Samstag, 26. März 2016

Geier Sturzflug, Die Conditors und Freiberg: Früher wirklich geil!







23.12.1982.
Mein 19ter Geburtstag.
Wir hatten wie die letzten Jahre reingefeiert und der Tag verlief im trägen Kater.
Am Abend wollten wir in unserer Stammkneipe gemütlich die Weihnachtstage einläuten und da passte es, dass da ein Konzert angesagt war.
Geier Sturzflug“: Die hatten wir vorher schon mal gesehen, die waren geil. Ich hatte mir sogar nach dem Konzert die Platte gekauft.
Ich machte mich gegen acht Uhr abends auf und war dann doch sehr überrascht: Vor der Kneipe standen massig Leute, der Laden war überfüllt. Und plötzlich sang dann das ganze Publikum bei einem Lied mit: „Bruttosozialprodukt“ hieß das. Mir gefielen aber die alten Lieder von der ersten Platte besser („Bruttosozialprodukt war wohl auch ein altes Lied, hatte es aber nicht auf die Platte geschafft).
Es war ein absolut geiles Konzert und wir waren alle danach schweißgebadet und fertig.
Fertig war auch die Band, leider in einem anderen Sinn:
„Bruttosozialprodukt“ wurde ein Mega-Hit, die Band zerbrach schließlich an dem Erfolg und an einer hochkommerziellen Erwartungshaltung, die wohl Schuld daran war, dass danach nur noch Müll von denen kam.
Trotzdem: Die erste Platte von Geier Sturzflug (runtergekommen) von 1981 ist n geiles Ding und läuft immer mal wieder bei mir.

Ungefähr zur gleichen Zeit eine weitere Neuentdeckung:
Conditors.
Die Conditors, das waren Peter Freiberg, früher Schlagzeuger von Cochise, jetzt der Sänger und Uli Steinert (R.I.P.), Gitarre bei Messalla. Und Peter Jureit (Drums) und Peter Wasielewski (Bass).
Der Sound wurde dabei hauptsächlich durch den ausdrucksstarken Gesang von Freiberg und den Gitarrensound von Steinert bestimmt. Textlich witzig und ironisch beglückte die erste Platte mit wirklich geilen Songs. Und die kleinen Clubkonzerte waren tolle Parties.
Ich erinnere mich an einen Gig in einer Drobs in Recklinghausen oder Herne. Freiberg beim Soundcheck steht vor dem Mikro und singt solo „Many Rivers to cross“. Und wir merkten sofort, der hat es drauf.
Dann kam die sogenannte NeueDeutscheWelle und die Conditors sprangen drauf. Peter Freiberg hatte massig Charisma und war eine Rampensau, tatsächlich entstanden ein paar glattgebügelte Hits. Aber die Band hatte verloren und nicht mehr die Power und den Witz der ersten Platte.
Nach Auflösung der Conditors gab es noch zwei Soloalben von Freiberg. Die erste ist dabei gar nicht mal schlecht, die Musik bestimmte weiterhin Uli Steinert, der große Erfolg blieb aber aus.
Peter Freiberg ist mittlerweile Drehbuchschreiber, Uli Steinert leider viel zu früh verstorben.



Geier Sturzflug,
Die Conditors,
Freiberg:
Anfang der 80er rockte der Ruhrpott.
Und ich gebe dem Kommerz um die Neue Deutsche Welle die Schuld daran, dass wirklich klasse Bands nach ihrem Debut und geilen Konzerten und Erstalben nachher größtenteils Scheiße produzierten oder gänzlich verschwanden.
Diese drei werden immer in meiner Erinnerung bleiben.

Donnerstag, 24. März 2016

Nostalgiesoundtrack der 80er: Cochise



Cochise –
Nostalgiesoundtrack aus einer Zeit, wo Revolution noch ein erstrebenswerter Traum war

Ostern 2016. Desillusioniert sitze ich an meinem Schreibtisch. Es ist nasskalt. Und ich summe in meinem Hirn „Schnee zu Ostern“ von Cochise. Und höre mich dann durch die Musik dieser Band. Nostalgiekino. Und ich schwebe.

Cochise begleiteten mich seit meinem 16ten Lebensjahr. Ich weiß nicht mehr, wie viele Konzerte ich von ihnen feiern durfte. Es waren viele.
Und ab und zu höre ich diese Band immer noch. Und tauche in meine Zeit von 16 bis 21 ein.
Damals. Anfang der 80er. Als wir von der Revolution träumten.

Das erste Mal hörte ich sie, bevor es diese Band überhaupt gab. Pit Budde und Klara Brandi spielten akustisch in der Tangente, eine Kneipe, die in meinem Heimatort Castrop-Rauxel bei den Erwachsenen als Drogenhöhle verschrien war. Natürlich zog es uns deshalb immer dort hin.
Pit und Klara begeisterten. Und ich war Fan.

Messalla, eine damals angesagte Deutschrockband mit Jazzeinflüssen, machten den Fehler, Pit und Klara zur Veröffentlichung ihrer Debut-LP im Vorprogramm spielen zu lassen: Pit und Klara begeisterten und die Halle tobte, bei Messalla verließ die Hälfte des Publikums den Saal. Zu gefühllos und kalt wurde die Platte Ton für Ton nachgespielt, dabei hatten Pit und Klara die Stimmung auf Spontanität und Begeisterung geschraubt.

Nach den Auftritten von Pit und Klara (und nach Manderley, eine Dortmunder Folk-Combo um die beiden, aber das sollte ich erst später wahrnehmen) kam dann Cochise.
Und die LP „Rauchzeichen“.
Und die zarten Revolutionsträume im Ruhrpott hatten ihre Hausband. Sozusagen die Dortmunder Antwort auf die Scherben (heute sag ich mal: Na Ja…).

Cochise, das waren Pit Budde (Gitarre, Gesang), Klara Brandi (Bass, Querflöte, Gesang), Günther Holtmann (Gitarre), Peter Freiberg (erster Schlagzeuger), Thom Kühn (zweiter Schlagzeuger), Gert Rickmann-Wunderlich (dritter Schlagzeuger), Dorle Ferber (Violine, Sax, Gesang), Martin Paul (an den Tasten der Live-Aufnahme) und die AktivistInnen der Öko- und Friedensbewegung im Publikum, die AnarchistInnen und StraßenkämpferInnen der 80er, die Fans.

Obwohl medial eher geächtet spielten sie unzählige Konzerte und verkauften massig (I hope so) Platten.
Und wurden in der Szene geliebt.

„Wir sind nicht hilflos
 Nein, wir sind viele!
 Ihr lehrt uns jeden Tag
 Euch mehr zu hassen!“

Cochise lieferten unseren Soundtrack.
Heutzutage klingt das naiv, damals powerte es auf.

Mit Grinsen gestehe ich, dass „Rock’n Roll Rentner“ mein Lieblingslied von ihnen war und irgendwie immer noch ist. Ein peinlicher Song über Rock’nRoll Träume, schwülstig von Günther gesungen. Ich lach mich jedes Mal schlapp, wenn ich es höre, befürchte aber, dass es ernst gemeint war.

Aber die Freiheitsträume: Die untermalten Cochise wunderbar.
„Schnee zu Ostern“, „Jetzt oder nie – Anarchie“, „Die Erde war nicht immer so“: So stellten wir uns unsere Revolution vor.



Die Träume der 80er sind gescheitert.
Cochise wurden zwangsläufig zum Nostalgiesoundtrack.
1988 machten sie ihre Abschiedstournee.

Ostern 2016.
Meine Frau schmückt die Wohnung, ich tippe vor mich hin.

Pit Budde spielt mittlerweile hauptsächlich World-Music.
Und ist soweit ich weiß als Musikpädagoge unterwegs.
Das passt: Er hatte schon immer ne etwas nervige pädagogische Ader.
Und sein Ovation-Sound ist heute kaum noch zu ertragen. Damals habe ich ihn geliebt.

Peter Freiberg wurde Sänger der Conditors. Ihr erstes Album ist obergeil, auch wenn sie danach eher auf Schlager machten. Seine Solo-Karriere begann auch sehr vielversprechend. Ich habe keine Ahnung, was daraus geworden ist…

Thom Kühn war der Wirt meiner Stammkneipe in Castrop-Rauxel. Strandcafe.
Dort wurde ich sozialisiert.

Günther Holtmann zapfte in der Kneipe und mischte Cocktails. Ein absolut geiler Gitarrist. Nach Cochise spielte er viel im Studio und (wie ich gehört habe) kurzfristig bei Phillip Boa. Der ihn feuerte, weil Günther eben auch bei Schlagern mitspielte. Boa ist ein Arsch.
Von Günther habe ich mein Lieblingszitat zu Cochise:

„Ist okay. Macht Spaß. Aber verdammt nochmal, von allen Bands haben wir das hässlichste Publikum!“

Er hatte Recht. Und ich gehörte in meinem Strickmantel und mit meinem Vollbart damals eindeutig dazu.

& Ich habe keine Ahnung, was aus den anderen Indianern wurde…



Cochise passen nicht in die heutige Zeit.
Im Unterschied zu Ton Steine Scherben, die zeitlos immer funktionieren.
Trotzdem: Bei einer Nostalgie-Reunion in Originalbestzung stände ich (wie viele Mit-Fünfziger) in der ersten Reihe.
Und würde mir dafür eine Latzhose lila färben.





Sonntag, 20. März 2016

Wenn mir mal absolut garnix einfällt:



Ein Tag zum abhaken und wegschmeissen

Nieselregen und Schmerzen

Der VfL Bochum vergeigt es
und ich irgendwie auch
alles
was auch immer…

Im Gegensatz zu diesem Tag
der einfach nicht enden will
ist dieses Gedicht kurz
und nervt nicht lange

Das ist das einzig Gute
Heute

Freitag, 18. März 2016

Tagesgeschehen, AnnenMayKantereit, Degenhardt, Iggy Pop und so



In der Tagesschau zu sehen. Ein deutscher Polizist zu einer syrischen Mutter:
"Wenn sie nicht mitkommt, leg ich sie in Ketten und zerre sie raus. Ist mir scheiß egal. Ich habe keine Zeit und keine Lust. Ich bin auch nicht ihr Freund (…), ist mir auch scheißegal, ob da ein Kind ist, das packe ich auch in Ketten."
Diese Meldung überrascht mich nicht, macht mich trotzdem betroffen.
Grundsätzlich fühle ich mich angesichts der Polizei nicht beschützt, sondern unbehaglich. Seit meiner Jugend sitzt das fest. Is nix mit „Freund und Helfer“, ist verlängerter Schlagarm, sonst nix.
Und die Fremdenfeindlichkeit und Empfänglichkeit für Rechtsaußengedanken der Polizei sind ja nix Neues.
Neu ist, dass solche Übergriffe mittlerweile ne Öffentlichkeit finden.
Und das ist gut so.

Zwei weitere Meldungen:
- „SPD Linke fordern Kurswechsel von Gabriel“
Wie? Es gibt noch „Linke“ in der SPD?
Wie? Gabriel hat einen Kurs?
- „Pflegeberufe: Aus drei mach eins“
Ich weiß nicht, klingt nach Aktionismus, der wieder mal nichts verbessert, sondern nur besser klingt.



Ich wollte doch nur noch schöne Sachen schreiben!




Also genug vom Tagesgeschehen und mal wieder Musiklaberei:

- AnnenMayKantereit -  „Alles  nix konkretes“

Ich bin zwiegespalten. Der Hype um diese Band ist ja riesig und meine Vorfreude auf ihr Debutalbum war bei mir schon sehr groß. Dieser Vorfreude werden die Jungens eindeutig nicht gerecht.
Ungezählte YouTube-Videos und ausverkaufte Konzerte vor der ersten Platte ließen Großes erwarten.
Diese Wahnsinnsstimme! Und diese Unbekümmertheit der Jugend, die von ihren ersten WG-Erfahrungen und den ersten Herzensbrüchen in einfachen Liedern singen – da konnte eigentlich nichts schiefgehen.
Ich hoffte auf ne bessere Klangproduktion, der Bass und das Schlagzeug benötigten unbedingt ne bessere Abmischung. Dies findet sich auf der Platte, zum Glück, ohne diesen ungeschliffenen Diamanten kaputt zu schleifen.
Ich hoffte, auf kleine Textkorrekturen. Zu viele Wiederholungen, platte und hölzerne Reime, die Lieder in den Clips wirkten wie erste Proberaumentwürfe, an denen man halt noch n bisschen feilen könnte. Da ist nichts passiert.
Ich freute mich auf diese Stimme, auf den schreienden und knarzigen Gesang. Der wurde auf der offiziellen Platte leider zu oft glattgebügelt.
Die bekannten Lieder sind nun alle soundtechnisch besser, haben aber weniger Leben. Es wurde an den falschen Stellen verbessert und so ist da jetzt ne eher mittelmäßige Debut-Scheibe entstanden.
Schade.
Vor dreißig Jahren (damals war ich ungefähr so alt, wie diese Jungens heute sind) hätte ich diese Platte geliebt und in Dauerschleife gehört.
Im Wechsel mit der „Raindogs“ von Tom Waits (Mensch! So alt ist die schon!).
AnnenMayKantereit hätten mein junges WG-Leben und meine halbherzigen Studiumbeginnschritte begleitet.
Bei den Videos auf YouTube tauchte ich in dieses Nostalgiekino.
Mit dem offiziellen Debut funktioniert das nicht so ganz.
Ich hoffe, der momentane Hype macht die Band nicht kaputt und habe riesige Erwartungen an das Nachfolgewerk.
Sie sollten sich dafür mindestens zwei Jahre Zeit lassen …
Nachtrag: Im Laufe des Tages wuchs die Platte dann doch noch bei mir.
Die Kritikpunkte bleiben, ich möchte sie aber nicht überbewerten.
Alles in allem ein tolles Ding für mich!


- DEGENHARDT  – „Terror 22“

Ein Kollege empfiehl mir das Album:
Unbedingte Empfehlung ist das neue Album von DEGENHARDT "Terror22". Kann man sich auch bei Spotify anhören und ist für mich das beste deutsche Rap-Album seit langer Zeit. Atmosphäre, Texte und Stimme: rund, bedrohlich, unterhaltsam und herausragend.“
(Etick Ka-boom).
Jau. Ich glaube, er hat Recht.
Ich hab das Ding jetzt einmal gehört und bin ziemlich angetan.
Aber ich tue mich mit Rap schwer. Und bin da momentan nicht in der richtigen Stimmung.

Und muss jetzt wieder zu meiner aktuellen Lieblingsplatte wechseln:

- Iggy Pop – „Post Pop Depression“

Wow!
Obwohl ich Iggy liebe war ich skeptisch.
Die „Apres“ und die „Ready to die“ mit den Stooges fand ich nicht so toll.
Und jetzt die Zusammenarbeit mit Josh Homme und den Queens of the stone age. Und wieder tauchen Gerüchte auf, dass dies das letzte Album von Iggy sein wird.
Es wäre ein absolut würdiger Abschied.
Ohne in Einzeleinheiten einzutauchen: Das Ding rockt! Iggy singt, schreit und grantelt in Bestform. Die QOTSA begleiten die Scheibe zauberhaft und „Post Pop Depression“  entwickelt sich gerade beim öfters Hören jetzt schon zu einem meiner Lieblingsdinger von Iggy.
Ich entdecke immer neue Facetten, es wird einfach nicht langweilig.
Stark!



Ach. Guido Westerwelle ist gestorben.



Bock auf einen Hamburger. N Big Mac oder so.
Da habe ich immer dann Bock drauf, wenn ich weiß, dass ich so einen Scheiß in absehbarer Zeit nicht essen kann.
Zum Glück lässt der Heißhunger nach, sobald kauen wieder möglich ist (Doch: ein Hamburger braucht Kauwerkzeug, der funktioniert nicht ohne Zähne. Glaubt mir!).
Bock auf einen Kneipenabend.
Auch das ist nicht drin bei mir.
Bock auf Lesungen, zum Beispiel morgen in Ludwigsburg.
Nächstes Jahr wieder …

Bock auf einen (sehr späten) Mittagsschlaf …

Bis denne …