Freitag, 30. November 2012

Neuigkeiten von Gestern



Neuigkeiten von Gestern





Manchmal klaue ich

meine neuen Texte

aus der Vergangenheit



Loser- und Einsamkeitsgedichte

entstanden im Prinzip vor meiner Krebserkrankung

Gedichte über alte oder kranke Menschen

in der Zeit

als ich selbst noch gesund

und im pflegerischen Bereich tätig war

Und die Erinnerungen an Exzesse und Rock’n’Roll

sind oft ähnlich

den Kriegserinnerungen und Grabenkampfglorifizierungen

der senilen Greise



Rein objektiv betrachtet geht es mir heute physisch schlechter

als in meinen damaligen Jammerzeiten

aber ich lebe immer noch

und weiß das mittlerweile zu schätzen

Ich bin irgendwo angekommen

im Bonusprogramm meiner zusätzlichen Tage und Jahre

Ich jage nicht mehr nach neuen Erfahrungen

und erde mich an meiner Liebe



Vielleicht bin ich langweiliger geworden

Alt (Krebs beschleunigt Alterungsprozesse) und weise (I hope so - HaHa)

aber ich bin deshalb noch immer nicht

verstummt oder verdummt

und sage etwas

weil ich meine

dass jeder Mensch etwas zu sagen hat

Also auch ich

und ich weiß

dass es bei ein paar Leuten durchaus ankommt

und etwas bewirkt

What’s the fuck

auch wenn es überheblich klingt

da ist was dran



Meine Wut ist immer noch vorhanden

aber für revolutionäre Aktionen

bin ich nicht mehr zu gebrauchen

Natürlich nervt mich die Regierung

und der Kapitalismus

Aber ich habe die Kohl-Ära live erlebt

und musste JR Schröder über mich ergehen lassen

bevor Merkel mich belog

und die dämliche Zerstrittenheit der freiheitlichen Bewegungen

fand ich schon immer zum Kotzen

Ich glaube einfach nicht mehr

an deutsche Demokratie

Und noch weniger

an deutsche Fortschrittlichkeiten oder Revolutionen

Ich lasse das jetzt einfach mal so stehen

ohne Erklärung

Dafür

bin ich zu müde



Eigentlich bin ich immer müde

aber das Lächeln meiner Frau

oder wenn sie mir die Zunge rausstreckt

das macht mich wach

Oder unsere Hündin

wenn sie meine Hand ableckt

und zu meinen Füßen liegt

Ein geiler Vollmond

Das Wechselspiel der Natur

Lachende Kinder

(die gibt es wahrhaftig noch!)

Rock und Punk und Blues und andere Musik

lassen mich aufwachen

Und manchmal trifft mich ein Vers eines Dichters

wie ein Wecksignal

Und überhaupt:

Freunde

sind Adrenalin für die Seele

(beim Lesen dieser Zeilen fiel mir auf, dass ich sie bestimmt schon mal so oder ähnlich geschrieben habe. Es gibt Tatsachen, die kann man nicht oft genug wiederholen…)



Aus der Vergangenheit zu klauen

ist völlig okay

solange man eine Gegenwart hat

und die habe ich

Die Zukunft ist mir

nicht egal

ihre Gewichtung hat für mich extrem nachgelassen

Ich will jetzt leben

und nicht erst morgen

Vielleicht hat mich das der Krebs gelehrt

was weiß ich



Manchmal klaue ich meine neuen Texte aus der Vergangenheit

die kann mir niemand mehr nehmen

und ich habe sie als mein vergangenes Leben akzeptiert

Egal was da noch passieren wird

Es war scheiße,

es war geil,

es war spannend



“It is funny

how time slips away”

und Willie Nelson wird auch immer älter

genau wie Keith Richards

und Neil Young,

der gerade jetzt ein Jahrhundertalbum hingelegt hat

Ich behaupte einfach mal

da

in guter Gesellschaft zu sein



Und ich finde wie immer kein Ende für diesen Text

und genau das ist es:

Kein Ende zu finden

ist die positivste Aussicht

die ich habe



Ach Leute

die werde ich mir noch lange bewahren

und das ist ein Versprechen



Mehr

ist nicht drin


Mein Adventskalender: Erste Türchen



Mein Adventskalender:

Jeden Tag ein Türchen. Eine Tür in eure Hirne, eure Herzen, eure Seelen. Oder so.
Literatur oder Musik, vielleicht sogar mal ein Bildchen. Mal sehen, was da kommt…
Interesse für andere Blogs oder weitere größtenteils unbekannte Dichter wecken, meine Favoriten teilen. So was…

In einer halben Stunde kann ich das erste Türchen posten. Was aber nicht heißt, dass ich immer pünktlich zur Geisterstunde poste, ich nehme mir da doch den 24-Stunden-Bonus, aber ich versuche, den auch einzuhalten.
In der ersten Woche werde ich hauptsächlich auf meine Compi-Festplatte zurückgreifen. Deshalb hauptsächlich Texte von mir selber. Sorry.
Andere Texte stecken noch in den Büchern, die in ihren Kisten darauf warten von mir wieder wertgeschätzt und gelesen zu werden.

Ich wünsche euch n paar Sekunden Nachdenklichkeit. Spaß am Kalender und das, was ich euch nicht nur im Advent sondern eigentlich immer wünsche:
GANZ VIEL LIEBE UND WÄRME.
Und ne eigene Persönlichkeit.

Soviel vorweg.
Und nun das erste Türchen:


J. HerBig:

Auf bessere Zeiten

Manchmal möchte ich meinen Kopf
In den Sand stecken und alles
Was ich gesagt oder geschrieben
Und daraufhin gehört habe, vergessen

Ich möchte das Bild löschen, das ich
Von mir erschaffen habe, die
Assoziationen, die mein Name
Hervorruft, und einfach mit blütenweißer
Weste vor die Welt treten, als sei nie
Ein Geständnis der Trauer, des Zweifels
Oder der Verzweiflung aus meinen
Adern getropft

Manchmal spielte ich gerne den
Superhelden, der unverwundbar
Durch die Straßen zieht und trotz
Seines eigenen Kummers noch
Die Kraft findet, lächelnd für andere
Da zu sein – völlig selbstlos, ohne
Eigene Bedürfnisse, Träume
Wünsche und Hoffnungen, ohne
Das schmerzende Verlangen nach
Berührung und Liebe, nach einem
Job, der mich glücklich macht, nach
Spaß, nach ausgelassenem Lachen

Manchmal hätte ich auch gerne all
Das, was mir fehlt

Doch bis dahin befriedige ich mich
Selbst, trinke ab und zu einen über
Den Durst und schreibe
Gedichte


Jörg Herbig ist ein Großer.
Ein großer Lyrikfreund, Initiator und Hauptorganisator der „Monsters of Poetry“, Herausgeber der Fledermaus, Betreiber der YouTube-Seite „KnutImBauch“. Und Freund. Und vieles mehr.
Irgendwann schickte er mir dieses Gedicht zu (war es für die MaulHure und ich habe es verpennt? Ich weiß es im Moment nicht…). Ich habe ihn aktuell nicht gefragt, ob ich es in meinem Adventskalender verwenden darf, aber ich bin mir da ziemlich sicher und mache es jetzt einfach…

Donnerstag, 29. November 2012

Willkommen in meiner neuen Heimat



“Home is where your heart is” auch wenn das kein Dylan-Zitat ist


Draußen beginnt es zu frieren
und ich erwarte
baldigen Schneefall

Maya und ich erkunden unsere
neue Umgebung
Wir sind beide zufrieden

Die Siedlung scheint in den Schlaf zu gleiten
in einzelnen Fenstern brennt noch Licht
aber Geräusche dringen kaum in die leeren Straßen

Ist da Gemeinsamkeit
oder einsames Nachtleben?
Und: Ist es schlimm
dass mich das momentan nicht wirklich berührt?

So ein Abend:
Ich packe den alten Dylan aus
und suche mir n paar Hymnen zusammen
Maya legt sich zu meinen Füßen
und unsere Liebe guckt im Nebenraum in die Glotze
während ich versuche
Gedichte oder so
zu tippen
Es ist warm und friedlich in der Wohnung
trotz sich stapelnder Kisten ist da schon
Gemütlichkeit
und ich habe
eine Ahnung von einem neuen Zuhause

Eine neue Stadt
eine Art Neuanfang
obwohl wir größtenteils einfach weitermachen werden

Noch kenne ich nur den Marktplatz, zwei Kioske
und eine Pizzeria
aber ich glaube,
ich mag den schmuddeligen Charme von Essen-Kray
und den Halo-Park und die Ruhr in Steele und so weiter
Damit möchte ich natürlich Bochum in keinster Weise abwerten!
Was ich nicht mag
ist die A40 zwischen den beiden Städten
aber als Ruhrgebietler habe ich gelernt
damit zu leben

Ich gestehe
zu viel geht mir momentan am Arsch vorbei
Die Dreistigkeit der Regierung offenbart sich
nicht nur im geschönten Armutsbericht
Der VfL Bochum gibt alles
um schon bald mit Essen in einer Liga zu spielen
Während die Stones ein paar Livekonzerte spielen
und sich eigentlich jeder wie schon seit zwanzig Jahren fragt
ob die alten Männer es wirklich noch drauf haben
und mir selbst das
merkwürdig egal ist

Bob singt „Make you feel my love“
Ich denke
ich werde mit meiner Liebe gleich ins Schlafzimmer gehen
und die Nacht Arm in Arm in Wärme verbringen

Was ist göttlicher?!
Home is where your heart is oder so
Auch deshalb kann mich Essen nicht wirklich schocken
Und wie könnte man ein Gedicht besser beenden?



Mittwoch, 28. November 2012

Ingwer-Tee und Umzug



Ingwer-Tee.
Fenchel und Pfefferminz statt Hopfen und Malz. Vielleicht noch n bisschen Haferschleim.
Nur so lassen sich der Tabak und der Kaffee ertragen.
Und dann ganz viel Bett und so viel wie möglich schlafen.

Uns hat es erwischt. Irgendein Magen- und Darmvirus oder so. Unfair und fies nutzte der unseren Stress und unsere Nervereien aus und nistete sich erst bei Claudia und jetzt bei mir ein.
Der Hündin geht es zum Glück gut.

Ingwer-Tee. Mit Honig. Ich sag es euch: Der hilft wirklich!
Wärmt, schwemmt aus, wirkt beruhigend, schmeckt nicht mal allzu fürchterlich.
Soll sogar geil machen, da habe ich aber nix von, da ich ihn nur trinke, wenn es mir wirklich schlecht geht.


Wir sind umgezogen.
Und dabei, uns einzurichten.
Das dauert wie immer länger als erwartet und da steckt natürlich der Teufel im Detail. Blöderweise in fast jedem Detail.
Wir haben gute Freunde, die uns helfen und für dankbare Wärme sorgen…. Wir haben uns, auch wenn wir uns des Öfteren anzicken. Und wir haben Maya, die die Umgebung für sich entdeckt.
Und Essen-Kray hat jetzt neben Urs Böke noch einen Underground-Dichter dazu bekommen. Mindestens einer von uns beiden ist wirklich klasse.

Nach und nach wird es. Der Schreibtisch steht, das Internet läuft, die Küche ist so gut wie eingeräumt.
Noch müssen wir über massig Kisten klettern, noch suchen wir stundenlang nach irgendwelchen Sachen, die irgendwo versteckt sind.
Es scheint, als würde sich alles Mögliche absichtlich vor uns verstecken, um uns zu ärgern.
Vielleicht haben wir Wichtel oder Heinzelmännchen in unserer neuen Wohnung. Aber keine lieben, helfenden, sondern eher solche Scherzkekse, die Schabernack (endlich kann ich dieses klasse Wort benutzen!) treiben. Fuck! Irgendwann erwische ich euch!

Ich bin übrigens alles andere, aber sicherlich nicht der geborene Handwerker. Und immer noch ein Chaot.
Selbsterkenntnisse, die einige Schwierigkeiten des Umzugs erklären…


Okay. Und jetzt baue ich den Spiegelschrank im Bad auf. Und wundere mich ehrlich gesagt nicht besonders darüber, dass „unsere“ Regierung ihren Armutsbericht nun in bereinigter und verschönter Form veröffentlicht…