Dienstag, 25. Januar 2011

Das KRANKmachENdeHAUS




Und wieder einmal geht es morgen ins KRANKmachENdeHAUS. Es kotzt mich an. Ich habe Angst. Ich will nicht.
Ich weiß nicht genau, meine wievielte Krebsnachsorge in den letzten vier Jahren das jetzt ist, jedes Mal war es bedrückend, ärgerlich, zeitaufwendig und einfach nur nervig.
Okay: dafür war es bisher aber auch jedes Mal im Nachhinein erleichternd, wurde mir doch immer Metastasen- und Rezidivfreiheit verkündet.

Morgen wird das wohl so ablaufen:
Ich betrete das Haus fröstelnd vorbei an den Smokers outside the hospital door  und schmachte nach einer Zigarette, die ich mir den Vormittag über verkneifen werde. In der Ambulanz gebe ich meine Blutwerte, die Überweisung und meine Krankenkassenkarte (wichtig!!!) ab, dann gehe ich zur Röntgenabteilung. Erste halbe Stunde Wartezeit. Dann wird mir ein Zugang gelegt, über den das Kontrastmittel in meinen Körper fließt. Kontrastmittel ist klasse: es heizt die Blutbahnen extrem auf und das erste Mal in diesem Winter werde ich nicht frieren.
Dann geht es ab in die Röhre und das CT wird gemacht.
Danach gehe ich wieder runter zur Mund- und Kieferchirurgie und melde mich erneut an. Nach einer halben Stunde Wartezeit wird eine Sonographie meines Halses gemacht, danach muss ich in das nächste Wartezimmer. Nach einer weiteren Stunde kommt der Oberarzt und ich nehme die Zähne heraus und er inspiziert meinen Mundraum.
Der Oberarzt ist jedes Mal überrascht, dass ich auf die Frage, wie es mir geht, nur halbwegs positiv antworte. Aber seit vier Jahren geht es mir halt nur bedingt gut. Schmerzen, Schlappheit und Frösteln sind genauso wenig lustig wie mein entstelltes Äußeres und mein Sabbern. Mir geht es halt nur ansonsten gut.
Nach ein paar Höflichkeitsfloskeln gibt er mir einen Termin in einem halben Jahr und entlässt mich.
Das Ergebnis werde ich erst zwei Tage später telefonisch erfahren.
Nach ca. vier Stunden verlasse ich das Krankenhaus und stecke mir eine Zigarette an.

Ich habe da mittlerweile Routine, trotzdem ist die psychische Belastung jedes Mal riesig. Ich hasse Krankenhäuser, habe sie schon in meiner Zeit als Krankenpfleger gehasst. Ich habe Angst, dass ich den Krebs doch noch nicht besiegt habe und frage mich jedes Mal, ob ich den Mut aufbringe, jegliche weitere Behandlung zu verweigern, so wie es eigentlich vorhabe.
Ich liebe das Leben, Krankenhäuser symbolisieren für mich das Gegenteil.
Seit einer Woche lähmt mich dieser Termin in meinen anderen Aktivitäten. Das hat aber auch seine Vorteile: ab übermorgen werde ich dann neu durchstarten können.
Dann wieder voller Zuversicht.

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Guten Morgen!

Und mal wieder Zeit für Werbung. Leute, es lohnt sich wirklich!

Maulhure
8,95 € (inkl. MwSt./zzgl. Versandkosten)
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MAULhUre No 1
Herausgegeben von Urs Böke, Hermann Borgerding & Jerk Götterwind
92 Seiten; ISBN 978-3-941134-61-4; 8,95 €
Hier ist Literatur, hier ist MAULhUre
Hier wird der Beweis geliefert, dass Poetry und Straßen-Bewußtsein keinen Dissens bilden müssen. Hier sind Gedichte und Stories, nicht wirklichkeitsnah, sondern tatsächlich. Ungeschönte Analysen des Alltags. Nicht von oben und deshalb folgerichtig ohne Reissleine. Literatur im freien Fall. Direkt gepresst zwischen die Buchdeckel im Hier und Jetzt.
Hier ist MAULhURE.
u.a. mit Beiträgen von Hadayatullah Hübsch, Ira Cohen, Hermann Borgerding, Hartmuth Malorny, Roland Adelmann, Jerk Götterwind, Robsie Richter.

Erschienen und zu bestellen bei: edition PaperONE
http://www.editionpaperone.de/

Am 08.02.2011 gibt es eine LESUNG mit den drei MAULhURE-Autoren
HARTMUTH MALORNY
ROLAND ADELMANN   
HERMANN BORGERDING.
Nicht überreden zu lesen lässt sich URS BÖKE,
wird aber trotzdem -oder genau deshalb- anwesend sein.
08.02.2011  20:00h   5,- EUR
 
  Location:
SISSI-KING-KONG
Landwehrstraße 17
44147 Dortmund
0231 7282578
www.sissikingkong.de



Rezension: MAULhURE
herausgegeben von Urs Böke, Hermann Borgerding, Jerk Götterwind
Edition Paperone Leipzig 2010

Doch, es gibt sie noch, die kritische Subkultur, die nicht nach hohlem Starkult lechzt, sondern bei der es um Inhalte geht. Die an die Kraft der Kunst glaubt und die Kunst nicht nur als Neurosenträger mißbraucht.
Hier sind sie alle versammelt. Jürgen Ploog, Ira Cohen, auch Hadayatullah, der kürzlich erst von uns ging, zusammen mit den Rebellen der jüngeren Generation: Florian Günther, Urs Böke, Jerk Götterwind, Roland Adelmann und diverse mehr. Das Cover stammt von Jenz, der jährlich mit seinem INSIDE ARTZINE im grafischen Bereich abdeckt, was die Dichter mit Worten umschreiben.
Qualität. Man kriegt sie so selten zu Gesicht. Bei den Ego-Schauen auf Facebook und MySpace, bei den Lesebühnen, Lesezirkeln und Käseblättern kommt sie so gut wie gar nie vor. „Subkultur“, sagte ein Lesebühnen- und Heftlesdichter mal, „ist doch eh nur das, was bei Rowohlt und Suhrkamp nicht reinkommt, weil es zu schlecht ist.“ HELs Spruch „wer nix taugt als unkrautvernichter / wird dichter“ schien mir zeitweise wirklich wortwörtlich zuzutreffen, ohne jede Ironie: viele „Dichter“, die ich kennenlernte, waren die größten Deppen weit und breit, hochneurotisch, mimosenhaft, selbstverliebt, minderbegabt und vor allem: vom Schreiben keine Ahnung und zum Schreiben keine Beziehung. Wenn die Äußerlichkeiten zum Aufnahmekriterium werden, gibt es keine Inhalte mehr. Wenn jeder Alkoholiker und Stützi Dichter sein kann dadurch, daß er Alkoholiker und Stützi ist, dann dünnt die Suppe aus.
Es gibt tatsächlich wenige Autoren und Organe, bei denen ich Glühen spüre. Biby Wintjes ist tot, Bruno Runzheimer auch, Hadayatullah auch. In Thomas Collmers ROLLERCOASTER glüht es, in Axel Montes RUDE LOOK, In der Berliner „Floppy Myriapoda“ glüht es nicht wirklich, auch „Libus“ war nur Fake, und die „Luftruinen“ sind manchmal auch noch nicht mehr als ein Organ für Lesebühnis, die probieren wollen, ob sie außer lesen auch schreiben können. Und auch aus Leipzig kommt nichts mehr – Frank Brökers HÄRTER wurde immer weicher, seit es zum „Haus aus Stein“ wurde und nur noch um den Placebo-Barden Pratajev geht.
Aber Bökes MAULhURE glüht. Diese Gedichte und Prosetten sind nicht zu schlecht für Rowohlt und Konsorten, sondern zu gut. Zu ehrlich. Zu direkt. Zu offen. Die Dichter sind keine jungen Spunde mehr, sie müssen weder sich noch dem Leser etwas vormachen. Der frühe Social Beat war ja auch deshalb oft so banal und prätentiös, da man das Gefühl hatte, man müsse nur möglichst viel Sex und Suff in den Zeilen unterbringen und den Macker raushängen, und schon wäre es ein Gedicht. Von derlei Affereien hier keine Spur – na gut, bis vielleicht auf „Bettfedern“ von Hartmuth Malorny. Aber sonst – Hermann Borgerdings Menschlichkeit rührt einen bis ins Mark, genauso Jörg Herbig. Jerk Götterwind schreibt über Behörden und über eine verquaste Künstlertussi, und da ist überall ein Glimmen zwischen den Worten. Und Florian Günther reflektiert über verflossene Frauen, über Janis Joplin und Arthur Rimbaud, und, Günther: es geht nicht darum, aufhören zu schreiben. Auch Rimbaud hat ja nicht aufgehört zu schreiben. Er hat nur aufgehört, sich in den Schickimicki-Dichterzirkeln in Paris herumzutreiben und zu veröffentlichen. Verstummt ist er nie.
Und ich bin froh, daß auch die MAULhURE nicht verstummt ist.
Die Subkultur ist zäh. Jedenfalls die echte. Sie übersteht Krebs, Entzugskuren, Nervenzusammenbrüche und falsche Propheten. Sie wird reifer, sie wird humorvoller, sie kann grinsen, sie ist gelassener. Aber sie ist nicht totzukriegen.
Sie glüht, ja. Die Asche ist warm. Und das tut gut.

Ní Gudix, 21.1.11

Mittwoch, 12. Januar 2011

Ursachenforschung

Ursachenforschung

Das Leben gefährdet die Gesundheit
und führt immer zum Tod
so viel ist ja mal klar

Krebs ist in jedem Menschen von Geburt an
die einzige Frage ist
ob und wie er ausbricht
Und dann gibt es einfache Erklärungen:
Pech gehabt   oder
Dumm gelaufen

Das Leben:
Zynismus pur

Und ich bin wütend und sauer
auf den Krebs und die Scheiße
Auf mich
und meine Müdigkeit und Mutlosigkeit
Auf alle möglichen Götter
und auf das Universum und den Rest und überhaupt

Andererseits:
die Wuttherapie
erscheint nutzlos
und ändert eh nichts

Schmerz und Krankheit sind okay
wie man damit umgeht
bleibt jedem Menschen selber überlassen
Ich versuche
die ganze Scheiße zu ignorieren
und gebe mir Mühe
die schönen und wunderbaren Seiten des Lebens zu sehen

Seitdem ich Krebs habe
stehe ich noch mehr zu meinem Hang zur Romantik
Das
ist aber auch das einzig Positive
was mir dazu einfällt