Dienstag, 19. November 2013

Ich vermisse meine Frau (1)



Es gibt Weniges
was so traurig ist
wie Kofferpacken

Hilflos sitze ich am Rand
während sie ihre Sachen in den Koffer packt
und ich plötzlich an Särge denken muss

Ich vermisse sie
schon vor der Abreise
und versuche
es mir nicht anmerken zu lassen
und auf cool zu machen

Ab und zu weint sie
während sie ihre Kleidung ordentlich faltet und einsortiert
Ich würde ja alles viel chaotischer einfach in den Koffer schmeißen
rauche eine Zigarette nach der anderen
und störe sie so wenig
wie möglich

Auf der Autobahn sind wir dann am nächsten Morgen ungewohnt still
und da selbst Jello Biafra und die Weakerthans nerven
lassen wir die Musik einfach aus
und schaffen es nicht
den Taunus heute schön zu finden

Die Reha-Einrichtung
scheint noch beschissener
als in unseren schlimmsten Alpträumen
Ich habe ein schlechtes Gewissen
sie dort zu lassen
und hunderte Kilometer entfernt
mein Rentner- und Strohwitwerdasein zu genießen
während sie mit sich und der Reha kämpfen muss
und wir beide eigentlich nur hoffen
dass es bald vorbei ist
und wieder nach vorne geht
oder so

Es gibt Weniges
was trauriger ist
als in eine leere Wohnung zu kommen
wo mich sonst ihre Wärme schon an der Tür begrüßt

Es gibt nichts was trauriger ist
als die Gewissheit
dass meine Liebe dort noch einsamer ist
und ihre Kämpfe alleine bestehen muss
während ich hier einen relativ komfortablen Blues schieben kann

Soweit dieses Gedichtfragment.

Die letzte(n) Wochen war(en) hart.
Wir hatten beide keinen Bock auf diese Reha, die finanziellen Sorgen wurden heftiger, die Ungewissheit uns Angst vor der Zukunft nahm zu. Und ich konnte einfach keine Hilfe sein, stand hilflos neben ihr und unserer Liebe und hasste mich dafür.
What can a poor boy do? Wenn er nicht mal mehr in einer Rock’n’Roll Band singen kann…
Dieses Jahr war / ist hart.
Und unsere Liebe wird auf eine harte Probe gestellt.
Ich will jetzt nicht auf Einzelheiten eingehen, betone aber einen Fakt, der die Wichtigkeit und Größe meiner Liebe deutlich macht:
Ich vermisse Claudia schon am ersten Tag.

Und hoffe immer noch, dass wir nach der Reha durchstarten.
Und dass diese Scheiße sie irgendwie nach vorne bringt.
Soviel persönlich…



Seit September haben wir keine funktionierende Regierung, nur noch eine abwickelnde.
Stört es irgendeinen?
Die GroßKotz-Verhandlungen nerven.
Tendenz: die SPD setzt ihre Forderungen insoweit durch, dass Kommissionen gebildet werden, die erst 2016 entscheiden, dass die Ziele nicht erreicht werden.
Oder nur zum Teil.
Ich fand ja die SPD-Ziele schon im Wahlkampf so was von Nur-Zum-Teil-Sozialdemokratisch, aber lassen wir das…

Selbst wenn GroßKotz scheitern sollte, ich vermisse die Regierung momentan nicht.

Aussitzen kann Merkel mit oder ohne Neuwahl, bestimmen tun eh andere.

Nie war deutlicher, dass mein Gefühlsanarchismus genauso eine Illusion wie die parlamentarische Demokratie ist.


Billie Joe und Norah (der Sänger von Green Day, Nachname Armstrong) und die Norah Jones, Popstern mit wunderbaren Liedern) haben zum Weihnachtsgeschäft ne Country-CD rausgebracht. Ich habe sie einmal gehört und verworfen. Da ist die Kohle im Vordergrund, kein Lächeln, wie bei Jack White, wenn er Country macht, keine Seele, wie bei den Countrysachen von Jello Biafra oder Greg Graffin.
Fuck it!



Claudia liebt Gollum. Den aus den Herr der Ringe Filmen. Und irgendwann hat sie mich überredet und ich konnte nicht mehr anders: Ich habe versprochen, ihr einen zu malen.
Außer Claudia hält mich niemand für einen Künstler. Ich kann nicht malen. Wenn überhaupt, dann kann ich schreiben.
Aber ab nächster Woche übe ich zwangsläufig an einem Gollum-Portrait. Aquarell auf Leinwand. Mit Sicherheit hässlich.
Aber zu ihrem Geburtstag wird es fertig sein.



Jeder Mensch verletzt irgendwann mal einen anderen
Jeder Mensch wird verletzt
Jeder Mensch weint – wenn auch nicht sichtbar

(Sorry, „Everybody hurts“ von REM packt mich immer noch… Zur Therapie Zappas Joe`s Garage:)

Wir spielten immer das gleiche Lied
am Abend und manchmal die ganze Nacht
Es war alles was wir konnten
und es war leicht

Irgendwann sah es dann so aus
als ob wir es nie wieder spielen würden



Ich könnte mich jetzt maßlos besaufen. Ohne störende und mahnende Worte im Hintergrund. Ich habe da plötzlich gar keinen Bock drauf.
Ich gebe allerdings zu, dass ich mehr rauche, als sonst. Und weniger lüfte.
Und immer noch am Schreibtisch sitze, da die Stimme fehlt, die sagt, „Hermann, komm ins Bett zu mir! Es reicht!“


Hey!
Die erste Ausgabe vom LaborBefund Nr.7 mit ausgewählten Texten von mir ist ausverkauft!
Es wird neu gedruckt. Und ich bin stolz.
Andreas Balck als Herausgeber und Ni Gudix machen einen super Job. Ich freue mich, bisher alle 9 Hefte ihres Literatur-Zines zu haben und kann die nur weiter empfehlen: Literaturperlen!
Die Zusammenarbeit mit den beiden ist äußerst angenehm: Es wird ein ernsthaftes Lektorat betrieben!
Texte werden korrigiert und es findet ein umfangreicher Austausch vor dem Druck statt.
Da sollten sich viele meiner geliebten Kleinverlage ein Beispiel dran nehmen!
Ich war am Anfang skeptisch (aber sehr angetan) von der Idee des LaborBefunds monatlich ein Ding auf den Markt zu werfen, aber alle Ausgaben bisher haben mich begeistert. Und die Autoren-Sonder-Nummern mit Arnd Dünnebacke, Lukas Grundmann und meiner Wenigkeit sind einfach toll.

Der LaborBefund lebt. Und wird Erfolg haben. Ich bin mir da ziemlich sicher.
Neben dem Drecksack (auch aus Berlin, vom großen Florian Günther rausgebracht), dem Superbastard (erscheint unregelmäßig, aber oft und Benedikt Maria Kramer macht einen Superjob (Bestellungen für die nächste Ausgabe sind möglich, einfach mal googeln), Rogue Nation (kostenlos im Abo zu erwerben) und natürlich der MaulHure (erscheint irgendwann irgendwie mal wieder, ist dann aber immer gut) ist der LaborBefund die Adresse für Literatur abseits des Mainstreams. Oder des Undergrounds. Oder wie immer man das nennen will.
Natürlich gibt es da noch mehr. Aber die aufgezählten empfehle ich jetzt blindlinks.
Und schäme mich, in anderen Anthologien oder Zeitschriften aufzutauchen, die meinen Qualitätsansprüchen nicht genügen…


Es reicht jetzt. Auch ohne Mahnung von nebenan.
Ich befürchte/hoffe/denke, dass ich die nächsten Wochen öfters hier was texte.
Mir fehlt die Ablenkung.

- Sie fehlt mir wirklich. Schon am ersten Abend…







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