Freitag, 23. Mai 2014

Wahrscheinlich schon ab morgen Leila



Göttin, was habe ich plötzlich ne Menge Zeit!

Kein Vierbeiner, der meine Aufmerksamkeit fordert, keine stundenlangen Spaziergänge, weniger Dreck und Haare.
Ich komme damit nicht klar.
Der Haushalt ist schnell erledigt, macht auch wenig Sinn, ist ja eh alles sauber.
Papierkram macht eh keinen Spaß und ohne Gewusel an meinen Beinen kann ich mich noch schlechter konzentrieren.
Bücher lesen? Kein Bock.
Und Schreiben? Ich befürchte, da quengele ich momentan zu viel.

Wenn Claudia unterwegs ist, dann ist es kaum auszuhalten.
Ich lasse die Glotze in der Dauerschleife laufen und habe zusätzlich Musik an.
Aber nichts packt mich so richtig.

Nachmittags kommt dann Claudia zurück.
Und entführt mich zum Tierheim.
Ich zucke mit den Achseln und ergebe mich.
Claudia leidet deutlicher als ich.
Weint mehr, kommt plötzlich ohne Hund gar nicht mehr klar.
Ich versuche ja, vernünftig zu sein. Akzeptiere (oder versuche es) die Trauer und das Leiden und sehe einen neuen Hund eher als Zukunftstraum.
Andererseits kriege ich das auch nur halbwegs hin und bin froh, dass Claudia entgegen früherer Aussagen auch wieder einen Hund haben will.
Ich kann mir ein Leben ohne Hund auf Dauer nicht mehr vorstellen.

Aus persönlichen und lokalpatriotischen Gründen will ich zuerst im Tierheim Castrop gucken. Schließlich: Auch Maya hatten wir von da. Und die Menschen dort sind äußerst nett. Den Tieren geht es dort gut. Ich mag das Tierheim Castrop einfach.
Im Internet hatten wir uns zwei Tiere als „Favoriten“ ausgesucht. Im Wissen, dass das wenig zu sagen hat.
Der persönliche Kontakt entscheidet und im Endeffekt sucht sich der Vierbeiner seine Familie.
Obwohl eigentlich geschlossen (in unserem Chaos hatte ich das ganz übersehen) lassen uns die Menschen trotzdem die Hunde ansehen.
Unser Hauptfavorit ist ängstlich und nimmt nur zögerlich Kontakt auf. Ich bin auch selber nur mit halbem Herz dabei, da er höchstwahrscheinlich schon seine Familie gefunden hat und ich dann mein Herz nicht verschenken will. Claudia sieht es ähnlich, gibt aber natürlich nicht auf.
So dürfen wir noch Leila sehen.

Leila ist eine junge Schäferhündin. Relativ klein und schmal. Wunderschön.
Und ein Wildfang.

Sie rennt sofort auf uns zu, springt uns an und umwuselt uns.
Zwischendurch springt sie in das Wasserbecken auf dem Außengelände des Tierheims (und da ist Claudia allerspätestens begeistert, will sie doch unbedingt mit einem Hund in einen See springen, eine Sache, die Maya nicht so mochte…), um dann wieder uns anzuspringen.

Was soll ich sagen, ich gucke in die aufmerksamen Augen von Leila, streichele ihren dünnen Körper und das Fell, das sich mit meinen Fingern verbindet, tolle mit ihr rum und sehe unsere gemeinsame Zukunft vor Augen.

Dieser Hund wird mir meine letzten Nerven rauben!
Drei bis vier Stunden Spaziergang am Tag werden Pflicht sein, dabei immer wieder Bälle oder Stöcke werfen (Oh ja! Ich mag das! Wirklich!).
Und in der Wohnung wird Leila mich am Schreibtisch selten in Ruhe lassen, immer Aufmerksamkeit fordern, nerven.
Außerdem werden wir sie nicht alleine lassen können. Sie würde jaulen und die Wohnung auseinandernehmen.
Im Kontakt zu anderen Hunden müssen wir vorsichtig sein: Sie will nur spielen, ist dabei aber tappsig und wild. Im Kontakt mit anderen Menschen ebenso: Leila liebt jeden Menschen, springt alle Kontakte an und ist einfach zu begeistert.
Leila wird Erziehung brauchen.
Massig.

Claudia wird wieder arbeiten gehen und (ähnlich wie bei Maya) werde ich der Mensch sein, auf den sich Leila hauptsächlich fixiert.
Leila wird mich im ersten Jahr öfters wahnsinnig machen.
Die ersten Wochen (Monate?) wird sie nur an kurzer Leine laufen dürfen, danach kommt dann die lange Leine und es wird dauern, bis ich sie frei laufen lassen kann.
Im ersten Jahr müssen wir alle unsere Freizeitaktivitäten so abpassen, dass unsere Hündin immer dabei ist.
Dieser Hund wird meine letzten Nerven rauben!
Ich liebe sie jetzt schon!

Eigentlich ist das schon alles entschieden und wir werden Leila ein neues Zuhause anbieten.

Ich vermisse Maya.
Gerade jetzt, während ich diesen Kram tippe.
Ich werde sie immer vermissen und werde sie nie vergessen.
Ein anderer Hund wird sie nie ersetzen können, aber darum geht es nicht.
Es geht um das Leben unserer Kleinfamilie, das aus Claudia, mir und (eben dann doch wieder) Hund besteht.
Es geht um den Therapiehund, der mich zwingt, aussem Quark zu kommen.

Ich verliebe mich schnell in Hunde, aber nur wenige packen mich so, dass ich mich als ihr Zweibeiner ansehe.
Leila hat das sofort geschafft.

Ist das vernünftig?
Nein.
Aber wenn es den Vier- und Zweibeinern gut geht, dann kann man auch mal auf Vernunft scheißen…


Zwei Tage später:
Wir waren mit Leila spazieren.
An der Leine reagiert sie relativ beschissen. Lässt sich zwar führen, macht aber massig Stress.
Auf dem Freigelände hört sie kurz auf uns, lässt sich aber von all den anderen Eindrücken immer wieder ablenken.
Das ist okay.
Wir sind in einem Tierheim. Sie sieht uns erst zum zweiten Mal in ihrem Leben. Und kommt trotzdem immer wieder zu uns, wenn wir sie rufen.

Morgen werden wir sie zu uns nehmen.
Offiziell erst mal zur Probe, aber eigentlich ist es beschlossen.

Leila wird uns nerven.
Wir werden sie über alles lieben.

Sie wird kein Ersatz für Maya sein.
Sondern ganz was Neues.

Das Leben bleibt spannend.





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