Dienstag, 15. September 2015

Warum ich Facebook weiterhin liebe



REHA?

Oh ja. Ich erinnere mich.
Meine Frau in einer dämlichen Reha,
die nichts gebracht hat & ein dummer Witz war
& ich zuhause, am Computer, Bier & Zigaretten
& unsere Hündin & Sehnsucht.
Muss so zwei Jahre her sein.
& ein Jahr davor war ich dran.
& die Reha war für n Arsch,
aber ich kriegte danach wenigstens meine Rente & Ruhe.
& jetzt erwischt es Freunde.
& ich lese ihre Facebook-Kommentare
& - Oh Mann! – ich fühle mit!

Ich glaube mittlerweile,
Reha-Maßnahmen bringen nur etwas,
wenn man wirklich fit gemacht werden kann.
Bekommen tut man sie leider meist erst,
wenn man eh schon völlig platt ist.
& dann dahin MUSS.

& dann ist das die Hölle.



MUSIK!!!

Ich bin eigentlich dauermüde & voller Schmerzen & genervt
aber heute kam ein Päckchen mit massig Musik an &
das ist die beste Therapie ever!
Für alles.

Zum Beispiel in den sozialen Netzen:
Die Nazi-Kommentare & der Hass & die Engstirnigkeiten
machen mich fertig
& ich verliere die Lust,
mich zu beteiligen
aber dann habe ich beschlossen,
zumindest jeden Tag einen Song zu posten
& sehe die Links meiner Freunde
& tanze auf dem Vulkan
& gegen den Wahn

& vielleicht ja so…

POESIE!!!

Da gibt es zum Beispiel die wunderbare Lisi Schuur
& die postet auf Facebook ihre tollen Gedichte
& das ist schon beinahe zu viel,
um sie alle würdigend wahrzunehmen
Aber
ihre Texte sind voller Liebe & bei verdammt vielen Texten
schleicht sich ein Grinsen in mein Gesicht
& dafür liebe ich sie
(auch wenn ich noch nicht dazukam, ihren Gedichtband zu rezensieren)*
& Urs Böke (der scheiß Essener!) hat beim LaborBefund
nen Band rausgehauen, der wirklich Klasse ist*
Arthuro de las Cosas haut mich um*
& Christoph Kleinhubbert* & H.P. Gansner*
lassen die Worte für mich tanzen
& werden immer bin meinem Herzen sein
& das sind nur Beispiele

Ich habe keine Ahnung
was davon gut oder schlecht ist
Ich bin kein Literaturkritiker
aber oben genannte Beispiele begeistern mich
& schenken mir Leben
& damit sind sie verdammt gut
für mich

KUNST!!!
Natürlich & immer wieder Seyfried
seit meiner Jugend
& die Cartoons von ruthe
& Barbaras Klebereien
& die inspirierende Marion Vina
& da habe ich die Ehre
dass sie demnächst einen Gedichtband von mir illustriert
& die Fotos von Olli Haas & Ina Caspari & Oliver Baglieri
die mich alle drei gerne als Model nehmen würden (HiHi!)

Alles nur Beispiele



& der große Ron Hard ist wieder da
& ich darf mich da ärgern & zustimmen &
widersprechen & diesen Mann weiterhin lieben

& mich auf neue literarische Ergüsse von ihm freuen

Um nur ein weiteres Beispiel zu nennen



Natürlich ist Facebook was für n Arsch
aber
gerade jetzt
- wo ich überlege
mich zu verpissen –
hat es mich wieder gepackt

Ich hasse dumme Rassisten-Posts
aber ich werde meine Empörung nicht verlinken
sondern sie einfach ignorieren
um den Scheiß nicht noch weiter zu verbreiten
& ich versuche
dem Mist Musik, Poesie & Kunst entgegenzusetzen

Vielleicht so



Natürlich ist Facebook Mist
aber ich habe dadurch wirklich ein paar echte Freunde kennengelernt

& ich will keine Zensur
- noch nicht mal von Nazischeiße –
weil:
Ich zensiere für mich selber



Soviel dazu
Facebook wird mich nicht los
& irgendwie liebe ich den Scheiß




*Lisi Schuur: Eigenblicke; BoD
 Urs Böke: LaborBefund #19; Weiche Ziele
 Arthuro de las Cosas: Letzte Zuckungen der schnappenden Schildkröte;
 Christoph Kleinhubbert: alles auf einmal; NordPark Verlag,    Wuppertal
 h.p. gansner: superherz; Songdog Verlag, Wien




Freitag, 11. September 2015

Suizid-Prophylaxe






Ein Spaziergang unter dem Sternenhimmel
die Liebe meiner Frau
die Aufmerksamkeit, die unser Hund einfordert
die Dankbarkeit meiner Schwiegermutter
die Freude meiner Mutter, wenn ich mich (viel zu selten) melde
& die Gewissheit meiner Freunde
& ja – auch die Facebook-Kommentare

Autotherapeutisch putze ich meine Gitarren
& spiele bis meine Finger bluten
Die Farben stehen einsatzbereit auf der Spüle
& eine unbemalte Leinwand wartet auf meinen Einsatz
& ich schreibe ja nicht nur so nen Scheiß
wie diesen hier

Genug Sachen zu machen
Das ist ne Basis

Aber der Hauptgrund
weshalb ich den letzten Schritt noch nicht gemacht habe
ist die Angst
nicht vor dem Ergebnis
sondern vor der Tat

Ich weiß einfach nicht
wie ich es mache
ohne Schmerzen
für mich
& die Überlebenden

Ich bin ein Feigling
& das ist gut so



Donnerstag, 10. September 2015

Noch eins über Tod und Sterben






Vor m Tod habe ich keine Angst
Ich glaube
der Tod ist toll.
Ein langer tiefer Schlaf
so was wie Nichts
(obwohl: da Energie nicht verloren geht
sondern sich nur umwandelt
eben doch Etwas
bloß etwas ganz Anderes
was sich in unseren Worten nicht sagen lässt)
Vor dem Tod habe ich keine Angst.

Tod ist okay
Sterben kann scheiße sein

Dahinvegetieren stelle ich mir äußerst doof vor
Erstickungsanfälle hatte ich schon
- will ich auf gar keinen Fall nochmal erleben
Und Schmerzen sind eh für n Arsch

Ich kenne Sterbefälle
die haben einfach aufgehört zu atmen
und waren weg
Das fand ich schön und friedlich
Ich kenne aber auch Sterbende
die sich ans Leben klammerten
und im Kampf unterlagen
und
das tat beim Zusehen weh
und so
will ich auf keinen Fall abgehen

Ich habe viele Menschen sterben gesehen
und ich habe eine Nahtoderfahrung erlebt
Ich weiß für mich
dass ich da mitbestimmen will
und mir einen würdevollen Abgang wünsche
(Aber meine Wünsche gingen selten direkt in Erfüllung
und es liegt (noch nicht) in meiner Hand)

Was danach passiert
sollte mir egal sein
N bisschen Trauer fände ich okay
aber weiterleben wichtiger

Vielleicht lebe ich in den Gedanken meiner Lieben weiter
die würde ich dann umarmen und Wärme und Kraft senden
von woher auch immer
Vielleicht lebe ich in meinen Worten und ein paar meiner Texte weiter
Geile Vorstellung
aber ich habe keine Ahnung
ob das dann noch überhaupt eine Rolle spielt

Ne Abschiedsparty
- die will ich!
N Glas auf mich und zig Gläser auf das Leben
Und „Jenseits von Eden“ von den Scherben
(nicht mehr Cohens „Hallelujah“ –
das ist besetzt seit der Hochzeit meiner Nichte)
Meinetwegen ein paar Tränen
Hauptsache
die Hoffnung überwiegt

Und dann:
Passt gut auf Claudia und Aron auf!




Sonntag, 6. September 2015

Spontane und emotionale Freude!



Ist da plötzlich eine Wende eingetreten?
Hat es irgendwo Klick gemacht?
Wie kommt es, dass ich sowas wie Menschlichkeit und Zuversicht in diesem Land spüre?
Ich freue mich erstmal und bin ergriffen.
Und das darf ich genießen.

Nachdem wochenlang rassistische und braune Gewalttaten und unmenschliche Äußerungen und Demonstrationen mich und viele andere Menschen erschüttert haben zeigt dieses Land spätestens seit diesem Wochenende ein anderes Gesicht. Ein schönes.

Die Bilder vom Elend der Flüchtlinge, die unerträgliche ungarische Haltung und ein Bild eines toten Kindes an einem Strand (Ja. Ich glaube, dieses Bild spielt da eine wichtige Rolle…) haben einen Stimmungswandel ausgelöst.

Plötzlich ist da nicht mehr die Rede von diffusen Überflutungsängsten, sondern ein Ruck und ein gemeinsames „Wir schaffen das!“ ist zu spüren.
Künstler aller Sparten äußern sich gegen Rassismus und nennen das braune Pack endlich beim Namen.
Die Lohmeyers aus Jamel sind die neuen deutschen Helden. Verdientermaßen. Die Brandstiftung ihrer Scheune ging nach hinten los.
Die Toten Hosen solidarisieren sich und verschaffen dem Widerstand der Lohmeyers eine noch stärkere Öffentlichkeit und eine Welle der Solidarisierung.
„Schrei nach Liebe“ von den Ärzten stürmt nach zwanzig Jahren die Charts und setzt ein Zeichen.
Hasskommentare in den sozialen Medien werden angezeigt und – Oh Wunder! – es kommt sogar zu Polizeiermittlungen.
„Refugees welcome“- Shirts sind die neue Mode.
All das macht Hoffnung.

Die Bilder von den Bahnhöfen in diesem Land (ich nenne jetzt mal München – und gerade da hätte ich das nie erwartet – und Doofmund als Beispiele) lösen Tränen bei mir aus:
Die Flüchtlinge werden willkommen geheißen, eine wunderbare Wärme und Solidarität wird ihnen entgegengebracht und Dland steht plötzlich für etwas, was ich hier nicht mehr erwartet habe:
MENSCHLICHKEIT und SOLIDARITÄT.

Glaubt es mir, ich heule wirklich, während ich emotional bewegt dieses hier tippe.

Natürlich. Gestern Nacht war auch dieses Nazi-Pack in Doofmund. Und die Polizei wieder mal überfordert und taktisch auf der falschen Seite. Aber die knapp 30 Vollpfosten hatten keine Chance gegen über 1000 Flüchtlingshelfer.
Natürlich.
Die braune Brut ist nicht von einem auf den anderen Tag verschwunden. Wir müssen wachsam bleiben. Und bereit zum Widerstand.
Natürlich.
Wir dürfen nicht vergessen, dass die Politik und die Staatsmacht den rechten Terror jahrzehntelang ignoriert oder gar unterstützt hat.
Natürlich.
Die Schieflagen und Kriege in der Welt existieren weiterhin und damit wird das Elend der Flüchtlinge weitergehen.

Aber seit gestern habe ich dann doch wieder einen Hoffnungsschimmer und zumindest teilweise den Glauben an Menschlichkeit wieder gefunden.

Ich freue mich heute einfach mal.
Und tanze.
Und lache herzhaft.

Danke an all die Menschen, die mir das ermöglichen!

Freitag, 4. September 2015

Fertig...



Oh Mann!

Ich bin fertig.
Mein Gedichtband ist fertig.

Ich kann mich nicht erinnern, dass meine bisherigen Veröffentlichungen mich so ausgelaugt haben.
Vielleicht liegt es an diesem Sommer, der mich eh fertig gemacht hat.
An teilweise heftigen privaten Begleitumständen. An der Weltlage und meiner Wut und Sprachlosigkeit. Und dem Gefühl, dass meine Gedichte da einen Furz wert sind.
Vielleicht liegt es an gesundheitlichen Ängsten, die mich begleiten und verstärkt auftreten.
Keine Ahnung…

Jetzt muss mein armer Verleger sich damit rumschlagen. Nach seinem wohlverdienten Urlaub. (Die erste Mail mit Anhang sprengte schon mal den Briefkasten des Verlags…)
Und dann erscheint das Teil hoffentlich im November…



Ebenfalls im November wird „Ein Versuch: Die Liebe“ wieder erscheinen.
Mit Grafiken einer wirklich hervorragenden Künstlerin.
Als Chap-Book.
Mehr verrate ich da nicht…



Ab morgen schmeiße ich dann alle meine alten Textdateien vom Compi und speichere sie extern und beginne von vorne.
Das ist befreiend.
Schafft Luft.
Passend dazu scheint sich ja auch der Extremsommer zu verabschieden.

Und dieser Sommer hat mich wirklich fertig gemacht!

Ich fühle mich wie Lemmy, der vorgestern sein drittes Konzert in Folge absagen musste.



Was wirklich weh tut:

Ich habe Abschied vom Ruhr-Stadion genommen.
Mein Wohnzimmer, Block P-rechts, werde ich nicht mehr besuchen. Und Sitzplätze sind was für n Arsch, zumal meine Freunde dann nicht da sein werden.

Die Zeichen stehen verdammt gut für eine erfolgreiche Saison des VfL Bochum, vielleicht endlich sogar der Aufstieg, aber ich kann das einfach nicht mehr:
Nach dem letzten Stadionbesuch bei absolut idealen Bedingungen war ich drei Tage krank.
Ich muss lernen, meine Grenzen zu akzeptieren.




Ich schaffe es, mit meiner Frau möglichst harmonisch unser Leben zu meistern, ab und zu unsere Auszeiten vom Alltagswahn zu nehmen und zu genießen. Mehr geht nicht.

Die Partys müssen ohne mich stattfinden.
Schade. Aber nicht zu ändern.
(Dabei sind wir morgen zu einer Party in Köln eingeladen, wo wir eigentlich gerne hin wollen…)

Momentan kommuniziere ich wenn überhaupt mit meinen Freunden über den Computer.
Telefon hasse ich, am Compi kann ich mir meine Auszeiten so wählen, wie es am besten passt.
Und niemand sieht meine Schmerzen, meinen Sabber und mich.
Das ist irgendwo scheiße, das ist aber andererseits auch okay für eine Zwischenzeit.



Ich habe die neue Motörhead-Scheibe gehört. Und finde sie klasse.
Ich höre gerade die neue Public Image Ltd. Und finde sie spaßig.
Ich werde die neue Libertines, Slayer, Keith Richards hören.
Ich erwarte irgendwann ein  neues Peter Gabriel Album.

Ich habe kein Bock mehr auf Abschiede.
Lemmy (Oh Mann!), Leonard Cohen, Keith Richards sollen verdammt nochmal mir den Vortritt erlauben!

Aber ich will unbedingt einmal in meinem Leben ein Pearl Jam Konzert besuchen! Unbedingt!

Ganz zu schweigen, von den Zielen, die ich noch mit meiner Frau erleben möchte. Prag. Ein Urlaub am Meer. Unsere Liebe.

Also: Es ist noch viel zu früh, um abzutreten.