Mittwoch, 20. Juni 2012

Reif für die Insel

Es ist bei jeder Lesung immer das Gleiche: ich behaupte, mich so schlecht, wie nie zuvor vorbereitet zu haben, überhaupt keine Ahnung zu haben, was ich lesen soll und sowieso eigentlich eher krank und schlecht in Form zu sein.
So auch heute Abend.
Während ich meine Texte raussuche (ich will immer was Neues lesen, um mich zu überraschen und bloß keine Langeweile aufkommen zu lassen...) stelle ich fest, dass die neuen Sachen alle verdammt lang sind. Und ich noch kein Liebesgedicht dabei habe.
Also habe ich mich jetzt schnell an den Schreibtisch gesetzt und eins geschrieben.
Natürlich ist dies für meine geliebte Frau Claudia:


Reif für die Insel

Irgendwie kotzt uns fast alles an
angefangen beim Wetter
aber wir haben uns
und damit schon gewonnen

Wenn wir uns nachts umarmen
ist das manchmal
als klammerten wir uns wie Ertrinkende aneinander
Und wenn sie an meiner Schulter weint
dann weiß ich
dass ich brotloser Künstler doch für irgendwas gut sein kann
Wenn wir uns küssen vergesse ich beinahe
diesen Ruinenschlund
der sich mein Mund nennt
Und wenn wir uns lieben
fühlen wir uns gesund und jung
und merken erst danach
unsere zerstörten Knochen und Muskeln

Wir sind reif für die Insel
Schiffbrüchige
die in diesem Land zwar gekentert aber nicht gänzlich verloren sind

So verlieren wir uns ineinander
und finden uns täglich neu

Unser Alltagskram türmt sich
und wir stecken bis zum Hals in irgendeiner Scheiße
das ist so
in diesem Land in dieser Zeit
und damit geht es uns
wie den meisten denkenden Menschen

Solange wir zusammen sind
sind wir unschlagbar
und brechen immer wieder auf
zu neuen Ufern

Uns kann nichts passieren:
unsere Liebe ist stark und unbesiegbar
und als Kind hatte ich meinen DLRG Rettungsschwimmer gemacht




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