Freitag, 15. April 2016

noch n Gedicht:



Daddy Cool im Supermarkt





Ich hasse Supermärkte

an einem Freitagnachmittag

wo gekauft wird

als ob morgen der Bürgerkrieg ausbricht



Ich hasse mich in Supermärkten

wo ich mich

angesichts meiner Narben und meiner Fresse

angestarrt fühle

und versuche

meinen deformierten Mund

mit einem Taschentuch zu verdecken



Ich hasse es

in einer langen Schlange im Supermarkt zu stehen

Manchmal hasse ich die Kinder

die mich neugierig anstarren

manchmal liebe ich sie

und versuche

ihnen freundlich entgegen zu grinsen



Ich hasse Supermärkte

die meine Bedürfnisse und

meine finanziellen Möglichkeiten

gegeneinander ausspielen

und mit meiner Frau sind Supermärkte der Horror

da es gefühlt Stunden länger dauert



All das


Zum Beispiel heute

kam alles zusammen

Und direkt hinter uns

drei Kids

(knapp über 20, vielleicht auch an die 30 – ich bin eben alt)

mit je einer Vodka-Flasche, Zigaretten und Schnuckerkram

Und sie lachten

und sprachen laut

und dann:
„Guck mal der vor uns!“

„Lass mal!

Der ist cool…“

„HaHa! Daddy Cool!“

Und da drehte sich meine Frau um

und ich bekam richtig Angst

denn wenn sie meint

mich verteidigen zu müssen

kann sie zum Tier werden

aber sie sagte nur:
„Geht einfach vor.

Wir haben ja mehr Lebensmittel.“

Und da liebte ich sie

und hasste immer noch Supermärkte.



Hier auf dem Land werde ich öfters angesprochen

auf meine Bücher und Zeitungsartikel

Da sich das kaum in Verkaufszahlen ausschlägt

ist mir das egal

Die Anonymität des Ruhrpotts hatte mehr für sich

und manchmal denke ich

dass selbst Castrop-Rauxel

die bessere Alternative für mich wäre

Ich will schließlich nur meine Ruhe

und die psychisch kranke Schwiegermutter

die dazu noch zunehmend dement wird

trägt nicht unbedingt zur Ruhe bei


Ich hasse Supermärkte

aber ich habe eindeutig mehr Arsch in der Hose

als diese Kids

die dann vor uns standen

(vielleicht ist das eine Modefrage:
Bei denen hing der Arsch in ihren Hosen

unterm Oberschenkel…)






Nach unserem Einkauf

laufen wir mit unserem Hund über die Felder

und das Aprilwetter hat Erbarmen

und es ist einfach schön



Wir begegnen keinen Menschen:


Es ist schön hier.






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