwie nicht.

Soviel zu meinem Zivildienst. Ich könnte noch wesentlich mehr schreiben, mein Blog ist da eher ungeeignet.
Generell war es eine geile Zeit.
Aber jetzt ist das über 30 Jahre her.

Vorgestern habe ich die Fenster meines Arbeitszimmers geputzt. Es wurde auch Zeit! Zumal ich seit über sechs Wochen nicht mehr rauche und der Gilb vom Fenster endlich wegmusste. Wir haben halt so viele Baustellen an und um das Haus herum, so dass ich einfach nicht dazu kam. Das Ergebnis ist toll, auch wenn ich nur einen Eimer Wasser, Glasreiniger, einen Lappen, ein Trockentuch und Haushaltsrolle benutzte.
Irgendwann werde ich einen Fensterputzer engagieren. Und während er die Fenster des Hauses putzt werde ich genüsslich ein Bier trinken und grinsen…

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