Cochise –
Nostalgiesoundtrack aus einer Zeit,
wo Revolution noch ein erstrebenswerter Traum war
Ostern
2016. Desillusioniert sitze ich an meinem Schreibtisch. Es ist nasskalt. Und
ich summe in meinem Hirn „Schnee zu Ostern“ von Cochise. Und höre mich dann durch die Musik dieser Band.
Nostalgiekino. Und ich schwebe.
Cochise begleiteten mich seit meinem 16ten
Lebensjahr. Ich weiß nicht mehr, wie viele Konzerte ich von ihnen feiern
durfte. Es waren viele.
Und ab und
zu höre ich diese Band immer noch. Und tauche in meine Zeit von 16 bis 21 ein.
Damals. Anfang der 80er. Als wir von der Revolution träumten.
Damals. Anfang der 80er. Als wir von der Revolution träumten.
Das erste
Mal hörte ich sie, bevor es diese Band überhaupt gab. Pit Budde und Klara
Brandi spielten akustisch in der Tangente, eine Kneipe, die in meinem Heimatort
Castrop-Rauxel bei den Erwachsenen als Drogenhöhle verschrien war. Natürlich
zog es uns deshalb immer dort hin.
Pit und Klara begeisterten. Und ich war Fan.
Messalla, eine damals angesagte
Deutschrockband mit Jazzeinflüssen, machten den Fehler, Pit und Klara zur
Veröffentlichung ihrer Debut-LP im Vorprogramm spielen zu lassen: Pit und Klara begeisterten und die
Halle tobte, bei Messalla verließ
die Hälfte des Publikums den Saal. Zu gefühllos und kalt wurde die Platte Ton
für Ton nachgespielt, dabei hatten Pit
und Klara die Stimmung auf Spontanität und Begeisterung geschraubt.
Nach den
Auftritten von Pit und Klara (und
nach Manderley, eine Dortmunder
Folk-Combo um die beiden, aber das sollte ich erst später wahrnehmen) kam dann
Cochise.
Und die LP „Rauchzeichen“.
Und die LP „Rauchzeichen“.
Und die zarten
Revolutionsträume im Ruhrpott hatten ihre Hausband. Sozusagen die Dortmunder
Antwort auf die Scherben (heute sag ich mal: Na Ja…).
Cochise, das waren Pit Budde (Gitarre,
Gesang), Klara Brandi (Bass, Querflöte, Gesang), Günther Holtmann (Gitarre),
Peter Freiberg (erster Schlagzeuger), Thom Kühn (zweiter Schlagzeuger), Gert
Rickmann-Wunderlich (dritter Schlagzeuger), Dorle Ferber (Violine, Sax,
Gesang), Martin Paul (an den Tasten der Live-Aufnahme) und die AktivistInnen
der Öko- und Friedensbewegung im Publikum, die AnarchistInnen und
StraßenkämpferInnen der 80er, die Fans.
Obwohl
medial eher geächtet spielten sie unzählige Konzerte und verkauften massig (I
hope so) Platten.
Und wurden
in der Szene geliebt.
„Wir sind nicht hilflos
Nein,
wir sind viele!
Ihr
lehrt uns jeden Tag
Euch
mehr zu hassen!“
Cochise lieferten unseren Soundtrack.
Heutzutage
klingt das naiv, damals powerte es auf.
Mit Grinsen gestehe ich, dass „Rock’n Roll Rentner“ mein Lieblingslied von ihnen war und irgendwie immer noch ist. Ein peinlicher Song über Rock’nRoll Träume, schwülstig von Günther gesungen. Ich lach mich jedes Mal schlapp, wenn ich es höre, befürchte aber, dass es ernst gemeint war.
Aber die
Freiheitsträume: Die untermalten Cochise
wunderbar.
„Schnee zu
Ostern“, „Jetzt oder nie – Anarchie“, „Die Erde war nicht immer so“: So
stellten wir uns unsere Revolution vor.
Die Träume
der 80er sind gescheitert.
Cochise wurden zwangsläufig zum
Nostalgiesoundtrack.
1988
machten sie ihre Abschiedstournee.
Ostern
2016.
Meine Frau
schmückt die Wohnung, ich tippe vor mich hin.
Pit Budde
spielt mittlerweile hauptsächlich World-Music.
Und ist soweit ich weiß als Musikpädagoge unterwegs.
Das passt: Er hatte schon immer ne etwas nervige pädagogische Ader.
Und sein Ovation-Sound ist heute kaum noch zu ertragen. Damals habe ich ihn geliebt.
Und ist soweit ich weiß als Musikpädagoge unterwegs.
Das passt: Er hatte schon immer ne etwas nervige pädagogische Ader.
Und sein Ovation-Sound ist heute kaum noch zu ertragen. Damals habe ich ihn geliebt.
Peter
Freiberg wurde Sänger der Conditors.
Ihr erstes Album ist obergeil, auch wenn sie danach eher auf Schlager machten.
Seine Solo-Karriere begann auch sehr vielversprechend. Ich habe keine Ahnung,
was daraus geworden ist…
Thom Kühn
war der Wirt meiner Stammkneipe in Castrop-Rauxel. Strandcafe.
Dort wurde ich sozialisiert.
Dort wurde ich sozialisiert.
Günther
Holtmann zapfte in der Kneipe und mischte Cocktails. Ein absolut geiler
Gitarrist. Nach Cochise spielte er viel im Studio und (wie ich gehört habe) kurzfristig
bei Phillip Boa. Der ihn feuerte,
weil Günther eben auch bei Schlagern mitspielte. Boa ist ein Arsch.
Von
Günther habe ich mein Lieblingszitat zu Cochise:
„Ist okay. Macht Spaß. Aber verdammt nochmal, von allen Bands haben wir das hässlichste Publikum!“
Er hatte
Recht. Und ich gehörte in meinem Strickmantel und mit meinem Vollbart damals
eindeutig dazu.
& Ich
habe keine Ahnung, was aus den anderen Indianern wurde…
Cochise passen nicht in die heutige Zeit.
Im Unterschied zu Ton Steine Scherben, die zeitlos immer funktionieren.
Trotzdem: Bei einer Nostalgie-Reunion in Originalbestzung stände ich (wie viele Mit-Fünfziger) in der ersten Reihe.
Im Unterschied zu Ton Steine Scherben, die zeitlos immer funktionieren.
Trotzdem: Bei einer Nostalgie-Reunion in Originalbestzung stände ich (wie viele Mit-Fünfziger) in der ersten Reihe.
Und würde
mir dafür eine Latzhose lila färben.
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