Donnerstag, 12. Juni 2014

Sturm überm Ruhrpott






Während der Sturm und die Gewitter über weite Teile Dlands fegte

saßen wir auf einer Terrasse im Münsterland

tranken Pils und genossen

einen angenehmen Abend mit den Schwiegereltern

Am Handy informierte uns Claudias Bruder

über kaputte Autos und das abgedeckte Dach

bei uns in Essen

aber so gänzlich nahmen wir das nicht wahr

Am Tag danach

brachten wir unser koreanisches Schlachtschiff über den TÜV

und machten uns erleichtert auf den Heimweg

und schalteten von dem Stress ab

den unsere Hündin angesichts der neuen Situation dort

veranstaltet hatte



Alles im grünen Bereich soweit…



Ab der Autobahnausfahrt bekamen wir dann einen ersten Überblick

über das Chaos bei uns im Pott

Ich muss sagen:

schon heftig!

Essen wird wahnsinnig viele schöne Bäume verlieren

und das ist traurig

Und viele Autofahrer

werden um ihre liebgewordenen Blechkisten weinen

Doch: So ein alter Gebrauchtwagen hat Seele

und erzählt Familiengeschichten

und manchmal auch Zeugungsakte

und nun:

Einfach von einem Baum geplättet!

Sowas ersetzt keine Versicherung!

Die Schäden an Neuwagen sind dagegen eher Kleinkram

Auch unser Hausdach ist schon wieder notdürftig geflickt

während ich das hier tippe

Und die Scherben auf dem Gehweg

haben Claudia und ich weggefegt

Kein Problem

Das momentane Chaos

wird wohl noch eine Woche dauern

aber schon jetzt

merkt man den Menschen auch eine gewisse Form von Stolz an

damit klar zu kommen und

sich so richtig solidarisch zeigen zu können



So ein Sturm hat ja auch was Reinigendes…

Ärgerlich nur (obwohl…) -

Ich bin scheinbar nicht Katastrophenkompatibel:

Das Erdbeben vor ca. 20 Jahren

habe ich im Rausch verpennt

Kyrill vor siebeneinhalb Jahren

- ich lag in Vollnarkose

und diesmal halt Münsterland

(Nein: Münsterland und Vollnarkose

kann man nur bedingt gleichsetzen)

So langsam frage ich mich

ob da ein Plan dahintersteckt

Okay

Wenn

dann wäre es ja nicht der schlechteste Plan…



Anyway

Die Ausmaße sind enorm

Zigtausend Bäume platt

Massig Hausdächer und Autos

Zum Glück wenig Menschen

und hunderte Millionen von diesen Scheinen

die man nicht essen kann

Die Verkehrsverhältnisse sind

und bleiben noch n paar Tage katastrophal

aber ich kann ja problemlos zu Hause bleiben

No problem – for me…

Unser kleiner Wildfang leidet natürlich

Is nix mit Spaziergängen durch Wälder oder Parks der Umgebung

und is damit langweilig für Leila

aber daran kann man nichts ändern

und – Ehrlich – es gibt Schlimmeres



Was will ich mit meinem Geschreibsel aussagen?

Na ja

Erstmal will ich nur schreiben

Aussagen könnt ihr selber suchen

Vielleicht ja diese:

Sturm- und Katastrophenjammerei in Dland

ist Jammern auf hohem Niveau

angesichts der wahren Katastrophen weltweit

Ich persönlich finde es beinahe geil

dass mal was Spannendes außerhalb der Gewohnheit passiert

Zumindest literarisch

hat dieser Sturm nicht mehr zu bieten…



Montag, 9. Juni 2014

Siebeneinhalb Jahre






Siebeneinhalb Jahre
dauert nun mein x-tes Leben
und vielleicht sollte ich
jeden Tag feiern

Damals diagnostizierten die Weißkittel
diesen Krebs bei mir
mit einer Sterblichkeitsrate von 80%
aber
bei Statistiken fiel ich schon immer
aus der Rolle
und
seit siebeneinhalb Jahren
schlage ich mich nun als
verkrüppelter alter Mann
durch dieses wunderbare Leben

Ich bin Erwerbsminderungsrentner
und kann auch wirklich keiner Lohnarbeit mehr nachgehen
aber
von mir sind vier Bücher erschienen
mein Blog wird gelesen
ich habe einige Lesungen erfolgreich hinter mich gebracht
und n paar Leute kennen meine Gedichte
Das ist doch was!

Selbst zwei Umzüge habe ich mit Hilfe überstanden
& ich hasse es
umzuziehen
aber
das wird wohl so weiter gehen

Ich habe Tom Waits live gesehen
& nochmal John Cale und Leonard Cohen
& die Kings of Leon, Lindenberg, wieder mal Peter Gabriel,
Green Day, Placebo und einige andere Götter
und: Das ist Leben!

Ile des Re und die Algarve
die holländische Küste
und die Wälder des Ruhrpotts und der Umgebung
und soviel mehr!
Noch können wir auf dieser Erde leben

Ich habe mit meinen Freunden und Freundinnen
gelacht und geweint und gefeiert
Sie retten mir tagtäglich den Arsch und lassen mich
weiter machen
Auch wenn ich mich öfters zurückziehe
Liebe!

Vor vier Jahren feierten wir ein großes Fest der Liebe
und Claudia und ich heirateten & seitdem weiß ich
dass es noch lange weitergehen wird
Maya und jetzt Leila machen unsere kleine Familie komplett
Und nur so geht das &
es ist wunderschön

Ich mag Achterbahnen
& auch wenn ich das Gefühl habe
dass es zu oft bergab geht
& mir schlecht wird
weil es manchmal doch zu schnelle und zu viele Runden sind:
Das Jahrmarktleben trubelt weiter

All das & Ähnliches
habe ich schon oft geschrieben
Ich kann es nicht oft genug erwähnen
und sollte jeden verdammten Tag dankbar sein

Das Leben geht weiter
& vielleicht werde ich wirklich so alt
wie ich mich fühle
& das ist gut so.

Ich bin nie zu alt
für den Rock’n’Roll
und noch lange zu jung zum Sterben



Dienstag, 3. Juni 2014

Musiklaberei und ne kurze Bestandsmeldung



Mal wieder Zeit für Musiklaberei.
Mal wieder Zeit, zu Architektur zu tanzen.

Ich fang mal mit „Rock am Ring“ an.

Ich war noch nie dabei.
Ich mag einfach keine riesigen Festivals und kein Event-Publikum.
„Rock am Ring“ ist mir zu viel, zu groß, zu voll.
Haldern, Glitterhouse und vielleicht noch das Ruhrpott Rodeo.
Klein und fein. Das mag ich.
Insofern geht mir das Ende von „Rock am Ring“ am Arsch vorbei. Einerseits.
Andererseits ist das schon eine Institution, die da platt gemacht wird. Und es gab in den 30 Jahren schon legendäre Konzerte. Und damit finde ich es irgendwie auch schade.
Aber jammern ist Blödsinn: Es geht ja weiter. Lieberberg macht das halt woanders. In der Nähe von Mönchengladbach.
Und die Ring-Besitzer machen (angeblich) ein eigenes Festival.
Also entsteht nur mehr Konkurrenz und das kann für uns sogar vorteilhaft sein.
Keine Ahnung. Kann ich erst nächstes Jahr beurteilen.
Aber auf keinen Fall ein Grund zur Panik.


Killer be killed:
Auf meine alten Tage entdecke ich die härtere Gangart. Plötzlich mag ich einiges aus dem Metal-Bereich.
Ich habe da nicht wirklich Ahnung. Aber „Killer be killed“ machen mir Spaß. Geile Gitarren, geiles Gegröhle, geiler Gesang. Geil.

Fucked Up:
Mit „Glass boys“ veröffentlichen die Kanadier nächste Woche ein weiteres Krachmeisterwerk.
Ich mag die einfach, auch wenn normalerweise das überhaupt nicht mein Gesangstil ist. Eben Hardcore.
„David comes to life“ war ein Meisterwerk. Eine Rock/Punk/Hardcore – Oper  mit durchaus Mainstream-Touch. „Glass Boys“ ist wieder brachialer, härter.
Beide Meisterwerke haben ihre Berechtigung, ich persönlich mag „David…“ mehr…


Wishbone Ash:
Ralf ist Schuld. Ich höre „Blue Horizon“ und muss gestehen, dass ich die mag. Ich habe mir daraufhin gestern die alten Sachen reingezogen und finde sie gar nicht mehr so schlecht.
Es plätschert eben alles ein wenig. Aber auf eine nette Art und Weise…
Die Gitarren überzeugen. Wenn der Gesang nur nicht so nichtssagend wäre…


Joe Henry:
Singer-Songwriter-Produzent, der bei mir eher nebenbei lief. Warum eigentlich?
„Invisible hour“ ist einfach wunderschön.
Eine durchdringende Stimme, klasse Melodien und ein sparsames aber tolles Arrangement.
Diese Scheibe ist genial für ruhige Abende. Wegschweben und sich von den A-Gitarren tragen lassen, die Augen zu dieser Stimme schließen und den Erzählungen lauschen: Schön!
Mein Freund H.P. Daniels hatte das Glück, ihn gestern in Berlin zu sehen und war angetan. Und ich werde ein bisschen neidisch.
Und mache mich auf die Suche nach den anderen Sachen von Joe Henry…


Jack White:
Es ist viel an Musik. Mal wieder. Die ersten Stücke von „Lazaretto“ geistern seit Wochen im Netz und ließen mich meine Ohren aufstellen.
Ich kann noch nicht viel dazu sagen/schreiben, da ich die Scheibe heute zum ersten Mal gehört habe – und das auch nur während der Hausarbeit.
Aber ich denke, die wird laufen und mich begeistern.
Jack ist ein Tausendsassa. Mit „Lazaretto“ scheint er seine Ausnahmestellung zu festigen…
Doch. Jetzt läuft sie zum zweiten Mal. Und mit Sicherheit nicht das letzte Mal!



Genug Musiklaberei.


Bei unserem Pech kam das Auto natürlich nicht im ersten Anlauf durch den TÜV.
Und ich bin erleichtert, dass ich persönlich da nicht hin muss.
Ich hätte keinerlei Chance auf eine Plakette, unser koreanisches Schlachtschiff (KIA Picanto) wird sie nach geringfügigen - für uns trotzdem ärgerlichen und teuren - Reparaturen bekommen.


Leila wird keineswegs langweilig.
Aber ich will ja nicht nur über unsere Hundedame schreiben.
Ich bin mir sicher, nächste Woche werde ich Euch mit euphorischen Fortschrittsberichten nerven…


Wir schlagen uns durch das Leben. Wir leben.
Claudia hat eine kleine OP gut überstanden, braucht noch einen Tag Ruhe (Göttin! Wie bringe ich sie dazu!) und dann können wir beide wieder durchstarten.

Und dann ist ja auch schon Pfingsten.
Früher war ich da immer auf Tour. Ich werde alt – ich will nicht mehr auf Tour sein.

Ich genieße mein Leben mit Claudia und Leila. Ich liebe es, wenn Freunde uns besuchen.
Und ich versuche, den Alltagskram hinzukriegen.
Mehr – außer meiner Schreiberei - ist momentan nicht drin.


Habe ich Euch schon eine „Gute Nacht“ gewünscht?
Hiermit tue ich es…

Sonntag, 1. Juni 2014

Ein unpopuläres Statement: Ich freue mich auf die Fußball-WM in Brasilien!



In 12 Tagen geht es los.
Und ich freue mich drauf und werde wahrscheinlich wieder die meisten Spiele gucken (und dabei die Nacht zum Tag machen, aber ich kann es mir leisten…).
Alle vier Jahre gucke ich ne Masse Fußballländerspiele, verliebe mich in die Underdogs, die plötzlich geilen Fußball zeigen, fiebere manchmal sogar heimlich mit der deutschen Mannschaft mit.
Nein: Nicht aus einem platten Patriotismus heraus, auch nicht, weil ich „Schland“ liebe.
Ich werde auf gar keinen Fall irgendetwas schwarzrotgoldenes in meiner Wohnung, an meinem Auto oder gar an mir dulden!
Aber das ist halt die Mannschaft, zu der ich den größten Bezug habe, weil ich die meisten Spieler aus der Bundesliga kenne. Und mich über die Bayern ärgere, mich über die Doofmunder freue und Christoph Kramer absolut geil finde (irgendwie immer noch n Bochumer…).

Fußball-WM in Brasilien?
Geil. Da gehört sie hin!
Das Mutterland des Fußballs (Sorry, England…). Party. Samba. Oder so.
Oder vielleicht auch ganz anders?

Mir ist durchaus bewusst, dass es in Brasilien extreme Armut gibt. Soweit ich weiß findet in diesem Land ein langsamer Demokratisierungsprozess statt. Und ein ziemlich starker wirtschaftlicher Aufschwung, der aber wieder einmal nicht der Bevölkerung zugute kommt.
Brasilien ist bekannt für enorme Korruption, für eine starke Drogenmafia, die beinahe alleine in den Favelas herrscht. Brasilien ist bekannt für paramilitärische Mörderschwadronen und eine äußerst brutale und zutiefst verlogene Polizeigewalt.
Brasilien ist Sinnbild für Kapitalismus in seiner menschenfeindlichsten Form.
Brasilien hat ein katastrophales Bildungs- und Gesundheitssystem.
Da is nix mit Samba und Viva Brazil!

Die FIFA ist mindestens so korrupt wie das brasilianische System, da brauche ich nicht mal Katar als Beispiel nennen. Zwei haben sich gesucht und gefunden.
Für die Fußball-WM wurden Stadien gebaut, die niemand braucht. Unsummen Geld wurden ausgegeben, das in anderen Bereichen – vor allem im Sozialwesen – nötig gewesen wäre. Favelas wurden geräumt und gesäubert. Mit brutaler Gewalt der Polizei und Todesschwadronen. Die Straßenkinder wurden deportiert und ermordet (auch wenn die Belege für Massenerschießungen fraglich sind – jedes Opfer ist eines zu viel!).

All das vergesse ich nicht wenn der Ball rollt!
All das darf nie in den Hintergrund geraten!

Ich freue mich auf die Fußball-WM. Die Brasilianer freuen sich nicht.

Statt Fußballfieber ist das Straßenfieber in Brasilien ausgebrochen.
Die Ungerechtigkeiten und die sozialen Missstände führen nun zu Protesten, die gewaltsam niedergeprügelt werden.
Nein: Da nutzen nicht irgendwelche Krawallmacher die WM, um auf sich aufmerksam zu machen.
Ja: Da wird die korrupte und unsagbar ungerechte brasilianische Wirklichkeit durch die Praktiken der WM-Vorbereitung noch verstärkt. Und das führt zu Krawall.
Ja: Ich finde den Straßenkampf gut und unausweichlich und die Demonstranten haben meine vollste Solidarität!

Die Brasilianer sind fußballverrückt. Sie freuen sich nicht auf die WM, weil ihnen die Scheiße bis zum Hals steht.
Brot und Spiele funktioniert hier endlich mal nicht mehr.

Trotz all dem freue ich mich auf die Balltreterei.
Weil ich Fußball liebe.
Das heißt ja nicht, dass ich die ganze Scheiße ignoriere.